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Bamberg
Erfahrungen aus Spielen beim Umgang mit Covid-19 nutzen
Bearbeitet von Michael Mahr
 |  aktualisiert: 05.07.2021 15:30 Uhr

Eine Pandemie ist kein Spiel. Und doch beobachtet man Verhaltensmuster im Umgang mit der Corona-Pandemie, die man aus Spielen kennt. Das fanden drei Wissenschaftler der Universität Bamberg heraus. Menschen horten Ressourcen, orientieren sich an Ranglisten und Grafiken, schlüpfen in Rollen, reduzieren die Situation auf ein Gut-Böse-Schema und richten sich nach prominenten Heldenfiguren, heißt es in einer Pressemitteilung der Uni. Sind Menschen mit ungewissen Situationen konfrontiert, helfen ihnen bereits bekannte Verhaltensweisen und Denkmuster, sogenannte Skripte, trotzdem handlungsfähig zu bleiben.

Die Bamberger Psychologen Dr. Marius Raab, Niklas Döbler und Professor Dr. Claus-Christian Carbon vom Lehrstuhl für Allgemeine Psychologie und Methodenlehre stellen in ihrer neuen Publikation fest: Den Menschen fehlen in der Pandemie Erfahrungen und damit Skripte aus ähnlichen Situationen, um mit dem aktuellen Geschehen umzugehen. Deshalb greifen sie automatisch auf Erfahrungen aus Spielen zurück und bilden Analogien – schließen also von Bekanntem auf das Unbekannte.

Die Gefahr: Bei den meisten Spielen gibt es neben Gewinnern auch Verlierer

„Spielelemente und -mechaniken für Analogien zu nutzen, um eine ansteckende und potenziell tödliche Krankheit zu verstehen, birgt Gefahren“, sagt Marius Raab, Erstautor der Studie und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl. Zum einen seien die Analogien meist sehr oberflächlich und vermittelten kein Verständnis für einen besseren Umgang mit der Dynamik von Covid-19. Das Horten von knappen Ressourcen wie Spielgeld etwa könne in manchen Brettspielen eine sinnvolle Strategie sein. „Das Horten von Toilettenpapier und Hefe hingegen bringt keinen Vorteil, auch nicht der hortenden Person selbst“, sagt Doktorand Niklas Döbler.

Zum anderen beruhen die Analogien nach Einschätzung der Psychologen meist auf wettbewerbsorientierten Spielen, in denen es das Ziel sei, zu gewinnen. Dadurch gebe es zwangsläufig auch Verlierer. "Gesellschaftliche Krisen sind aber Aufgaben, die nur als Gemeinschaft gewonnen werden können“, so Raab. 

Gesundheitsmaßnahmen mit Spielanalogien effizienter gestalten

Die Wissenschaftler schlagen vor, diese spontane Tendenz zur Anwendung von Spiel-Analogien strategisch zu nutzen, um Gesundheitsmaßnahmen effektiver und nachvollziehbarer zu gestalten. "Spielmetaphern können aktiv aufgegriffen werden, um die Wechselwirkungen und die Eigendynamik der Pandemie besser zu verstehen", erklärt Claus-Christian Carbon. Dabei sollte man sich an Spielen orientieren, die auf Kooperation setzen, nicht auf Wettbewerb.

So könnte man zum Beispiel die Ranglisten der Inzidenzen, R-Werte und Todeszahlen um Zahlen erweitern, die anzeigen, wie viele Stunden sich Menschen ehrenamtlich engagierten. Damit würde der Aspekt der gemeinschaftlichen Pandemiebekämpfung in den Vordergrund treten. Diese Idee gehe über die Corona-Pandemie hinaus und "sei für alle globalen Herausforderungen nutzbar", meint Marius Raab. Richtig eingesetzt – also nicht übergestülpt, sondern direkt auf das spontane Verhalten der Menschen bezogen – könnten so Zukunftsaufgaben wie Klimawandel oder Automatisierung der Arbeitswelt besser verstanden werden.

Die Publikation ist unter dem Titel "A game of Covid. Strategic thoughts about a ludified pandemic" in englischer Sprache in der wissenschaftlichen Zeitschrift "Frontiers in Psychology" erschienen und online abrufbar unter: https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fpsyg.2021.607309/full. In deutscher Sprache haben die drei Wissenschaftler das Thema in der aktuellen Folge ihres Podcasts "Die Bamberger Psychokalypse" aufgearbeitet: https://psychokalypse.podigee.io/57-k13v2

 
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