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Untermerzbach
Er stammt aus dem Haßbergkreis: Torsten Renner ist der neue Kurator im Museum von Kloster Banz
Torsten Renner leitet seit zwei Monaten das Museum in Kloster Banz. Wir haben mit dem Untermerzbacher über seinen Lebensweg, seinen Berufsweg und seine Ziele gesprochen.
Der Untermerzbacher Torsten Renner leitet das Museum in Kloster Banz. 
Foto: Sebastian Buff | Der Untermerzbacher Torsten Renner leitet das Museum in Kloster Banz. 
Wolfgang Aull
 |  aktualisiert: 13.09.2023 02:46 Uhr

Das Museum in Kloster Banz umfasst eine umfangreiche Fossiliensammlung, eine orientalische Sammlung und die Geschichte des Klosters. Ergänzt werden diese Dauerausstellungen durch wechselnde Sonderausstellungen. Seit zwei Monaten steht das Museum unter der Leitung von Torsten Renner. Renner stammt aus Untermerzbach, hat in Berlin Archäologie studiert und kehrt nun in der verantwortlichen Position des Kurators in seine Heimat zurück. Die Redaktion hat mit ihm gesprochen.

Frage: Herr Renner, Sie sind in Untermerzbach groß geworden. Welche Beziehung haben Sie zu dem Museum Kloster Banz?

Torsten Renner: Das Museum Kloster Banz ist der Ort, an dem meine Leidenschaft zur Archäologie entfacht wurde. Geweckt wurde sie, als ich, siebenjährig, die altägyptische Mumie sah, welche Herzog Max in Bayern nach Banz gebracht hatte. Genährt wurde die Leidenschaft durch meine Suche nach Fossilien. Süddeutschland ist reich davon, und noch heute bringen Baumaßnahmen, wie kürzlich die ICE - Strecke Berlin - München, weitere Fundstücke in unserer Gegend zutage. So stammen alle hier im Museum Kloster Banz gezeigten Fossilien aus der näheren Umgebung von Banz.

Nun kehren Sie in der verantwortlichen Position eines Museumsleiters nach Banz zurück. Wie kam es dazu?

Renner: Ich studierte am Institut für Klassische Archäologie der Freien Universität zu Berlin den Bachelor- und Masterstudiengang klassische Archäologie. Neben dem Schwerpunktstudium belegte ich im komplementären Bereich am ägyptologischen Seminar der Freien Universität zu Berlin den Studiengang ägyptische Archäologie. Es lag nahe, dass ich mich bewarb, als das Museum, zu welchem ich seit meiner Kindheit eine persönliche Verbindung fühle, eine Stelle als Kurator beim Kloster Banz ausschrieb.

Das Museum Kloster Banz umfasst die Geschichte des Klosters, eine Fossiliensammlung und eine orientalische Sammlung. Regelmäßig finden Sonderausstellungen statt.  Es werden hierbei ethische, juristische und praktische Aspekte der Museumskultur beleuchtet.
Foto: Wolfgang Aull | Das Museum Kloster Banz umfasst die Geschichte des Klosters, eine Fossiliensammlung und eine orientalische Sammlung.
Welchen Stellenwert hat aus Ihrer Sicht ein Museum im Allgemeinen und speziell das Museum im Kloster Banz für die Gesellschaft?

Renner: Insbesondere in Krisenzeiten stellt sich die Frage, was uns die Vergangenheit wert ist und wie wir auf diese Vergangenheit zurückblicken wollen. Erinnerungspolitik kann zu einem gesellschaftspolitischen Hemmfaktor wie auch zu einem Ansporn für eine intensive Auseinandersetzung mit der eigenen beziehungsweise einer gegenüber sich selbst fremden kulturellen Vergangenheit führen. Angesichts dessen sind Museen partizipative und interaktive Orte der kollektiven Erinnerung und interkulturellen Kommunikation. Über die Grenzen akademischen Denkens und Handelns hinweg ist Kloster Banz und damit das Museum Kloster Banz für mich zugleich ein Ort der Inspiration und Regeneration.

Können Sie ein Beispiel nennen?

Renner: Der aktuelle Klimawandel verändert den Lebensraum Erde weitreichend. Wir erleben derzeit den größten Artenschwund seit dem Aussterben der Dinosaurier. Unser Museum zeigt zu Stein gewordene Lebenswelten, wie sie in der Flora und Fauna vor Millionen Jahren in Süddeutschland vorgefunden werden konnten. Diese verdeutlichen, dass die Erde kein konstantes Gefüge, sondern einem steten Wandel unterworfen ist. Fischsaurier hatten hier ihre Heimat, Dinosaurier, Flugsaurier ebenfalls. Sie mussten aussterben, weil sie auf der Erde nicht mehr zurechtkamen. Oder die Erde mit Ihnen.

Haben Sie auch ein Beispiel für die interkulturelle Kommunikation?

Renner: Ja, die Mumie im Museum Kloster Banz stellt uns vor viele Herausforderungen: Herzog Max hatte sie als Andenken erworben, ein zu der damaligen Zeit übliches, heute undenkbares Vorgehen. Uns bleiben Fragen: Welchen Weg schlagen wir ein, um dem ethischen Aspekt der Ausstellung von menschlichen Überresten in ihrer Totenruhe gerecht zu werden, wie zeigen wir die Mumie im Museum, ohne geltende ethnische Grünsätze zu verletzen, und nicht zuletzt, was müssen wir beitragen, damit sie der Nachwelt erhalten bleibt.

Das Museum Kloster Banz zeigt in Stein gewordene Lebenswelten: Spuren der Vergangenheit als Fingerzeig für die Gegenwart und Zukunft.
Foto: Wolfgang Aull | Das Museum Kloster Banz zeigt in Stein gewordene Lebenswelten: Spuren der Vergangenheit als Fingerzeig für die Gegenwart und Zukunft.
Das klingt nach hohen Ansprüchen. Welche Erwartungen stellen Sie generell an ein Museum?

Renner: Museen müssen attraktiv sein für Besucherinnen und Besucher, wissenschaftliche Forschung ermöglichen und ihre Gegenstände sorgfältig behandeln. Ich lege großen Wert auf das Erscheinungsbild des Museums. Sauberkeit, optimale Beleuchtung und durchdachte Präsentation haben hierfür elementare Bedeutung. In Paris, im Louvre, hatte ich die Aufgabe, Ausstellungen eigenverantwortlich mitzugestalten. Es war eine sehr lehrreiche und intensive Zeit voller Erfahrungswerte, die für meine kuratorische Arbeit von großer Bedeutung sind.

Wie haben Sie sich auf die Stelle als Kurator des Museums in Kloster Banz eingestellt?

Renner: Meine berufliche Zielsetzung verfolgte stets eine Anstellung in der musealen Arbeit. Vor diesem Hintergrund absolvierte ich Praktika an Museen und Sammlungen im Inland und europäischen Ausland. Die Möglichkeit einer eigenverantwortlichen und konstruktiven kuratorischen Arbeit in den zentralen Kernbereichen der musealen Arbeit spricht mich im gleichen Sinne an wie eine teamorientierte Zusammenarbeit. Dieser Sachverhalt betrifft zum einen die kuratorische Vorarbeit zu einer Sonderausstellung, zum anderen die theoretische Planung und praktische Verwirklichung von Konzepten zur Archivierung und Dokumentation der Sammlungsbestände sowie eine inhaltliche Auseinandersetzung mit aktuellen museologischen, konservatorischen und rechtlich-politischen Aspekten einer sich ständig wandelnden musealen Arbeitswelt.

Über das Museum Kloster Banz

Das Museum Kloster Banz umfasst drei Dauerausstellungen und wechselnde Sonderausstellungen. Die Dauerausstellungen zeigen eine Fossiliensammlung, eine orientalische Sammlung und einen Blick in die Geschichte des knapp 1.000 Jahre alten Gebäudes. Die Fossiliensammlung wurde in den Jahren 1814 und 1857 in Kloster Banz konzipiert und wissenschaftlich kuratiert. "Zahlreiche in der Gegend um Kloster Banz gefundene Fossilien", steht auf der Webseite des Museums, "wie Ammoniten und Belemniten, Fischsaurier, Flugsaurier, Fische, Seelilien und Meereskrokodile repräsentieren einen visuell greifbaren Querschnitt der Flora und Fauna im Meer der Jurazeit in Süddeutschland vor rund 200 Millionen Jahren". Die orientalische Sammlung beinhaltet altägyptische Grabbeigaben und Mumien, naturwissenschaftliche Objekte wie etwa ein circa 4 Meter langes Nilkrokodil und ethnografische Objekte aus der Zeit des Osmanischen Reiches. Sie sind Andenken, welche Herzog Max in Bayern 1883 im Rahmen einer mehrmonatigen Reise in den Vorderen Orient durchgeführt hatte, um einmal in seinem Leben "die Wiege unserer Religion, das Vaterland des Erlösers" zu betreten.
Quelle: woa
 
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