Noch heute findet man in einigen Kirchen Altarbilder und Wandgemälde von Karl Gerhard. 150 Jahre ist es her, dass der Kunstmaler in Hofheim das Licht der Welt erblickte. Geboren wurde er in der Christnacht, am 24. Dezember 1873, als einziger Sohn des Schmiedemeisters Karl Josef Gerhard und dessen Ehefrau Apollonia, geborene Gundermann. Zwei Tage später taufte ihn Pfarrer Michael Wieland.
Dem damaligen Volksschullehrer Andreas Braun fiel die zeichnerische Begabung des Knaben auf. So besuchte der jugendliche Karl auf dessen Empfehlung die Realschule in Würzburg. Sein dortiger Zeichenlehrer riet ihm, sich ganz dem künstlerischen Beruf zu widmen.
Religiöse Malerei – weil er sich kein Atelier leisten konnte
Karl Gerhard studierte insgesamt sechs Jahre in München. Seinem Zeichenlehrer Wilhelm von Diez fühlte er sich, solange er lebte, "durch seine anregende und künstlerische Korrektur" zu Dank verpflichtet. Zudem schreibt Karl Gerhard in seinem Lebenslauf: "Nach Begabung und Neigung wäre nun die Porträtmalerei das für mich geeignete Gebiet gewesen. Doch wegen der Unmöglichkeit, mir ein einigermaßen repräsentables Atelier zu mieten, und bei dem Mangel gesellschaftlicher Verbindungen musste ich mir ein anderes Gebiet suchen. In der religiösen Malerei fand ich ein Arbeitsfeld."
Nach dreimonatiger Tätigkeit in einem Betrieb in Mainz und dem gescheiterten Versuch, sich dort selbständig zu machen, kehrte er enttäuscht in seine Geburtsstadt Hofheim zurück und musste sich hier eineinhalb Jahre lang als Fotograf durchschlagen.
Durch einen Münchner Studienfreund erhielt Gerhard den Auftrag vermittelt, einen Kreuzweg zu gestalten. Es folgten Bestellungen von Altar- und Kirchendeckenbildern, sodass sich die Möglichkeit bot, nach München zurückzukehren. Dies bedeutete drei Jahre Arbeit bei spärlichem Lohn und unzähligen Arbeitsstunden.
Studienreise nach Italien und Einberufung im Ersten Weltkrieg
1908 unternahm er mit dem Kunstmaler Franz Rieger eine Studienreise nach Italien und arbeitete mit Rieger in Karlsruhe bis zu dessen Tod zusammen. Im Oktober 1910 kehrte Gerhard nach München zurück. Er hatte es wieder schwer, Anschluss und Verbindung dort zu finden, da er zuvor jahrelang für andere Namen gearbeitet hatte, statt seinen eigenen bekanntzumachen. Erst durch die Veröffentlichung einiger Arbeiten in der Jahresmappe der Gesellschaft für Christliche Kunst, durch die Ausstellung von Bildern im damaligen Glaspalast und durch den Beitritt zur Künstlergenossenschaft wurde er bekannter.
Ab dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs musste er täglich mit der Einberufung rechnen, die dann auch 1916 erfolgte. Zwei Jahre war Karl Gerhard Soldat und dabei fast immer an der Front. Nach Kriegsende kam die Inflation und es war so gut wie nichts mehr zu verdienen. Er malte nun für den Erhalt von Lebensmitteln. Mit der Zeit ging die Arbeitslosigkeit zurück und die finanziellen Verhältnisse des Künstlers besserten sich allmählich.
Rückkehr nach Hofheim und Treue zur Heimat
Nach den ersten Bombenangriffen des Zweiten Weltkriegs auf München kehrte er in seine Heimatstadt Hofheim zurück und wohnte von nun an ständig in seinem malerisch gelegenen Atelierhäuschen, das ihm sein Vater 1899 im Bürgergarten am nördlichen Stadtrand erbaut hatte und das noch heute weitgehend originalgetreu erhalten ist.
Auch wenn ihn sein Bildungsweg über Würzburg nach München führte, war er doch zeitlebens seiner Heimat und der Stadt Hofheim treu geblieben. Hier malte er, hier lebten seine Eltern, hier hatte er Freunde und hier verstarb er schließlich in seinem Atelierhäuschen am 31. Dezember 1948.
Nur wenige Bilder sind erhalten
Von seinen Werken ist nur ein kleiner Teil erhalten. Die beiden 1912 und 1913 vollendeten Seitenaltarbilder für die Pfarrkirche in Happertshausen, die das Herz Jesu und die Heilige Familie darstellen, sind zwar inzwischen aus der Kirche entfernt worden, aber noch erhalten. Noch an Ort und Stelle befinden sich der 1918 entstandene Kreuzweg für die Pfarrkirche in Rimpar bei Würzburg und die beiden Seitenaltarbilder.
Vor allem von seinen Auftragsarbeiten aus den 20er Jahren ist viel verloren gegangen. Gerhards letzte größere Werke sind Wandgemälde: musizierende Engel in der Pfarrkirche von Haunstetten bei Augsburg, die zwischen 1933 und 1936 entstanden und erhalten sind.
Den Chor seiner Heimatkirche St. Johannes in Hofheim bemalte Karl Gerhard 1931 mit Gott Vater und der Taufe Christi durch Johannes den Täufer. Dieses Bild wurde jedoch bei der Kirchenrenovierung 1956 beseitigt.