Die große Überraschung, der „Plan B“ zur wirtschaftlichen Gesundung der Haßberg-Kliniken, war es nicht. Am Montagnachmittag hat das Kommunalunternehmen die Medien über die Strukturmaßnahmen in Kenntnis gesetzt, die Stunden zuvor der Verwaltungsrat beschlossen hatte: Wie von der interessierten Öffentlichkeit erwartet, wollen sich die Kliniken vor allem dadurch sanieren, dass sie ab 1. Juli die stationäre Versorgung im Krankenhaus Hofheim einstellen und die Geburtshilfe in Haßfurt nur noch bis Jahresende 2018 aufrecht erhalten.
Für das Haus Ebern will der Klinikvorstand bis April nächsten Jahres ein Zukunftskonzept präsentieren, aus dem hervorgeht, wie das 70-Betten-Haus mit seinen Abteilungen Innere Medizin und Chirurgie fortbestehen und weiter gestärkt werden kann. Und am Klinikvorstand wird nicht gerüttelt, dem Führungsduo Stephan Kolck und Wilfried Neubauer habe der Verwaltungsrat „einhellig“ das Vertrauen ausgesprochen, stellte der Landrat klar. Zu Kritik an Einzelpersonen werde er sich nicht äußern, sagte der Kreischef, nachdem er unter anderem auf den Leserbrief des ehemaligen Hofheimer Chefarztes Prof. Eike Uhlich angesprochen worden war, der den Verantwortlichen Versagen vorgeworfen hatte.
Scheider verspricht sich von den einschneidenden Maßnahmen keinerlei Wunderwirkung. Seine Berechnungen, die auf einem Gutachten der Beratungsgesellschaft Oberender & Partner (Bayreuth/München) fußen, besagen, dass sich das Jahresdefizit von zuletzt rund drei Millionen Euro mit den beschlossenen Eckpunkten bis 2021 auf knapp zwei Millionen Euro reduzieren lässt. „Aber auch mit einem Defizit von 1,8 Millionen können wir nicht zufrieden sein, da dürfen wir nicht stehen bleiben“, kündigte Schneider in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Verwaltungsrates weiteren Handlungsbedarf an. Deshalb würden zusätzliche flankierende Maßnahmen zur Verbesserung der Kostensituation ergriffen. Mit den verabschiedeten Strukturreform gehen keine direkten Entlassungen von Mitarbeitern (Stand aktuell: ca. 530) einher, doch für die Zukunft seien Personalanpassungen ebenso wie die Reduzierung des Sachaufwandes denkbar.
In der Pressekonferenz im Interkommunalen Bürgerzentrum am Hofheimer Marktplatz legte der Landrat großen Wert auf die Feststellung, dass das Krankenhaus Hofheim nicht geschlossen wird, wenngleich alle 25 Betten verschwinden. Zum einen bleibt die Internistische Praxis von Dr. Sabine Leucht erhalten, ebenso die Filiale der Kardiologie des Medizinischen Versorgungszentrums Haßfurt-Eltmann (MVZ). Zum anderen wollen die Haßberg-Kliniken in Hofheim die Facharztschiene durch die Ansiedlung von Gynäkologie und Chirurgie stärken, beides wiederum als Filiale des MVZ. An ein bis zwei Wochentagen soll es an den Filialen Sprechstunden geben – das sei ein wichtiges niederschwelliges Angebot für die Bevölkerung vor Ort, insbesondere für ältere und nicht mehr mobile Menschen. Mit dieser Lösung kann auch Hofheims Bürgermeister Wolfgang Borst leben, der dem Verwaltungsrat angehört und bei der Pressekonferenz zugegen war: So schwer es ihm auch falle, die Betten in Hofheim aufzugeben, „so sehr setzte ich meine Hoffnung darauf, dass wir die ambulante Betreuung auf ein nie dagewesenes Niveau heben.“
Borst wies auch daraufhin, dass man 2004, als das Hofheimer Krankenhaus schon einmal auf dem Prüfstand stand und es damals in ein Belegkrankenhaus umgewandelt wurde, von einer künftigen Bettenauslastung von 80 Prozent ausgegangen sei. Weil die durchschnittliche Verweildauer pro Patient immer kürzer werde und zudem in der Gesundheitspolitik das Gebot „ambulant vor stationär“ gelte, sei diese Auslastung in den letzten Jahren aber stark gesunken. 2016 hatte Hofheim rund 1000 stationäre Fälle, in den Haßberg-Kliniken insgesamt waren es 11 000 stationäre und 15 000 ambulante Fälle.
Für die Geburtenabteilung in Haßfurt ließ Wilhelm Schneider noch einen winzigen Hoffnungsschimmer: Man könnte zu einer Neubewertung kommen, wenn sich die Rahmenbedingungen durch Einführung eines Sicherstellungszuschlages wesentlich veränderten. Darunter sind Sondervereinbarungen zwischen den Krankenkassen und Krankenhäusern besonders im ländlichen Raum gemeint, die der Aufrechterhaltung der medizinischen Basisversorgung dienen – die Haßberg-Kliniken fallen nach Information der Heimatzeitung aber nicht in dieses Raster. Bleibt es beim Status quo, wird die Geburtshilfe zum 31. Dezember 2018 aufgelöst. Die „Gyn“ wird dann als reine Gynäkologische Belegabteilung weiterbetrieben – Frauen können dann also in Haßfurt nicht mehr entbinden.
Zur Frage, ob es nicht besser gewesen wäre, die stationäre Versorgung gleich ganz auf den Hauptstandort Haßfurt zu reduzieren (hier aktuell 145 Betten), also auch die Eberner Stationen aufzulösen, sagte Wilhelm Schneider, dass dies aktuell aus zweierlei Gründen nicht in Frage komme: Erstens hätten die Oberender-Gutachter klar herausgearbeitet, dass es im Landkreis zwei in verschiedene Richtungen laufende Patientenströme gibt: Der eine zeigt in Richtung Haßfurt-Hofheim, der andere nach Ebern. Die Eberner Patienten aber würden, wenn man ihnen die Krankenhausbetten nähme, nicht in die Kreisstadt wechseln, sondern sich in die großen Kliniken nach Bamberg oder Coburg einweisen lassen – dieses Klientel würde den Haßberg-Kliniken also fehlen. „Zweitens wäre es auf die Schnelle überhaupt nicht umsetzbar, die 70 Eberner Betten in Haßfurt zu integrieren“, meinte der Verwaltungsratschef. Bis auf Weiteres soll Ebern sogar dadurch gestärkt werden, dass es die planbare Endoprothetik aus der Kreisstadt übernimmt; allerdings gibt es die Wirbelsäulen- und Gefäßchirurgie nach Haßfurt ab. Dass im nächsten Frühjahr ein Zukunftskonzept für Ebern stehen soll, bedeutet keinesfalls, dass das dortige Krankenhaus gesichert ist. „Irgendein Ergebnis können und wollen wir nicht vorwegnehmen“, sagte Schneider.
Der Landrat hatte eingangs unterstrichen, dass die Kreispolitik bei aller Diskussion um die Krankenhäuser und einzelne Klinikstandorte die medizinische Gesamtversorgung im Landkreis nicht aus dem Auge verlieren dürfe, zu der ja auch die ambulante Versorgung, die Notfallmedizin, die niedergelassenen Ärzte oder die Bereitschaftspraxen gehörten. Und in Sachen Haßberg-Kliniken nahm er den Vorstand in Schutz, der seit der Umwandlung der Krankenhäuser in ein Kommunalunternehmen 2004 hervorragende Arbeit geleistet und bis 2009 Gewinne erwirtschaftet habe. Der Landrat ließ durchblicken, dass für ihn die Gesundheitspolitik den schwarzen Peter hat, die durch die Einführung der Fallpauschalen den Häusern der Basisversorgung kaum mehr Möglichkeiten auf vernünftige Erlöse lasse. Auch das jüngste Krankenhausstrukturgesetz biete keinen guten Rahmen für die kleinen Kliniken – und eine Ausdünnung der Krankenhauslandschaft sei wohl auch gewünscht.