In den zurückliegenden Monaten ist es ruhig geworden um den Ekelfleischskandal am Coburger Schlachthof und dessen juristische Folgen. Aus Sicht der ermittelnden Staatsanwaltschaft in Coburg kommt der Firma Dellert-Fleisch aus Birkach die Hauptrolle in der unrühmlichen Geschichte zu.
Nach jetzigem Stand der weit fortgeschrittenen Ermittlungen sieht Leitender Oberstaatsanwalt Anton Lohneis vier Hauptverantwortliche für den Fleischskandal, darunter den Geschäftsführer von Dellert-Fleisch. Festzustehen scheint, dass die Metzgereien, die minderwertiges Fleisch aus dem Schlachthof erhielten, davon nichts wussten und damit – ebenso wie ihre Kunden – zu den Betrogenen zählen.
Anfangs bestand der Verdacht, Metzgereien und Gastronomiebetriebe aus der Region könnten ebenfalls in Straftaten verwickelt sein, indem sie bewusst Fleisch einkauften, das für den menschlichen Verzehr ungeeignet ist, sogenanntes K3-Fleisch („Ekelfleisch“).
Dieser Verdacht scheint jetzt ausgeräumt zu sein, bestätigt auf Nachfrage unserer Redaktion der Leitende Oberstaatsanwalt in Coburg. Er möchte dem endgültigen Ergebnis der Ermittlungen allerdings nicht vorgreifen.
Mit deren Abschluss rechnet Lohneis für Ende Oktober, Anfang November. Dann werde es zur Anklage kommen. Der Umfang der Anklage ist laut Lohneis heute noch nicht abzusehen. Sollte die Anklage zu einer Hauptverhandlung vor Gericht führen, dürfte der Prozess frühestens Anfang kommenden Jahres beginnen.
Schlachthof dichtgemacht
Nach Auskunft der Staatsanwaltschaft gelten derzeit vier Männer als Hauptbeschuldigte. Sie sollen in betrügerischer Absicht K3-Fleisch falsch deklariert als hochwertiges Fleisch verkauft haben. Neben dem Geschäftsführer von Dellert-Fleisch zählen zu diesem Kreis der Verdächtigen zwei ehemalige Mitarbeiter der Stadt Coburg, der der Schlachthof gehört, sowie der Inhaber einer Kuttelei aus dem Landkreis Haßberge.
Die Stadt Coburg hatte den Schlachthof kurze Zeit nach Bekanntwerden des Fleischskandals und dem Beginn der Ermittlungen im Juni 2013 geschlossen. Das Gelände und die Gebäude darauf werden seitdem nicht genutzt. Wann über die Zukunft des ehemaligen Schlachthof-Areals entschieden wird, ist nach Auskunft von Michael Selzer, Pressesprecher der Stadt Coburg, noch nicht geklärt. Bisher hieß es, dass die ehemaligen Schlachthof-Gebäude – bis auf das denkmalgeschützte Verwaltungsgebäude – abgerissen werden, um dort Platz für Neubauten zu schaffen. Hierzu soll auch das Gelände des benachbarten alten Güterbahnhofs einbezogen werden. Ob dort, wie es bereits im Gespräch war, Ausgliederungen der Fachhochschule unterkommen können, ist laut Selzer zwar denkbar, aber ebenso offen.
Im Mittelpunkt der im Sommer vergangenen Jahres aufgekommenen Vorwürfe rund um den Coburger Schlachthof stand von Beginn an die Firma Dellert-Fleisch, die als mit Abstand größter Mieter im Coburger Schlachthof etwa 80 Prozent des dortigen Umsatzes ausgemacht hat.
Jobs weg
17 Dellert-Mitarbeiter hatten ihren Job verloren, als ihre Firma den Betrieb einstellte. Die 40 Schlachthof-Mitarbeiter, die bei der Stadt Coburg beschäftigt waren, fanden größtenteils eine Stelle in anderen städtischen Betrieben oder schieden aus Diensten der Stadt aus. Vier Mitarbeitern kündigte die Stadt, mit Zweien schloss sie Aufhebungsverträge.
Dass auch 15 Monate nach Bekanntwerden des Coburger Ekelfleischskandals noch immer keine Anklage vorliegt, begründet die Staatsanwaltschaft mit dem Umfang der Ermittlungen. Bereits im Februar dieses Jahres hat Leitender Oberstaatsanwalt Lohneis gegenüber unserer Redaktion erläutert, die Ermittler würden nicht nur die Machenschaften im Schlachthof genau unter die Lupe nehmen, sondern auch die komplette Handelskette des verdächtigen Fleisches aufdröseln: vom Zerlegebetrieb, über den Händler bis zu den Abnehmern.
Aus den jüngsten Aussagen der Staatsanwaltschaft ist abzuleiten, dass das K3-Fleisch ahnungslosen regionalen Metzgereien und Gastronomiebetrieben als hochwertiges Fleisch verkauft wurde – zu regulären Preisen. Damit dürften am Fleischskandal in erster Linie die vier Verdächtigen profitiert haben, gegen die die Staatsanwaltschaft in wenigen Wochen wahrscheinlich Anklage erheben wird.
Dies dürfte jedoch das mulmige Gefühl, das manche Fleischesser in der Region nach dem Aufdecken des Coburger Fleischskandals beschlichen hat, nur bedingt vertreiben.
Um seine Gesundheit braucht sich – anders als um den guten Appetit – jedoch niemand Sorgen machen: Zu keinem Zeitpunkt bestand der Verdacht, aus dem Coburger Schlachthof könnte gesundheitsgefährdendes Gammelfleisch in Umlauf gebracht worden sein; hierzu haben laut Staatsanwaltschaft die bisherigen Ermittlungen keinen Anhaltspunkt ergeben. Doch auch K3-Fleisch ist schon eklig genug.
Man muss sich leider immer öfter die Frage stellen: "Ist der Mensch tatsächlich das intelligenteste Lebewesen auf diesem Planet"?
Oldie55