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AUGSFELD
„Einfach ein frischer Politikertypus“
Manfred Otzelberger (links) signierte gerne sein Buch für die Gäste. Mit im Bild (von links) Susanne Kastner, Dr. Friedrich Oehm, René van Eckert, SPD-Kreisvorsitzender Rhön-Grabfeld, und Stephan Schneider.
Foto: Ulrike Langer | Manfred Otzelberger (links) signierte gerne sein Buch für die Gäste. Mit im Bild (von links) Susanne Kastner, Dr. Friedrich Oehm, René van Eckert, SPD-Kreisvorsitzender Rhön-Grabfeld, und Stephan Schneider.
Von unserer Mitarbeiterin Ulrike Langer
 |  aktualisiert: 15.12.2020 15:08 Uhr

Sie wollten etwas mehr über ihren Kanzlerkandidaten Martin Schulz erfahren, die SPD-Anhänger aus der Region, die am Freitagabend auf Einladung der SPD-Bundestagsabgeordneten Sabine Dittmar ins Hotel Goger in Augsfeld gekommen waren. Ein bisschen war Martin Schulz dabei auch präsent: zum einen in einer lebensgroßen Pappfigur und zum anderen durch den Journalisten Manfred Otzelberger. Denn er hat im April eine Schulz-Biografie unter dem Titel „Der Kandidat“ herausgegeben und versprach dem Publikum einen vergnüglichen politischen Abend.

Einerseits zeigte Otzelberger auf, wie Martin Schulz zu dem Mann wurde, der er heute ist: der Kanzlerkandidat der SPD. Andererseits ging er in den Dialog mit Sabine Dittmar und beantwortete viele Fragen. Dabei las er keine Passagen aus seinem Buch; vielmehr berichtete er, was ihn zu dieser Biografie getrieben hatte, welch faszinierende Persönlichkeit Martin Schulz ist, was ihn so erfrischend macht und was seine kleinen Nachteile sind. „Martin Schulz ist ein salopper Typ, der aus sich herausgehen kann, der keine keimfreie seelenlose Politikersprache verwendet und eine intellektuelle Klarheit bewiesen hat. Einfach ein frischer Politikertypus “, so Otzelberger, der Martin Schulz 2012 kennenlernte, als dieser Präsident des europäischen Parlaments wurde.

„Ich glaube fest, dass Martin Schulz ein interessanter und vielschichtiger Politiker ist, der Menschen berühren kann und Charisma hat“, erzählte der Journalist, der kein SPD-Mitglied ist und sich selbst als Wechselwähler bezeichnet. In jeweils zehn Punkten skizzierte er die positiven Eigenschaften des Kandidaten und die Mängel seines Wahlkampfes. Seiner Meinung nach sind mit Schulz Leidenschaft und Lust in die Politik gekommen. Zudem hat der Kandidat eine „Story“, vom Schulabbruch über das Aus des Traums als Fußballprofi und die folgenden Alkoholprobleme bis hin zur Therapie und dem „Aufstieg“ vom Buchhändler zum Bürgermeister seiner Heimatstadt Würselen, zum Europapolitiker und schließlich zum SPD-Kanzlerkandidaten.

„Ihn zeichnen ein ungeheurer Kampfgeist, eine überaus große Selbstdisziplin, eine tolle Rhetorik, die Gänsehaut erzeugen kann, Machtinstinkt und Volksnähe aus. Er ist ein begnadeter Autodidakt, er war Unternehmer und kennt die Probleme, er ist absolut unbestechlich, ein leidenschaftlicher Europäer und hat die SPD zu neuer Geschlossenheit geführt“, sagte Otzelberger.

Andererseits seien die 100 Prozent seiner Kandidatenkür auch eine große Bürde, die „falschen Freunde“ wie Siegmar Gabriel oder Gerhard Schröder belasteten ihn und zu viele Berater hätten Martin Schulz die Kraft genommen. Im Weg stünden ihm auch eine erstarkte Kanzlerin, die der SPD zudem die schönsten Themen klaue, das „schnurrende Kätzchen“ Seehofer, den man als Vorgruppe von Merkel bezeichnen könne, und die wiedergewonnene Einheit von CDU und CSU. Auch fehle der SPD ein griffiger Wahlkampfslogan und ein weiteres Problem sei, dass Schulz kein Amt habe und damit weniger medienpräsent sei.

„Warum hat er nicht in jedem Bundesland eine große thematische Rede gehalten, damit die Menschen eine Vorstellung von ihm bekommen?“ fragte Manfred Otzelberger. Er sieht auch das Alter von Martin Schulz, der nur zwei Jahre jünger ist als Angela Merkel als Problem, weil er keinen Generationenwechsel versprechen könne und moniert, dass die Frau von Martin Schulz „nie auftaucht“. „Dabei wäre eine familiäre Wärme sehr schön“, so seine Worte.

Trotz aller weniger erfreulichen Umfragen für den Kandidaten blickt Sabine Dittmar aber „sehr hoffnungsvoll“ auf den Wahltermin. „Die Stimmung dreht sich wieder ein bisschen“, sagte sie und setzte große Hoffnungen auf das TV-Duell von Schulz und Merkel am Sonntagabend. Schulz sei unheimlich empathisch, gehe auf die Menschen zu, höre ihnen zu und erreiche im Gespräch Herz und Verstand. Im Gespräch ging sie auch auf ihren Werdegang ein, betonte, es nicht immer leicht, ihre Chancen aber genutzt zu haben, und betonte, dass sie sich schon immer für die Gleichstellung und die gleichen Rechte von Frauen eingesetzt habe.

In der Diskussion mit den Zuhörern wurde deutlich, dass die SPD-Anhänger von den Journalisten enttäuscht sind. „Ursula von der Leyen ist eine grottenschlechte Verteidigungsministerin. Ich möchte, dass die Presse objektiv berichtet und die aktuelle Politik angreift. Wenn Angela Merkel sagt, es wird alles gut, glauben das alle. Wo sind die kritischen Journalisten?“ fragte Susanne Kastner, ehemalige Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag und Vizepräsidentin des Bundestages.

Auch MdL Kathi Petersen meinte: „Merkel suggeriert, dass sie alles im Griff hat. Warum schaut man da nicht näher hin? Sie hat keinen Plan für Deutschland, für Europa und die Welt. Warum sagt man das nicht?“ Bedauert wurde auch, dass die Wähler die gute Politik der SPD nicht honorieren. Stephan Schneider, Vorsitzender der SPD Haßfurt, vermisste klare Wahlkampfparolen. „Man muss im Kreisverkehr zweimal rumfahren, bis man das SPD-Plakat gelesen hat“, sagte er. „Wir sind doch eine tolle Partei mit einer wahnsinnigen Geschichte. Das müsste man in kurzen klaren Worten vermitteln.“ Wütend war man auch, dass Merkel die Bedingungen für das TV-Duell diktiert hat, ratlos, wieso die Umfragen für die SPD und ihren Kandidaten so negativ ausfallen, und erstaunt, dass CSU und CDU Negatives immer hervorragend wenden können.

„Wir müssen den Bürgern klarmachen, dass wir gestalten können. Wir haben die Ideen für ein besseres Leben“, forderte MdL Kathi Petersen. Zur Koalitionsfrage betonte Sabine Dittmar: „Ich kämpfe bis zum 24. September, dass unsere Inhalte überzeugen und dass wir ein starkes Ergebnis erzielen. Nach der Wahl wird man sehen; aber alle demokratischen Parteien – und die AfD gehört für mich nicht dazu – müssen miteinander reden können. Aber letzten Endes sind für mich viele Themen nicht verhandelbar!“

Als Fazit des Abends konstatierte der SPD-Kreisvorsitzende Stephan Schneider: „Es war ein erfrischender Abend, an dem ich viel über den Menschen Martin Schulz und noch mehr über den tollen Menschen Sabine Dittmar erfahren habe.“ Manfred Otzelberger lobte die lebhafte, engagierte Diskussion und erklärt: Es war wohltuend, einen Abend mit Menschen zu verbringen, die sich so engagieren!“ Auf das Präsent von Sabine Dittmar mit Köstlichkeiten aus Haßfurt sagte er. „Ich werde Haßfurt in Liebfurt umbenennen!“

Kam auf Einladung von MdB Sabine Dittmar (SPD) nach Augsfeld: Manfred Otzelberger Foto: U. Langer
| Kam auf Einladung von MdB Sabine Dittmar (SPD) nach Augsfeld: Manfred Otzelberger Foto: U. Langer
 
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