Seit ihrer Erfindung geht von der Eisenbahn eine besondere Faszination aus – seien es die alten Dampfrösser oder moderne Hochgeschwindigkeitszüge. Eine Gelegenheit, die Geschichte der Eisenbahn von ihren Anfängen bis heute zu erleben, bietet das DB-Museum in Nürnberg.
Gegründet wurde das Museum im Jahr 1882 und ist damit das älteste Eisenbahnmuseum der Welt. Der damalige Standort war München, 1899 zog es nach Nürnberg um. Betrieben wird das Museum heute von der „Deutsche Bahn Stiftung“. Dass es gerade in Nürnberg steht, findet Benjamin Stieglmaier, der unseren Reporter durch die Dauerausstellung führt, optimal. Schließlich führte die erste Bahnstrecke auf deutschem Boden von Nürnberg nach Fürth.
Die Geschichte des Museums begann mit der Ausstellung von detaillierten Lokomotivmodellen im Maßstab 1:10. Diese hatten einerseits den Zweck, ausgemusterte Lokomotiven wenigstens im Kleinen zu erhalten, wenn die Originale verschrottet wurden. Andererseits konnten die Auszubildenden der Lokomotivfabriken daran Fertigungstechniken lernen und üben. Später kamen zahlreiche andere Exponate zum Bestand des Museums, bald wurden nicht nur Modelle, sondern auch echte Fahrzeuge ausgestellt.
Von den rund 600 Originalfahrzeugen, die dem Museum heute gehören, befinden sich nicht alle in Nürnberg. Das Museum hat zwei Außenstellen in Koblenz und Halle, in denen weitere Lokomotiven und Wagons ausgestellt sind. Am Hauptstandort Nürnberg geht es vor allem darum, die Geschichte der Eisenbahn zu dokumentieren. So ist die Ausstellung chronologisch aufgebaut. Los geht es mit den Anfängen der Eisenbahn in England. Von dort kamen auch die ersten Lokomotiven, die in anderen Ländern fuhren. Auch der „Adler“, die erste Lok, die 1835 in Deutschland fuhr, war ein Import aus Großbritannien – im Gegensatz zu den Wagons, die sie zog. Diese stammten von deutschen Kutschenbauern. Einer davon ist als ältestes Eisenbahnfahrzeug Deutschlands erhalten geblieben und steht in diesem Teil des DB-Museums.
Ein Highlight für diejenigen, die echte Fahrzeuge sehen wollen, bietet die Fahrzeughalle 1. „Hier stehen die Legenden der Schiene des 19. und frühen 20. Jahrhunderts“, beschreibt Benjamin Stieglmaier den Raum. In diesem findet sich unter anderem ein Nachbau des „Adler“ – das Original ist nicht erhalten. Ein weiteres Highlight der Fahrzeughalle ist die S 2/6, eine 1906 gebaute Schnellzugslokomotive der Königlich Bayerischen Staatsbahn. Mit 154 Stundenkilometern stellte sie einen Geschwindigkeitsrekord auf, der weltweit für Aufsehen sorgte. Auch die Lokomotive „Nordgau“ steht in dieser Fahrzeughalle. Eine Besonderheit dieses Ausstellungsstückes ist, dass die Lok aufgeschnitten wurde, so dass der Museumsbesucher das Innere der Maschine sehen kann. Durch eine Lichtinstallation werden die Funktionsweise und die einzelnen Bauteile der Dampfmaschine erklärt. „Es geht uns auch darum, zu zeigen, wie eine Dampflokomotive funktioniert“, erklärt Stieglmaier.
Doch nicht nur die Loks sind sehenswert. Auch was Wagons angeht, hat die Fahrzeughalle besondere Stücke zu bieten, nämlich die Salonwagen, mit denen zwei berühmte Staatsmänner reisten: Reichskanzler Otto von Bismarck und König Ludwig II. von Bayern.
Der nächste Raum thematisiert die Zeit der Deutschen Reichsbahn. Hatten noch bis zum Ende des Ersten Weltkriegs die deutschen Teilstaaten ihre jeweilige Staatseisenbahn, gab es ab 1920 erstmals eine Eisenbahngesellschaft für ganz Deutschland. Im Museum wird der Zusammenschluss an den Eisenbahneruniformen gezeigt: Zuerst sieht der Besucher die Arbeitskleidung der Länderbahnmitarbeiter, dann schließlich eine Uniform der Reichsbahn. Im folgenden Raum geht es um ein dunkles Kapitel der Geschichte, in dem auch die Eisenbahn keine Glanzrolle spielte: Die Zeit des Nationalsozialismus, in der sich die Reichsbahn mit Truppentransporten und Deportationszügen an Hitlers Krieg und Verbrechen beteiligte. „Dieser Teil ist gerade für Schulklassen sehr interessant“, berichtet Stieglmaier.
Weiter geht die Reise durch die Geschichte der Eisenbahn im ersten Stock des Gebäudes. Das bedeutet allerdings nicht, dass der Besuch für Gehbehinderte Menschen hier zu Ende wäre. Dank Aufzügen und Treppenliften ist das ganze Museum barrierefrei. Auch auf andere Behinderungen wird Rücksicht genommen. So gibt es beispielsweise spezielle Blindenführungen, bei denen viel mit anderen Sinnen wahrgenommen werden kann – vom Geruch des Öls bis zum Abtasten eines Fahrzeugmodells. Auch sonst gibt es viele Angebote an Führungen. Offene Führungen finden sonntags statt, an anderen Wochentagen sind sie auf vorherige Anfrage buchbar. Auch Sonderführungen zu bestimmten Themen oder Kinderführungen sind möglich. Für Museumsbesucher, die sich lieber unabhängig bewegen, gibt es einen Audioguide.
Der Ausstellungsteil zur Zeit der deutschen Teilung befindet sich derzeit im Umbau und soll voraussichtlich im April 2018 wieder eröffnet werden. So geht der Rundgang weiter mit der jüngsten Geschichte und der Gegenwart der Eisenbahn. „Wir setzen uns hier auch mit Kritik auseinander“, sagt Stieglmaier, als er ein besonderes Ausstellungsstück zeigt: Ein Teil des Bauzauns des umstrittenen Bahnhofsprojekts Stuttgart 21.
Ein weiterer Teil der Dauerausstellung ist das 2014 eröffnete Modellarium. Modelle in verschiedensten Maßstäben, von der heimischen Modellbahnanlage bis zu detaillierten Nachbildungen für Technikausstellungen sind hier zu sehen. Außerdem gibt es an einer großen Modellbahnanlage regelmäßig Vorführungen. Das besondere hierbei ist, dass die Anlage genauso gesteuert wird, wie es auch im Großen bei der Eisenbahn aussehen würde. Der Besucher hat die Möglichkeit, die Abläufe in einem Stellwerk live mitzuerleben.
Für die kleinsten Besucher gibt es das „Kinderbahnland“ (Kibala). „Wir versuchen, pädagogisch sinnvoll zu vermitteln, wie die Eisenbahn funktioniert“, erklärt Benjamin Stieglmaier. „Und auch solche Sachen wie das richtige Verhalten am Bahnsteig.“ Hier gibt es unter anderem Fahrsimulatoren oder eine kleine Eisenbahn, mit der die Kleinen alle halbe Stunde ein paar Runden fahren können. „Man kann hier viel drücken und anfassen“, erklärt Stieglmaier, wie das Museum versucht, die Kinder für das Thema Eisenbahn zu begeistern. Auch Angebote für Kindergeburtstage im Museum gibt es.
Nach dem Gang durch die Innenräume geht es schließlich zum Außengelände und der zweiten Fahrzeughalle des Museums. In dieser steht unter anderem die einzige erhaltene Dampflok der Baureihe 05. Eine Maschine dieser Baureihe stellte in den 30er Jahren einen Geschwindigkeitsweltrekord auf. Daneben steht ein Mock-Up, also ein Designmodell eines Zuges, der erst Ende dieses Jahres auf die Schienen kommen soll: Die vierte Generation des ICE. Im Freigelände gibt es dann noch weitere historische Fahrzeuge, vor allem alte Elektroloks zu sehen. Zum Abschluss zeigt Benjamin Stieglmaier sein persönliches Lieblingsobjekt: Ein stillgelegtes Weichenstellwerk des Nürnberger Hauptbahnhofs. „Es ist ein authentischer Ort“, sagt er über das Gebäude aus dem frühen 20. Jahrhundert, das noch immer an seinem alten Platz steht, der heute Teil des Museumsgeländes ist.
Das DB-Museum befindet sich übrigens in unmittelbarer Nähe zum Nürnberger Hauptbahnhof. Es bietet sich also an, stilecht mit der Bahn anzureisen.
Das Museum ist dienstags bis sonntags geöffnet. Genaue Öffnungszeiten und weitere Infos unter www.dbmuseum.de.