Nun haben Bambergs Gärtner sogar ein eigenes Museum. Zwar sind sie alles andere als eine exotische Randgruppe im Welterbe. Doch das, was jetzt im Gärtner & Häckermuseum über diesen Berufsstand zu sehen ist, fällt in die Rubrik Raritäten: Es sind Fotografien von Gärtnern aus den vergangenen 120 Jahren. Vor Selbstbewusstsein strotzende Gruppenporträts sowie Jubiläumsbilder der Gärtnervereine und -bruderschaften erzählen von der Arbeit, vom Handel und von der Kleidung der Gärtner im Alltag und zu den Festen.
Die Vernissage-Besucher konnten sich davon überzeugen, dass Museumsleiter Hubertus Habel und Stadtheimatpflegerin Stephanie Eißing ein pfiffiges Kaleidoskop spezieller Ortsgeschichte zusammengestellt haben: als ihren Beitrag zum 25-jährigen Welterbejubiläum. Denn ohne Gärtnerland und Gärtnertradition kein Welterbestatus! So dankte Museumschef Habel gerade dem Zentrum Welterbe Bamberg „für die großzügige Mitfinanzierung der Ausstellung“. Das Stadtarchiv Bamberg habe eine Fülle an Informationen beigesteuert, der Obere Gärtnerverein eine Reihe von Fotografien und Richard Dechant die zusätzlichen Stellwände.
Diese Bild-Text-Tafeln harmonieren perfekt mit der bestehenden Innenarchitektur des Museums von der Durchfahrt bis zum Dachboden. Die großformatigen Schwarzweiß-Fotos bestechen allein schon durch ihre Brillanz und Schärfe in allen nur denkbaren Grau-Stufen. Stephanie Eißing gab einen Überblick über die Anfänge der Fotografie im 19. Jahrhundert durch Tüftler wie Niece, Talbot und Daguerre. Sie erzählte von Wanderfotografen, die auch in Bamberg ihre Dienste anboten. In jener Zeit entstanden die festen Fotoateliers von Andreas Schraudner in der Pödeldorfer Straße und Maximilian Kohler in der Franz-Ludwig-Straße. Weitere Ateliers folgten dank des Siegeszuges der Fotografie. Ende des 19. Jahrhunderts war es für die Gärtner wie einem großen Kreis Bamberger eine Option, sich zu besonderen privaten Angelegenheiten wie Hochzeit oder Eintritt in den Militärdienst fotografieren zu lassen. Ebenso waren offizielle Ereignisse wie Vereinsjubiläen, der Besuch des Prinzregenten oder auch Gefallenentafeln Anlässe für Erinnerungsbilder vom Fotografen.
Sich ablichten zu lassen, war damals jedenfalls eine Geduldsprobe: „Man musste 15 Minuten lang still halten“, sagt Eißing. Und tatsächlich blicken den Betrachter ausschließlich ernste Gesichter an über in völliger Bewegungslosigkeit verharrenden Körpern. Umso sorgfältiger drapiert erscheint die Tracht der Gärtner und Gärtnerinnen. Ganz zauberhaft sehen etwa die typischen Schleifenhauben der Frauen aus. Oder die Hosen mit bestickten Hosenträgern der Männer.
Es sind vorwiegend Fotografien der Jugendorganisationen der beiden Gärtnervereine: des Vereins Jüngerer Gärtner der Oberen Gärtnerei sowie des Blühenden Gärtnerbundes im Unteren Gärtnerverein. „Jugendorganisationen sind diejenigen, die die Traditionen der eigenen Gruppe ausüben“, erklärt Hubertus Habel. So würden sie in kultureller Hinsicht sozialisiert und auf die gruppenspezifischen kulturellen Formen eingeschworen, damit sie diese der folgenden Generation weitergeben können: „Jugendgruppen als Brauchträger sind also Garanten der fortlebenden Traditionen“. Und die seien ja im Fall der Bamberger Gärtnerei Teil des Immateriellen Kulturerbes Deutschlands. Kein Wunder also, dass diese Sonderausstellung auch stolz und souverän titeln kann: „WIR sind die Gärtner!“
Die Sonderausstellung „WIR sind die Gärtner!“ ist bis zum 4. November 2018 im Gärtner & Häckermuseum, Mittelstraße 34, Bamberg, zu sehen. Öffnungszeiten: Mittwoch bis Sonntag 11 bis 17 Uhr, zusätzlich 1., 2., 29. und 30. Oktober.