Chorgesang in seiner größtmöglichen Schönheit, Reinheit und Ausdrucksfähigkeit präsentierte das Vokalensemble Cantabile Regensburg unter der Leitung von Professor Matthias Beckert bei seinem Neujahrskonzert in der ausverkauften Pfarrkirche in Haßfurt. So bedankten sich die Zuhörer am Ende mit langanhaltendem Beifall und stehenden Ovationen für dieses Neujahrsgeschenk.
Es ist eine schöne Tradition, dass Matthias Beckert, der aus Westheim stammt, am Anfang eines Jahres mit „Cantabile Regensburg“ Haßfurt besucht. Mit einem Chor, der in Deutschland seinesgleichen sucht, der bereits mehrfach ausgezeichnet wurde und Preisträger des Deutschen Chorwettbewerbs 2014 ist. Doch der Applaus der Zuhörer galt nicht nur den hervorragenden Sängern und dem besonders einfühlsamen Dirigenten, sondern auch der Programmauswahl. Denn Matthias Beckert hatte besonders reizvolle, wenn auch nicht im üblichen Sinne harmonische und expressive Werke aus der Spätromantik, des Impressionismus und von Zeitgenossen ausgewählt, deren Tonsprache unglaublich berührend ist. Größtenteils waren die Texte weihnachtlich inspiriert und dem Gotteslob im Allgemeinen gewidmet; daneben waren aber auch einige Hymnen an die Nacht und die Natur zu hören. Insgesamt zeichneten sich die gefühlvollen Gesänge durch ihre musikalische Sprache aus, die die traditionelle Harmonik überschreiten, Stimmungen vermitteln und sich durch ungewöhnliche Klangbilder auszeichnen. So mancher Chorsänger und Chorleiter unter den Zuhörern war von dem perfekt gestalteten Chorgesang fasziniert und meinte: „Das kann man doch eigentlich gar nicht singen!“ Gerade sie staunten über die neuen Sätze bekannter Lieder wie „Freu dich, Erd und Sternenzelt“ und „Aber heidschi bumbeidschi“ von Wolfram Buchenberg oder „Det är en ros utsprungen“ (Es ist ein Ros entsprungen) von Jan Sandström. Auch wussten sie den vielschichtigen Klang, der nur durch eine exzellente Stimmbildung zu erreichen ist, und das feinfühlige Dirigat von Matthias Beckert zu schätzen. Er „spielte“ mit seinen Sängern, die ihre reinen Stimmen in vier- bis sechzehnstimmigen Liedern so schön entfalteten, wie auf einem willfährigen Instrument. Gerne folgten die 37 Frauen und Männer seinem freudigen Schwung, dämpften ihre Stimmen auf seine sachten Handbewegungen hin, beantworteten sein Lächeln mit freudigem Ausdruck und schwelgten im kräftigen Gotteslob. Wie ein silbernes Band schwangen sie ihre zu Herzen gehenden Melodien um die aussagekräftigen Texte, überzeugten durch eine sehr gute Diktion, eine perfekte Intonation und eine Dynamik von großer Bandbreite. Gerade der von ihnen gepflegte a-cappella-Gesang setzt voraus, dass jeder Ton rein ist und sich jede Stimme dem Gesamtklang unterordnet, der bei den ausgewählten Werken von Max Reger, Zoltan und Zsolt Gárdonyi, Alwin Schronen, Morten Lauridsen und Hans Koessler oft von Dissonanzen geprägt ist, sich aber letztendlich zu einer formvollendeten Harmonie entwickelt.
Ob die Sänger, die unendlich viele Nuancen beherrschen, nun flüsterten, murmelten, beim textlosen Lied „Lullaby I“ von Marian Borkowski nur Silben intonierten, sich immer wieder an Sekunden rieben, ganz und gar auseinanderdrifteten und wieder zusammenfanden – für die Zuhörer wurde dadurch klar: so hört sich ein vollkommener Chorgesang an. Gerne gab Matthias Beckert die Leitung zwischendurch auch an den Sänger Florian Karl ab. Dieser hatte 2006 den Bibelvers „Deus caritas est“ zum Besuch des Papstes Benedikt XVI. in Regensburg komponiert und durfte sein bemerkenswertes Werk selbst dirigieren.
Mit dem Lied „Der Mond ist aufgegangen“ von Zsolt Gárdonyi als Zugabe und Geschenk für den begeisterten Applaus und die stehenden Ovationen der Zuhörer endete schließlich ein unvergleichliches Konzert.