
Der Landkreis Haßberge hat seit Dienstag eine neue Partnerschaft. Im Landratsamt unterschrieben die Landräte Wilhelm Schneider und Henryk Kiepura die Kooperationsvereinbarung zwischen dem Landkreis Haßberge und dem polnischen Landkreis Klobuck (gesprochen: Klobuzk). Damit hat der Kreis Haßberge neben den bestehenden Partnerschaften mit Tricastin (Frankreich), Lindesberg (Schweden) und Kiryat Motzkin (Israel) eine vierte Region im Ausland, mit der er eng und freundschaftlich zusammenarbeiten will.
"Die Beziehung des Landkreises Klobuck und unseres Kreises nahm ihren Anfang im Jahr 2006", berichtete Landrat Wilhelm Schneider. Sein Vorgänger Rudolf Handwerker, der für Partnerschaftsanträge ohnehin ein offenes Ohr gehabt habe, war auf die Anfrage aus Klobuck aufmerksam geworden, mit einem deutschen Landkreis freundschaftliche Beziehungen aufzubauen. Zusammen mit Chrysztof Nowak, dem damaligen Landrat des polnischen Kreises, leitete Handwerker die ersten Schritte in die Wege und es kam zum ersten Besuch einer polnischen Delegation in den Haßbergen.
Wilhelm Schneider berichtete, er habe seinen Vorgänger gefragt, was ihn bei diesem Besuch am meisten beeindruckt habe. "Und er hat mir gesagt, dass es die ausgesprochen herzliche Atmosphäre vom ersten Tag an war", sagte Schneider am Dienstag bei der Unterzeichnung der Partnerschaftsurkunde im Landratsamt. Mehr scherzhaft erzählte Schneider, dass Handwerker auch von den "herausragenden sportlichen Fähigkeiten" seines polnischen Amtskollegen Nowak begeistert gewesen sei, der bei einem Test auf der Golfanlage in Steinbach so viele Bälle versenkt habe, "dass man ihm keine mehr geben wollte".
Die Partnerschaft ins Rollen gebracht
Mit Rudolf Handwerker und Chrysztof Nowak waren auch die beiden ehemaligen Landräte bei der Unterzeichnung der Kooperation anwesend, die die Partnerschaft ins Rollen gebracht hatten. In den folgenden Jahren wurden die Beziehungen weiter gepflegt und ausgebaut. Es gab gegenseitige Besuche, Berufspraktikanten und Schüler aus Klobuck kamen in die Haßberge und Pilgergruppen aus dem Haßbergkreis reisten nach Klobuck und in das rund 15 Kilometer entfernte Tschenstochau. "Wir haben Schulturnhallen miteinander verglichen, sind gepilgert und sind Kanu gefahren", sagte Schneider. Auch ein Feuerwehrauto aus Haßfurt tue mittlerweile seinen Dienst auf polnischen Straßen.

Ein Schwerpunkt der Partnerschaft, die nun offiziell besiegelt wurde, solle sein, "junge Menschen zueinander zu bringen", sagte Schneider und sprach dabei beispielsweise den Schüleraustausch an. Als erste Maßnahme werde nun ein ständiger Austausch von Schulen in den Zweigen Gastronomie und Hauswirtschaft angestrebt. Auch an Sport- und Kulturprojekten könnte es eine gegenseitige Beteiligung geben. Ebenfalls in Bereichen wie der Landwirtschaft oder der interkommunalen Zusammenarbeit könnten Deutsche und Polen voneinander lernen.
Ein Europa der Zukunft
Weiter erklärte Schneider, warum Partnerschaften zwischen verschiedenen Regionen seiner Meinung nach wichtig sind. So förderten freundschaftliche Beziehungen zwischen einzelnen Regionen und ihren Menschen auch den Zusammenhalt zwischen den Ländern. "Ein Europa der Zukunft ist ganz maßgeblich mit einer verlässlichen und vertrauensvollen Zusammenarbeit mit unseren polnischen Nachbarn verbunden", betonte Schneider. Allerdings sei es nötig, "Zeit und viel guten Willen" zu investieren: Sichtbare Hürden gebe es zwar nicht mehr, "aber die Hürden in manchen Köpfen sind noch nicht ganz überwunden".
Er erinnerte auch an die Geschichte der beiden Länder, in der es zwischen den beiden Völkern auch verheerende Kriege gegeben hatte. "Wir dürfen nicht vergessen, was Menschen einander an Leid zufügen können. Aber wir sollten ein neues und ein anderes Kapitel in unserer Geschichte aufschlagen." Außerdem erinnerte er an Zeiten in der Geschichte, in denen die beiden Länder zusammengearbeitet hatten. "Genau an diesem Ort hier, vor nahezu 336 Jahren, beschlossen die fränkischen Fürsten, Truppen zu dem polnisch-deutschen Heer unter Führung von Jan Sobieski zu schicken. Er hat 1683 Wien befreit."
Aufruf zur Europa-Wahl
Henryk Kiepura, der amtierende Landrat von Klobuck, wandte sich zu Beginn seiner Rede an Wilhelm Schneider und lobte seine detaillierten Ausführungen über die beiden Regionen: "Sie haben so viel gesagt, dass ich nicht weiß, ob Sie Landrat von den Haßbergen oder von Klobuck sind." Weiter sagte er, er freue sich auch über die historischen Bezüge, die Schneider in seiner Rede angesprochen hatte. "Deutsche und Polen haben viel durchgemacht im 20. Jahrhundert."
Er freue sich über die Zusammenarbeit in vielen Bereichen. Auch hätten die Kontakte zwischen den beiden Landkreisen bestätigt, dass sich die Europäische Union bewährt habe. In diesem Zusammenhang rief der polnische Landrat dazu auf, sich an der anstehenden Wahl des EU-Parlaments zu beteiligen und damit die EU weiter zu stärken. Zudem kritisierte er den Austritt Großbritanniens aus der Union. Abschließend lud er die deutschen Gastgeber zu einem Gegenbesuch in Klobuck ein.
Neben Landrat Kiepura gehörten auch zahlreiche Politiker, Deutschlehrer und Übersetzer zur polnischen Delegation. Von deutscher Seite nahmen zahlreiche Bürgermeister und Kreisräte an der Veranstaltung teil, ebenso wie der unterfränkische Regierungsvizepräsident Jochen Lang, die Bundestagsabgeordnete Manuela Rottmann und der Landtagsabgeordnete Gerald Pittner. Musikalische Einlagen gab es von den Kindergartenkindern des Städtischen Kindergartens Haßfurt. Im Anschluss an die Unterzeichnung gab es einen gemeinsamen Gottesdienst in der Haßfurter Ritterkapelle.