„Dass es uns so gut geht, wir aber dennoch so unruhig sind, hat als Ursache Russland.“ Manfred Weber redet nicht um den heißen Brei herum. Er habe eine Zeit gebraucht, um zu verstehen, dass Putin wieder umgeschaltet hat. „Putin setzt in Aleppo bunkerbrechende Waffen ein, wo Frauen und Kinder Schutz suchen!“ Es stelle sich die Frage: „Wie gehen wir damit um?“ Weber hält die Antwort Europas für klug. „Wenn jemand Militär einsetzt, kann und darf eine Antwort nicht militärisch sein. Wir müssen das im Keim ersticken. Eine Militärmacht wie Russland darf ich niemals militärisch herausfordern.“ Der 44-Jährige nennt als Beispiel die Politik der USA nach 9/11: „Die militärischen Interventionen haben die Welt nicht sicherer gemacht.“ Aber man dürfe nicht wegschauen, wenn das Völkerrecht gebrochen wird. „Russland kann diese Politik jetzt finanzieren, weil Putin 500 Milliarden Euro aus Gas- und Ölgeschäften angehäuft hat.“ Dieses Geld sei jedoch im Laufe des nächsten Jahres aufgebraucht, „dann greifen unsere Sanktionen. Das ist Softpower“, prophezeit der Niederbayer. „Das Schlimmste, was passieren kann“, so Weber, „ist, dass wir nicht mehr miteinander reden.“ Europa habe bewiesen, „dass wir eine Friedensmacht sind“.
Es könne aber doch nötig sein, zu den Waffen zu greifen, allerdings in einem anderen Bereich, nämlich bei den Flüchtlingsschleusern im Mittelmeer. „Bei Schlepperbanden und Mafia-Organisationen muss ich schon Kriegsschiffe hinschicken.“
Es gibt aber auch gute Nachrichten. „Wir können stolz sein als Europäer. Mit unserer Abstimmung im Europäischen Parlament haben wir weltweit die Umsetzung des Pariser Klimaschutzgipfels durchgesetzt, der die Welterwärmung auf zwei Grad Celsius begrenzt.“
Die derzeitige Niedrigzinspolitik bezeichnet Weber als einen „Ausnahmezustand“. Europa könne sich keine Hochzinsphase leisten, da es sich um ein weltweites Phänomen handele. „Die Niedrigzinsphase muss aber beendet werden“, obwohl es nicht nur Verlierer gebe: Vor allem Häuslebauer und Unternehmensgründer profitieren von den niedrigen Zinsen.
Eine bessere Zusammenarbeit in Europa wünscht sich der Europaabgeordnete in Sachen Sicherheit. Das Beispiel des Anschlags auf die U-Bahn in Brüssel beweise, dass hier noch viel zu tun sei. Der Attentäter sei nach einem Hinweis aus dem türkischen Innenministerium in den Niederlanden noch überwacht worden, „doch dann ist er leider nach Belgien gefahren...“
Zusammenarbeiten müsse man auch in Sachen moderne Kriegsführung. Die Finanzierung von effektiver Drohnentechnologie sei selbst für Deutschland zu teuer. Und auch der Schutz gegen den Cyber-War könne nur gemeinsam erfolgen. „Moderne Sicherheit wird heute nicht durch Grenzen erreicht.“
Große Sorgen bereitet dem CSU-Vizechef auch der digitale Wahlkampf in den USA. „Wir rutschen in eine politische Phase, wo es nicht mehr um Fakten geht, sondern nur um Behauptungen. Wir leben in einer Postfaktenzeit!“