Für Barbara Hertrampf aus Ebern ist Stricken mehr als nur ein Hobby. Es sei "wie eine Therapie", sagt die 66-Jährige. Sie hatte 2007 nach dem Verlust ihres Arbeitsplatzes eine schwere Zeit vor sich. Die Arbeit habe sie unverschuldet verloren, nachdem sie dort Mobbing erfahren habe. Als sie an einer Rehamaßnahme teilnahm, habe sie das Stricken gelernt. Seitdem ist eine beachtliche Zahl an gestrickten Figuren entstanden, die sie für sich und für andere gefertigt hat.
Neben dem Stricken gibt es noch andere handwerkliche und kreative Tätigkeiten, bei denen sie sich ausleben kann. "Steine bemale ich auch gerne mit Figuren, Sprüchen oder Symbolen", sagt sie. Und Gedichte schreibe sie ebenfalls, diese seien in mehreren kleinen Büchlein verewigt.
Bärbel, wie sie von allen genannt wird, lehnt sich auf ihrem Stuhl zurück und sagt: "Ich war in jungen Jahren eine lebenslustige Frau, Musik war mein Leben, 20 Jahre war ich als Sängerin in drei Bands aktiv." Gelernt hat sie den Beruf einer Fremdsprachenkauffrau. Dann arbeitete sie als Sekretärin, bis sie schließlich aufgrund der Probleme an ihrem Arbeitsplatz in Frührente gehen musste.
Bärbel holt verschiedene Kisten hervor, aus einer nimmt sie zwei kleine Engel, streicht liebevoll über sie und sagt: "Das sind meine beiden ersten Figuren, die ich gestrickt habe." Danach sind viele Figuren durch ihre Hände entstanden. Gezählt oder Buch darüber geführt habe sie nicht, aber gut 500 dürften es sein, schätzt sie. Durchschnittlich daure es fünf Stunden, bis eine ihrer Figuren fertigt ist.
Fünf Stunden, nur auf den derzeitigen Mindestlohn von 12,41 Euro umgerechnet, macht schon mal 62,05 Euro. "Einen solchen Preis zahlt dir niemand für eine Figur", sagt Bärbel. Aber darauf komme es ihr auch nicht an. Wie sie sagt, verschenkt sie viele davon an Kinder und erfreut sich an deren strahlenden Augen. Grundsätzlich verlange sie nichts. Wenn ihr jemand etwas gibt, komme das Geld in eine Spendenbox.
"Am Jahresende spende ich das Geld, zum Beispiel an die "Sternstunden", an die "Sternenkinder" oder sonstige örtliche Institutionen von denen ich weiß, was mit dem Geld passiert", erklärt Bärbel Hertrampf. Was kam bisher so zusammen? Bärbel blickt fragend zu ihren Mann Jürgen und beide kommen zum Schluss, dass es mehrere hundert Euro gewesen sein dürften, die in den letzten drei Jahren den Institutionen zugutekamen.
Hauptsächlich strickt sie Tiere aller Art, aber auch Spielfiguren aus Kinderserien; beispielsweise den rothaarigen Kobold Pumuckl, Obelix, Micky-Maus-Figuren oder auch Fingerpuppen. "Was ich bisher nur einmal gestrickt habe und was ein absolutes Unikat ist, ist ein etwa 30 Zentimeter großer Spider-Man, den ich für den damals vierjährigen Enkel von Bekannten gestrickt habe, der immer vom Spider-Man schwärmte", sagt Bärbel.
Sie wisse auch, dass diese Figur bis heute dem mittlerweile sechsjährigen Buben als Schlafgeselle diene. "Ich kann mich noch gut an dessen glücklichen Gesichtsausdruck erinnern, als ich ihm Spider-Man schenkte." Das Kind sei von seinem Spider-Man noch begeistert wie am ersten Tag. Ihn und andere Stofffiguren von Bärbel schare der Junge in seinem Bett um sich.
"Dass sich Kinder so über von mir gestrickte Figuren freuen, macht mich schon etwas stolz und zufrieden", sagt die 66-jährige. 70 kleine Engel habe sie für das Altenheim in Baunach gestrickt, weil dort eine Bekannte von ihr arbeitet und sie damit den Seniorinnen und Senioren eine Freude machen konnte. Auch der Kindergarten "Arche Noah" in Ebern bekam erst kürzlich Obst, Gemüse und Brot aus Wolle für seinen Kinderkaufladen. "Das Personal und die Kinder waren total begeistert", sagt Elternbeiratsvorsitzende Ilona Elflein, welche das Geschenk dem Kindergarten überbrachte.
Auch für den Weihnachtsbasar des städtischen Kindergartens "Regenbogen" hat Bärbel schon Figuren zur Verfügung gestellt, weil auch dort eine Bekannte von ihr arbeitet. Hinzu kommen weitere Bekannte, für deren Kinder sie kostenlos Fabelfiguren strickte.
Die "Nadelkünstlerin" legt Wert darauf zu sagen, dass sie ihr Strick-Hobby keinesfalls professionell betreiben werde und ihr nicht daran gelegen sei, ihre Figuren zu verkaufen. "Für mich bedeutet Stricken abschalten, den Kopf frei bekommen, es ist wie eine Therapie", sagt Bärbel. Oft stehe sie schon früh gegen 4.30 Uhr auf, mache es sich in der Strickecke ihres Wohnzimmers bequem und lege die Nadeln erst zur Seite, wenn aus der Küche der Duft von Kaffee zu ihr ins Wohnzimmer strömt, den ihr Mann aufgesetzt hat.
Einige ihrer Figuren sind in Spanien, England, den USA oder auch auf Fuerteventura, wo sie Verwandte oder Urlaubsbekannte hat. "Mein Strick-Hobby werde ich so lange fortführen, wie es mir Spaß macht", sagt Bärbel und packt die Figuren, die sie auf ihrem Esszimmertisch ausgebreitet hatte, wieder ein. Einige "Unverkäufliche" sind auch dabei. Solche, die sie zum Beispiel ihrem Mann Jürgen gewidmet hat, oder auch solche, die sie für sich mit bestimmten Ereignissen verbindet.
Ich wünschte, ich wäre auch so geschickt. Damit kann man vielen kleinen und auch großen Leuten Freude bereiten.