
Der 10. Juli vergangenen Jahres begann für einen 48-jährigen Arbeiter aus dem Landkreis Rhön-Grabfeld wenig erfreulich. Als er um zehn Uhr morgens mit seiner Noch-Ehefrau das gemeinsame Anwesen im nördlichen Landkreis Haßberge ausräumte, stand plötzlich sein ungeliebter Schwiegervater aus Brandenburg in der Einfahrt des Hauses. Als der ihm verbieten wollte, sein eigenes Grundstück zu betreten, kam es zu einem Wortwechsel, der darin gipfelte, dass der 48-Jährige den Schwiegervater als "dreckiger Abschaum" und "das Übelste der Gesellschaft" betitelte und ihm gleichzeitig den ausgestreckten Mittelfinger, den sogenannten "Stinkefinger", entgegenstreckte.
Einspruch gegen den Strafbefehl
Der Beleidigte erstattete Anzeige, sodass der Noch-Schwiegersohn einen Strafbefehl erhielt. Gegen diesen legte er Einspruch ein, sodass es am Mittwoch zur Verhandlung am Amtsgericht kam. Dort gab der Angeklagte seinen Fehltritt offen zu. "Das habe ich so gesagt. Es tut mir leid", gab er zu Protokoll. Den Kontakt zu seinem Schwiegervater habe er bereits im Jahr 2018 abgebrochen. Damals sei sein damals elfjähriger Sohn bei seinen Großeltern zu Besuch gewesen. Der Schwiegervater – der Stiefvater seine Noch-Ehefrau – habe damals den Sohn angeschrien und sei tätlich gegen ihn geworden. Daraufhin habe der Angeklagte dem Schwiegervater ein Hausverbot auf Lebenszeit erteilt. Das habe dieser jedoch nicht eingehalten.
Vielmehr sei er damals – also im Juli 2021 – plötzlich aufgetaucht und habe die Polizei gerufen. Die Situation habe sich hochgeschaukelt. Auch der Angeklagte selbst sei von seinem Schwiegervater und seiner Noch-Ehefrau beleidigt worden. Anzeige habe er jedoch nicht erstattet.
Angeklagter mit einschlägiger Vorstrafe
Dass die Staatsanwaltschaft das Verfahren nicht längst eingestellt hat, liegt daran, dass der Angeklagte einschlägig vorbestraft ist: Im Jahr 2009 hatte ihn das Amtsgericht Nürnberg wegen Nachstellung, Bedrohung, Beleidigung und Sachbeschädigung zu einer 18-monatigen Bewährungsstrafe verurteilt. "Das war Bull-Shit. Ich hatte ein Alkoholproblem und war arbeitslos", brachte der Angeklagte als Begründung für diesen Fehltritt in der Vergangenheit vor.
Der Vorsitzende Richter Christoph Gillot legte dem Vertreter der Staatsanwaltschaft dennoch eine Einstellung des Verfahrens nahe. "Die Akte strotzt vor schmutziger Wäsche, die gewaschen wird", sagte er als Begründung. Der Anklagevertreter stimmte nach kurzer Rücksprache mit seinem Vorgesetzten dann doch noch einer Einstellung zu.
Keine Begrüßung zwischen den Streithähnen
Als Auflage muss der Angeklagte 1000 Euro an den Jugendhilfefonds Haßberge zahlen. Der Vorsitzende riet dem 48-Jährigen, in Zukunft ruhig zu bleiben und "den Ball flach zu halten." Das versprach ihm der Angeklagte. "Die Kinder sind schon genug gebeutelt. Es reicht", sagte er zur Begründung. Sein Noch-Schwiegervater, der die 500 Kilometer extra aus Brandenburg angereist war, um als Zeuge auszusagen, musste die Heimreise antreten, ohne gehört zu werden. Eine Begrüßung zwischen den beiden Streithähnen gab es nicht.