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Landkreis Haßberge
Einbrecher schlief auf Friedhof ein: Jetzt muss er auf Entzug
Bei der Tat stand er so stark unter Drogen, dass ihn auf der Flucht die Müdigkeit übermannte. Nun musste sich der vorbestrafte 39-Jährige vor Gericht verantworten.
Ein Einbrecher (Symbolbild) gelangte durch ein Fenster in ein Elektrogeschäft im Maintal. Die anschließende Flucht lief allerdings nicht so, wie er es geplant hatte.
Foto: Frank Rumpenhorst, dpa | Ein Einbrecher (Symbolbild) gelangte durch ein Fenster in ein Elektrogeschäft im Maintal. Die anschließende Flucht lief allerdings nicht so, wie er es geplant hatte.
Manfred Wagner
 |  aktualisiert: 29.03.2021 10:30 Uhr

Dass der 39-jährige Angeklagte unter einem massiven Suchtproblem leidet, darüber gab es in der jüngsten Gerichtsverhandlung keinen Zweifel. Die entscheidende Frage drehte sich darum, welche Strafe den Mann dazu bringen könnte, zukünftig ein drogen- und straffreies Leben zu führen. Nach reiflicher Abwägung verurteilte ihn das Haßfurter Schöffengericht zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und ordnete die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt an.

Wodka, Bier und Speed

Laut Anklageschrift ging es um einen Vorfall vom 24. Mai 2019. An diesem Tag hatte der Beschuldigte wie üblich bereits eine Flasche Wodka, zehn Bierflaschen und mehrere Amphetamintabletten ("Speed") intus. Damals schlich sich der Drogensüchtige in der Nacht zwischen ein und zwei Uhr zu einem Elektrogeschäft mit Spenglerei in einem Ort im Maintal. Sein Plan bestand darin, in der Firma einzubrechen und Kupfer zu stehlen. Das Metall wollte er zu Geld machen – denn das brauchte er dringend, um sich mit neuem Stoff zu versorgen. Für den Einbruch nahm er Hammer, Schraubenzieher und Schraubenschlüssel mit und um anschließend schnell wegzukommen, hatte er auch sein Fahrrad dabei.

Zuerst versuchte er, eine Stahltür aufzuhebeln. Als ihm das nicht gelang, ging er einige Schritte weiter zu einem Fenster. Dort hatte er mehr Erfolg. Als er endlich in dem Gebäude war, stellte er fest, dass er in einer dunklen Garage gelandet war. Eine Taschenlampe aber hatte er vergessen. Außerdem hatte er bei seiner Aktion so viel Krach gemacht, dass der über der Garage wohnende Eigentümer aufwachte und nach unten kam. Der ältere Herr sah den Einbrecher und drohte ihm mit einem Kantholz. Daraufhin nahm der Kriminelle Reißaus.

Mitten auf dem Weg eingeschlafen

Es gelang ihm gerade noch, sich auf sein Fahrrad zu schwingen und den nahe liegenden Friedhof anzusteuern, wo er sich verstecken wollte. Zu dem Gottesacker schaffte er es noch, dann aber überwältigte ihn die Müdigkeit derart, dass er sich hinlegte und einschlief – mitten auf einem Weg. Kurze Zeit später fand ihn dort einer der alarmierten Polizeibeamten. Die Uniformierten nahmen ihn fest und brachten ihn zur Polizeiinspektion in die Kreisstadt.

Vor Gericht legte der Angeschuldigte nun ein umfassendes Geständnis ab. Ein Sachverständiger erläuterte in seinem ausführlichen psychiatrischen Gutachten sowohl dessen Biografie und Persönlichkeitsstruktur, als auch die vorhandene Drogenabhängigkeit. Wie der Arzt ausführte, kommt der Angeklagte aus einem desolaten Elternhaus. Sowohl der Vater als auch die Mutter hatten massive Alkoholprobleme. Bereits als Teenager stand er mehrfach vor dem Jugendrichter.

Zahlreiche Vorstrafen und Knast-Aufenthalte

Inzwischen umfasst sein Vorstrafenregister sage und schreibe 19 Einträge. Verurteilt wurde er immer wieder wegen Diebstählen, Einbrüchen und Sachbeschädigungen. Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz und wegen Körperverletzungen komplettieren die erschreckende Liste. Längere straffreie Zeiten erklären sich damit, dass er zwischendurch im Knast saß. Zweimal begann er wegen seiner Drogenabhängigkeit eine Therapie, zweimal brach er sie vorzeitig ab. Der Gutachter beschrieb den Angeklagten als Einzelgänger.

Was seine Sucht betrifft, sprach der Psychiater von einer "Polytoxikomanie." Darunter versteht man die gleichzeitige Abhängigkeit von mehreren Suchtstoffen, im vorliegenden Fall geht es um Amphetamine, bekannt als "Speed" oder "Pep" und vor allem um Alkohol. Es liege eine "schwerste Abhängigkeit" vor, so der Gutachter. "Er nahm, was er kriegte", sagte der Fachmann wörtlich. Fast bei allen Straftaten sei der Angeklagte berauscht gewesen und meistens ging es darum, Geld für neuen Stoff zu besorgen. Die Fachleute sprechen in diesem Zusammenhang von Beschaffungskriminalität.

Letzte Verurteilung fällt aus dem Rahmen

Die letzte Verurteilung fällt etwas aus dem Rahmen, weil es da um schlimme Körperverletzungen ging. Zum einen traktierte er seinen eigenen Vater mit Fäusten und schlug ihm eine Flasche auf den Hinterkopf, zum anderen prügelte und ohrfeigte er seine Lebensgefährtin. Dafür wurde er im Juni dieses Jahres vom Bamberger Amtsgericht zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und fünf Monaten verurteilt und in eine Entziehungsanstalt in Bayreuth geschickt. Dort befindet er sich zurzeit in einer neuen Therapie.

In seinem letzten Wort beteuerte der Drogenabhängige, dass er diesmal die therapeutische Maßnahme unbedingt erfolgreich abschließen wolle. Er habe eingesehen, dass er so nicht weitermachen könne in seinem Leben. Das Haßfurter Schöffengericht bildete aus dem Strafmaß der Bamberger Richter und dem neu verhandelten Einbruchsdiebstahl eine Gesamtstrafe von drei Jahren. Die bereits angeordnete Unterbringung in der Psychiatrie wurde bestätigt. Da alle Verfahrensbeteiligten darauf verzichteten, Rechtsmittel einzulegen, wurde das Urteil sofort rechtskräftig.

 
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