Stellen Sie sich vor, Sie gehen im Wald spazieren. Plötzlich treffen Sie auf einen Baum, der Ihnen unglaublich gut gefällt. Der Ruhe und Kraft ausstrahlt und sie für sich einnimmt. Der – obwohl Sie vielleicht noch nicht daran gedacht haben – einmal der Ort sein könnte, wo Sie beerdigt werden möchten. Solch einen Baum kann man ab sofort im Ruheforst Maintal bei Obertheres finden, der am Montagnachmittag mit einer würdigen ökumenischen Segensfeier eröffnet wurde.
Diese Andacht, gestaltet von Oberkirchenrat i. R. Gotthart Preiser und Pfarrer Dr. Christian Lutz sowie dem Musikverein Obertheres, ließ keinen Teilnehmer unberührt. Denn einerseits übt der Wald von jeher und insbesondere der Ruheforst eine starke Faszination auf den Menschen aus und andererseits galt es auch, sich mit dem Thema Tod, Bestattung und Abschied auseinanderzusetzen. Passend dazu schickte der Himmel das von der Natur dringend benötigte Regenwasser – so dass die Besucher auch gleich einen Eindruck vom Wirken der Natur erhielten.
Für den Betreiber Achim Graf von Beust war es eine große Freude, dass sein 2012 gefasster Plan von der Errichtung eines Ruheforstes in einem Teilstück seines Waldes zwischen Obertheres und Buch nun seine Vollendung gefunden hatte. „Ein Freund hatte mich auf die Idee gebracht und ich habe mich mit der Philosophie der Waldbestattung angefreundet“, erklärte er den Gästen. Die Planungs- und Genehmigungszeit sei zwar lang und schwierig gewesen. Doch jetzt könne jeder einen schönen Platz im Ruheforst finden, der sich aus jungen und alten Bäumen zusammensetze. Beust dankte dem Gemeinderat, der dem Plan letztendlich zugestimmt hatte, und allen Mitwirkenden.
Mit den Worten des Apostels Paulus „Was gesät wird, ist verweslich, was auferweckt wird, unverweslich“ eröffnete Pfarrer Lutz die Andacht, bevor Gotthart Preiser seine Gedanken zur Urnenbestattung im Wald darlegte. „Der Mensch möchte lieber in der wunderbaren Natur sein, als in der Enge seines Büros zu sitzen, und hier gibt es eine Ruhestätte, wo die Natur ihr freundliches Gesicht zeigt“, schilderte er. Jeder müsse sich der harten Realität des Todes stellen. „Doch wir können uns in der von Gott gegebenen Freiheit auch auf seine wunderbare Botschaft einlassen: dass der Tod nicht das Letzte ist. Und in der Freiheit dieses Denkens kann der Ruheforst auch ein Wald der Hoffnung sein“, so seine Worte. Das an der Andachtsstelle errichtete Kreuz als Zeichen des Todes und der Auferstehung und den Ruheforst segneten die beiden Geistlichen anschließend gemeinsam.
Dass das Leben endlich ist, hatte MdB Dorothee Bär an diesem Tag hautnah erleben müssen. Tief betroffen vom Tod ihres langjährigen, erst 35 Jahre alten Freundes MdB Philipp Mißfelder, sagte sie: „Man muss sich Gedanken über den Tod machen und es ist tröstend, den Glauben zu haben, dass das Leben damit nicht endet.“ Für sie sei wichtig, einen Ort zu haben, an dem man Abschied von einem lieben Verstorbenen nehmen und an den man immer zurückkehren könne. „Für mich strahlt dieser Ruheforst eine Atmosphäre aus, der man sich nicht entziehen kann“, betonte sie. Sie dankte dem Betreiber Achim Graf von Beust und dem Träger, der Gemeinde Theres, für diesen „würdevollen Ort“.
Auf den ersten Naturfriedhof im Landkreis zeigte sich auch der stellvertretende Landrat Michael Ziegler stolz. „Ich bin froh, dass der immer stärker werdende Wunsch nach alternativen Bestattungsformen hiermit erfüllt werden kann“, sagte er. Denn die Bestattungskultur habe sich massiv gewandelt. Ein Ruheforst biete die Möglichkeit, in der natürlichen, friedvollen Umgebung des Waldes, an den Wurzeln eines Baumes, beigesetzt zu werden, und den Angehörigen eine würdevolle Form des Abschieds. Er sei ein sehr schönes Fleckchen Erde, wo eine ganz andere Stimmung als auf einem Friedhof aufkomme. „Möge er ein Ort der Ruhe und des Friedens werden, ein Ort, an dem die Menschen Trost finden im Gebet, in der Erinnerung und in der Hoffnung“, so sein Wunsch.
Auf die überörtliche Bedeutung des Ruheforstes wies MdL Steffen Vogel hin, der die Gemeinde und Graf von Beust zu der Entscheidung beglückwünschte. Dass der Weg für den Gemeinderat nicht einfach, sondern lang und schwierig war, verdeutlichte Bürgermeister Matthias Schneider. Die Waldbestattung sei nicht unumstritten gewesen, denn normalerweise fänden Bestattungen nun mal auf einem Friedhof statt. „Doch es muss auch für jeden den idealen Ort der Ruhestätte geben und den haben wir hier gefunden“, konstatierte er. „Dieser Wald ist ein besonders schöner Ort, eine parkähnliche Anlage, in der jeder seine Seele baumeln lassen und sich an die Verstorbenen erinnern kann.“
Jost Arnold, Geschäftsführer der Ruheforst GmbH, berichtete, dass der Ruheforst Maintal der 62. seiner Art in Deutschland sei und solche Stätten ganz besondere Standards hinsichtlich der Zusammensetzung des Waldes und der Urnenbestattung erfüllten. „Mitten im Leben sind wir vom Tod umgeben und wir müssen uns damit auseinandersetzen“, betonte er. So könne man schon zu Lebzeiten ein Ruhebiotop, wie die Ruhestätten genannt würden, unter einem Baum aussuchen. Mit dem Gedicht: „Es ist der Wald wie eine Kirche, drum tritt mit Andacht dort hinein, drin singen Vöglein frohe Lieder, mit Deinem Gott bist Du allein“, verwies er auf die einzigartige Ausstrahlung des Waldes und die favorisierte, aber nicht verpflichtende Form der christlichen Bestattung in diesem Ruheforst.
Bei einer Führung durch den Ruheforst konnten sich schließlich alle Gäste ein Bild von der Form der Urnenbestattung im Wald machen. Wobei sich die Besucher, wie schon Bürger aus der Gemeinde an den Tagen zuvor, tief beeindruckt und angetan zeigten.
Der Ruheforst
Der Ruheforst wird von Graf Achim von Beust betrieben und befindet sich in Trägerschaft der Gemeinde Theres. Das Recht auf Nutzung eines Ruhe-Biotops kann für bis zu 99 Jahre erworben werden. In einem Ruhe-Biotop können bis zu zwölf Personen beigesetzt werden. Die Beisetzung in einem Ruhe-Biotop ist frei von Zwängen und richtet sich nach dem Willen des Verstorbenen oder von dessen Angehörigen. Auf Trauerzeremonien kann, muss aber nicht verzichtet werden; sie können individuell gestaltet werden. Eine namentliche Kennzeichnung des Grabes ist möglich. Ruhe-Biotope benötigen keine Pflege, da sie Teil des natürlichen Waldes sind. Sie können schon zu Lebzeiten ausgewählt werden und so wichtige Bezugspunkte sein. Die Absicherung der Kundenrechte erfolgt über einen Eintrag ins Biotopregister. Die Asche des Verstorbenen wird in einer Urne beigesetzt. Die Auswahl erfolgt gemeinsam mit Graf Achim von Beust oder Diana Tapper. Kostenlose Führungstermine im Ruheforst Maintal finden dieses Jahr jeden Mittwoch um 10.00 Uhr und jeden Sonntag um 14.00 Uhr außer an gesetzlichen Feiertagen statt. Treffpunkt ist jeweils am Parkplatz Ruheforst. Um Anmeldung unter Tel. 09521/618885 wird gebeten. Weitere Informationen sind auf www.ruheforst-maintal.de erhältlich.