Sie sind nur 40 Zentimeter hoch, bis zu zwei Kilogramm schwer und wirken doch aus der Ferne fast wie echt. Die Rede ist von Fallschirmspringern im Miniformat, die am Samstag vor der Kulisse der Hohen Wann schwebten. 40 internationale Teilnehmer trafen sich, um die Bayerische Meisterschaft im Modellbau-Fallschirmzielspringen auf dem Gelände der Modellsportgruppe Haßberge in der Flur zwischen Sylbach und Prappach auszutragen.
Aus allen Ecken Deutschlands, zum Beispiel Oberbayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Berlin, kamen die Modellsport-Begeisterten. Eine weite Anreise von bis zu 530 Kilometern hatten die internationalen Teilnehmer aus den Niederlanden, der Schweiz und Tschechien.
Eigentlich sollte das Spektakel am Himmel schon vormittags um 10 Uhr beginnen. Aber das Wetter mit seinen dicken Wolken und einem nicht enden wollenden Regen machte dem Veranstalter einen gewaltigen Strich durch die Rechnung. Normal gibt es vier Durchgänge, bei denen die kleinen Fallschirmspringer am Himmel schweben. Aber man konnte erst gegen 13.30 Uhr nach einer Wetterbesserung beginnen. So gab es dann jeweils nur zwei Sprünge pro Teilnehmer, die aber nicht minder spannend waren.
Mit drei Modellflugzeugen wurden jeweils zwei Fallschirmspringer in die Luft gebracht. In rund 300 Meter Höhe wurden dann die Springer, die an einem Absprungkasten befestigt waren, durch elektronische Impulse von diesem gelöst. Wie bei den menschlichen Vorbildern schwebt die Miniaturausgabe erst im freien Fall, ehe ebenfalls per Fernsteuerung der Fallschirm geöffnet wird. Mit Hilfe von Armbewegungen kann dann vom Boden aus gesteuert werden, wo der Springer landen soll. Optimal ist es, in einem auf dem Boden ausgelegten Zielkreis genau in der Mitte anzukommen. Für alle davon abweichenden Zielpunkte werden je nach Entfernung Strafpunkte vergeben. Gewinner ist dann derjenige, der am wenigstens Punkte in allen Durchgängen gesammelt hat. Freilich war es am vergangenen Wochenende schwer, den Mittelpunkt zu treffen, sorgte doch ein starker Wind immer wieder für überraschende Abweichungen. Immerhin zwei Teilnehmern gelang es aber, ihre Fallschirmspringer exakt im Mittelkreis zu platzieren.
Mit Andreas Hofmann aus Wonfurt und Jürgen Lindner aus Haßfurt gab es auch zwei einheimische Teilnehmer. Mit Platz 17 und 22 erreichten die beiden Haßbergler zwar nicht die Top-Ten, aber nach dem Motto „Dabeisein ist alles“ sahen es die beiden Modellbauer sportlich. Den Titel des Bayerischen Meisters erkämpfte sich Dominik Winter aus Neuburg an der Donau mit nur 97 Strafpunkte. Ihm folgten auf Platz zwei und drei mit Roland Schuler (129 Punkte) und Stefan Schuler (206 Punkte) ein Vater-Sohn-Gespann. Bester ausländischer Teilnehmer wurde auf Platz vier Pieter Visser aus den Niederlanden mit 225 Punkten.
Durch seinen Vater, der die gleiche Leidenschaft teilte, kam Jürgen Lindner zum Modellbau-Fallschirmspringen. Bereits seit stolzen 45 Jahren geht der Haßfurter nun diesem Sport schon nach. Drei Springer nennt er bereits sein Eigen, der Vierte entsteht gerade. „Rund 800 Euro und zwei bis drei Wochen Arbeitszeit, wenn man jeden Abend dran bleibt, kostet ein Springer“, berichtete Lindner, dem jedes Detail zur besseren Flugsteuerung wichtig ist. Die kleinen Männer gibt es als vorgefertigte Frästeile zu kaufen, die dann nur noch zusammengesteckt werden müssen. Der 57-Jährige bevorzugt aber, die Teile selbst herzustellen. Sehr hilfreich dabei sind zum Beispiel Baupläne, die ein Sportsfreund zur Verfügung stellt. Uwe Türk aus Dachau, der auch am Wettbewerb in Haßfurt teilnahm, hat diese auf seiner Homepage eingestellt. Alternativ können auch Dateien heruntergeladen werden, mit denen man Modellbaufräsen programmieren kann. Das Modell des Maschinenbau-Ingenieurs hat den Namen „Bruno“ und ist in der eingeschworenen Gemeinschaft der Modellbauer sehr beliebt.
Für eine perfekte Performance am Himmel ist natürlich auch der richtige Fallschirm wichtig. Christine Schuler stellt diese in liebevoller Handarbeit her. Dieses Modell wird seit Jahren erfolgreich von den besten Fallschirmpiloten geflogen. Nicht umsonst hat ihr Ehemann Roland Schuler auch den Titel des Deutschen Meisters zur Zeit inne. Individuelle Designs sind natürlich möglich, so wie man es zum Beispiel auch in Haßfurt bei einem Berliner Teilnehmer sah, auf dessen Schirm stolz der Berliner Bär thronte.
Roland Schuler hatte auch eine der drei Absprungmaschinen dabei. Die Decathlon mit einer Spannweite von stolzen 2,7 Metern und einem 60-Kubik-Motor mit 6 PS wiegt 13 Kilogramm. Mit einer maximalen Geschwindigkeit von 120 Stundenkilometern startete die Modellbaumaschine eindrucksvoll in die Höhe und klinkte dort die Fallschirmspringer aus.
Die Teilnahme an der Bayerischen Meisterschaft in Haßfurt brachte den einen oder anderen Teilnehmer auch ein Stück weiter im Kampf um die „European Para Trophy“, eine Art Europapokal für Modellfallschirmspringer. Hierfür gibt es insgesamt zehn Meisterschaften im In- und Ausland. Man muss an mindestens vier davon teilnehmen, um in die Wertung zu kommen.
Die Modellsportgruppe Haßberge gibt es in dieser Form bereits seit 40 Jahren. Sie ist aus einer losen Gemeinschaft von Modellbauern entstanden. Das Vereinsgelände wurde seinerzeit von der damals noch selbstständigen Gemeinde Prappach gekauft und seitdem in zahllosen ehrenamtlichen Arbeitsstunden auf den heutigen Stand hergerichtet.
105 Mitglieder zählt der Verein, davon sind rund 80 Prozent aktiv, berichtete Vereinsvorsitzender Klaus Reinwand. Im Sommer herrscht auf dem Gelände fast jeden Tag Flugbetrieb, wobei die Modelle nicht unterschiedlicher sein könnten. Neben den Fallschirmspringern gibt es auch Motorflieger, Hubschrauber, Segelflugzeuge und sogar ein Turbinen-Jet, der mit Kerosin betrieben wird, ist hier beheimatet. Organisiert ist der Haßfurter Verein im Deutschen Modellfliegerverband (DMFV). Dessen Gebietsvertreter ist Gunar Hollmann aus Ebelsbach. Der DMFV als größter Dachverband in Deutschland hat 90 000 Mitglieder in 13 000 Vereinen. Alleine 115 Vereine gibt es im Gebiet Franken, zu dem organisatorisch auch die Oberpfalz zählt. Der Dachverband unterstützt die Vereine beim Umgang mit den Behörden, nimmt Platzzulassungen vor und hat eine eigene Rechtsabteilung, auf die die Mitglieder zurückgreifen können, sollte es mal zu Streitigkeiten kommen.