Wie gegensätzlich die Positionen sind, das wurde immer wieder auf Versammlungen in Rügheim deutlich: „Die Wanzenburg wegreißen“ – so hieß es auf der einen Seite. „Sie prägt das Ortsbild. Sie muss erhalten bleiben“ – so wurde dagegen gehalten. Die Diskussion um die „Alte Schule“ in Rügheim dauert inzwischen beinahe Jahrzehnte. Und könnte – eher überraschend – bald schon der Vergangenheit angehören. Ein Sonder-Fördertopf hat sich aufgetan, berichtete Bürgermeister Wolfgang Borst auf der Sitzung des Stadtrats.
Was sie von Abriss halten, das wird bei Günter Denninger und Helmut Treuter schnell deutlich. In jedem Zimmer des genau 140 Jahre alten Gebäudes werden bei den beiden Hofheimer Stadträten Erinnerungen wach. Knallrot ist der große Raum im ersten Stock gestrichen, eine alte Lautsprecherbox steht noch herum, eine Zeit lang war er von der Dorfjugend genutzt worden, hier waren die Klassen fünf bis acht untergebracht, erinnern sich die beiden Stadträte aus Rügheim.
Fast jeder Raum im Haus ist bei den beiden mit Erinnerungen verbunden. Im Erdgeschoss etwa erinnert noch ein herrlicher alter Kachelofen daran, dass hier einmal die Lehrerwohnung war. „Weggerissen ist das alles schnell, aber . . .“ – Treuter und Denninger meinen damit eines: Das Haus ist vielleicht marode, aber es ist Bestandteil der Geschichte der Ortschaft und prägt das Ortsbild als Teil des Ensembles Kirche, Rathaus, Gasthaus und Schüttbau. Zudem, so Treuter: Nicht nur das Haus prägt das Ortsbild mit, sondern in ihm wurden auch viele Rügheimer mitgeprägt.
Ziemlich genau 100 Jahre diente es als Schulhaus – bis Anfang der 1970er Jahre. Anschließend wurden Räume unter anderem von den Jugendlichen und einer Sozialstation genutzt. Immer wieder gab es Diskussionen, das Haus mit neuem Leben zu erfüllen: So unter anderem auch einmal als Gästehaus zum Tagungs- und Kulturzentrum Schüttbau. Kostenschätzungen waren damals inklusive einem Anbau von rund 1,4 Millionen Euro ausgegangen. Die aktuellen Kosten: Knapp eine Million Euro, berichtete Bürgermeister Borst auf der Sitzung des Stadtrats. Dass man das Projekt nun überhaupt in Angriff nehmen will – und da gab es keine Gegenstimme im Stadtrat – ist die Höhe der Förderung, die ein Sonder-Fördertopf in Aussicht stellt: 80 Prozent. Den Rest müssten sich dann Kommune und Bürger – die Rügheimer Vereine – teilen. Bereitschaft aus Rügheim sei signalisiert worden.
Betrachte man den Anteil, den die Stadt übernehmen müsse, dann sei der wohl nicht höher als die Kosten, die man zu tragen hätte, wenn man das Gebäude abreißen und einen Platz gestalten würde, erklärte Bürgermeister Borst zu den Kosten.
Allerdings steht hinter der Umsetzung noch ein Fragezeichen, denn: Das Projekt „Alte Schule“ steht im Wettbewerb mit anderen Projekten in Bayern. Nur eine geringe Anzahl werde berücksichtigt. Dennoch ist Borst optimistisch, dass das Projekt realisiert werden kann, das dann nicht mehr „Alte Schule“, sondern „lebendige Mitte“ heißen soll: Zum einen, weil im Stadtteil Rügheim der Wille für solch ein „Gemeinschaftshaus“ vorhanden ist. Räume werden dann vorgehalten für alle Altersgruppen, im ersten Stock sollen Versammlungsräume entstehen.
Aber was ebenfalls wichtig ist und für Borst einen „Glücksfall“ darstellt: Von Stadtplaner Dag Schröder gab es bereits umfangreiche Vorplanungen, auf die man nun schnell zurückgreifen könne. Und schnelle Umsetzbarkeit sei eine der Voraussetzungen, um bei der Förderung zum Zuge zu kommen.
Die Sanierung würde eine Komplettsanierung bedeuten, berichtete Borst weiter: Außen und Innen, zudem müsste ein behindertengerechter Zugang geschaffen werden. Im ersten Obergeschoss wird zudem eine Küche eingerichtet. Nicht saniert wird das Dachgeschoss: Lediglich der Dachboden wird isoliert. Zudem muss ein Aufzug angebracht werden. Dies und die Sandstein-Außensanierung sorgten für die hohen Kosten, erklärte Borst auf Nachfrage von Jürgen Bergmann. Wie denn der weitere Ablauf sei, wollte Michaela Just wissen: Es gebe bereits einen Vorbescheid, erklärte Borst. Jetzt müsse das Ratsgremium dem Vorhaben zustimmen und erst dann, wenn die endgültige Förderzusage komme, würde man auch loslegen.
Die Frage der Folgekosten für die Stadt sprach Burkard Mantel an: Man habe natürlich überprüft, ob man das Haus nicht den Vereinen übertragen könne, aber aus fördertechnischen Gründen müsse die Stadt nun als Bauherr eintreten, erklärte Borst. Über die weiteren Folgekosten müssten dann Vereinbarungen mit den tatsächlichen Nutzern geschlossen werden.