Beim Tag der offenen Gartentüre am Sonntag, 22. Juni, gibt es in Zeil ein Gärtlein, das es in sich hat. Hier stehen einst gerne genutzte Gewürz- und Heilpflanzen, heißt es in einer Pressemitteilung.
Weinraute und Sonnenhut kennt man ja zur Not noch, aber Alant oder Engelwurz? Und wie ist es mit Alraune, Stechapfel, Bilsenkraut und Belladonna – der Schwarzen Tollkirsche? Es sind vielfach Pflanzen, die man in der Natur wild wachsend antreffen kann. Das Wissen um ihre Heilkraft und wie man Blätter oder Wurzeln anwendet, all das ist jedoch verloren gegangen.
Beim Tag der offenen Gartentüre in Zeil wollen die Verantwortlichen nicht nur den Blick schärfen für das „Frische Grün in alten Mauern“, wie das Motto heißt, sondern sie wollen auch einen kleinen Einblick geben in die Geschichte. Schließlich hält die Stadt mit ihrem Hexendokumentationszentrum die Erinnerung an die entsetzlichen Hexenverbrennungen wach, die hier zu Beginn des 17. Jahrhunderts stattgefunden haben. Als Hexen verschrien waren oftmals naturverbundene Menschen, vor allem Hebammen und Frauen, die um die Heilkraft und Wirkung von Pflanzen wussten. Der Tag der offenen Gartentüre will eine Verbindung vom Heute in das Mittelalter schaffen, deswegen wurde der Hexengarten angelegt.
Einstige Naturmedizin
Die Idee dazu hatte bei einem der vielen Vorgespräche in den vergangenen Monaten der Biologe Bernhard Reiser, der in Zeil wohnt. Und Mit-Organisatorin Christa Schlegelmilch griff sie sofort auf. Viele Türen öffneten sich dann für diesen Gedanken, einstige Naturmedizin sichtbar zu machen.
So gab Familie Amon ein Stück Grund als Leihgabe, den die Männer des Obst- und Gartenbauvereins unter der Führung von Günter Schneider und Ulrich Dölker umgruben und vom Unkraut befreiten. Das Grundstück liegt genau am Rundwanderkurs für den Tag der offenen Gartentüre bei den so genannten Grabengärten, einer alten Kleingartenanlage im historischen Stadtkern. Die Stadt brachte etwas neuen Boden. Den Garten legten dann Christa Schlegelmilch sowie Horst und Christel Babel an, und sie pflegten ihn. Die Pflanzen besorgte man von der „Kräuterfrau im Steigerwald“, Kerstin Hertinger.
Der Weg schlängele sich nicht ohne Grund durch das Minigärtchen, wie Christa Schlegelmilch erklärt, „denn es waren ja auch verschlungene Wege, die die Kräuterkundigen kennen mussten“. Sie freut sich sehr, dass die Zeiler dieses Gemeinschaftsprojekt gestemmt haben.
Mittlerweile hat sie weitere Helfer gefunden: Das Wasser kommt von der Sparkasse, deren Hausmeister den Hahn aufdreht. Die Lebenshilfe Augsfeld fertigt ein Schild für den Hexengarten an. Und in Steinbach formt Simone Kamm 60 Namensschilder aus Ton für die Pflänzchen.
Ringbuch
Auf lange Sicht soll noch ein Ringbuch mit Informationen über die Pflanzen entstehen. Das kann dann bei den Rundgängen genutzt werden, die man nach dem Tag der offenen Gartentüre über Volkshochschule und Hexendokumentationszentrum starten will. Das Hexengärtchen soll möglichst eine bleibende Einrichtung sein.
Jetzt richtet sich der Blick der Zeiler erst einmal auf das Ereignis am 22. Juni. Bis dahin arbeiten etliche Gartenbesitzer daran, dass sich ihr grünes Wohnzimmer in Top-Form präsentiert. Der Obst- und Gartenbauverein hofft darüber hinaus, dass möglichst alle Hausbesitzer in der Innenstadt an diesem Tag ihre Anwesen so zeigen, dass sich die Stadt den Besuchern gegenüber von ihrer schönsten Seite offenbart. 28 Hausbesitzer öffnen ihre Gärten. Es sind neue und alte Gärten, Höfe voller Grün und alte Parkanlagen. 30 Kunstgewerbeanbieter zeigen ihre Waren entlang des Weges. Und auch den Kindern sollte es nicht langweilig werden. An der in den vergangenen Jahren sanierten Altach kann man wunderbar im kniehohen Wasser auf Entdeckungsreise gehen. Auf dem Marktplatz dürfen die Kinder Tontöpfe bemalen, die erst vor kurzem mit Tagetes-Pflanzen besetzt worden sind. Eine große Tombola wird auch bestückt.
Noch interessant: Am Tag der offenen Gartentüre ist ausnahmsweise der Rosengarten am Finanzamt geöffnet. Ebenfalls sehenswert, weil neu angelegt, ist der Barockgarten am Barockhaus der Familie Doster im Adlergäßchen.
Interessenten für einen Marktstand wenden sich an den Vorsitzenden des Obst- und Gartenbauvereins, Günter Schneider, Tel. (0 95 24) 17 53.