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HAßBERGKREIS
Ein einstiger Exportschlager wird erforscht
Von unserem Mitarbeiter Peter Schmieder
 |  aktualisiert: 15.12.2020 15:17 Uhr

Sandstein aus dem Landkreis Haßberge war in der Vergangenheit ein Exportschlager, der nicht nur in Franken, sondern beispielsweise auch in München oder Berlin verbaut wurde. Mit der „Erlebniswelt Fränkischer Sandstein“ in einem Steinbruch bei Breitbrunn soll bald ein Ort entstehen, an dem Besucher etwas über diese Geschichte erfahren können. Um diese Ausstellung vorzubereiten, sind momentan mehrere Heimatforscher damit beschäftigt, die Geschichte des Sandsteinabbaus in der Region gründlich aufzuarbeiten.

Federführend ist der Bauingenieur im Ruhestand, Professor Reinhard Kulick aus Mainz, für die Recherche verantwortlich. Beteiligt sind mit Heinrich Weisel und Alois Umlauf aus Zeil, sowie Mark Werner aus Sand außerdem drei Heimatforscher, die dem Historischen Verein Landkreis Haßberge angehören.

Bei einer Ausgrabung 1986 stellte sich heraus, dass der heimische Sandstein offenbar schon vor 3000 Jahren verwendet wurde. Damals entstanden aus ihm die Befestigungswälle einer Ansiedlung auf dem großen Knetzberg. Insgesamt war der Wall, den die Archäologen seinerzeit fanden, acht Meter breit. Befestigt war er an beiden Seiten mit einer Trockensteinmauer, also mit Mauerwerk, das nicht von Mörtel zusammengehalten wird, sondern aus den aufeinander liegenden Steinen besteht. „Hierfür mussten etwa 50 000 Kubikmeter Material bewegt werden, die Mauersteine sind mit etwa 5000 Kubikmeter in dieser vorsichtigen Schätzung enthalten“, heißt es in einem Bericht des Historischen Vereins über die Geschichte des heimischen Sandsteins.

Auch in späteren Epochen wurde der Sandstein häufig für Trockenmauern verwendet. Ein Modell einer solchen Mauer ist im Museum Oberschwappach zu sehen. Spätestens mit den Kelten kam eine weitere Verwendung dazu: Sie nutzten den Sandstein als Rohmaterial für Bildhauer. So entstanden Stelen und Statuen, die unter anderem auf Grabhügeln aufgestellt wurden.

Im Mittelalter stieg der Bedarf an Steinen rasant an, weshalb die Menschen in der Region immer mehr Steinbrüche anlegten. Burgen, Brunnen, Kirchen und Klöster entstanden aus dem fränkischen Sandstein, ab dem Spätmittelalter kamen auch Bürgerhäuser und Stadtmauern dazu. Auch nach dem Mittelalter bauten die Menschen weiter mit dem fränkischen Sandstein. Im Staatsarchiv Bamberg fanden die Heimatforscher unter anderem in einer Forstrechnung des Amtes Zeil einen Eintrag aus dem Jahr 1609, aus dem hervorgeht, dass die Steine für den Bau des Pfarrhofs in Knetzgau verwendet wurden.

Im Dreißigjährigen Krieg (1618 – 1648) hatten neuartige Waffen gezeigt, dass alte Verteidigungsanlagen wertlos geworden waren. Daher wurde ein Großteil der Burgen und Stadtmauern zum Abbruch freigegeben, die alten Steine fanden in neuen Bauten Verwendung. So entstanden aus den alten Steinen neue Bauwerke wie Schlossbauten und repräsentative Bürgerhäuser. Bei der Burg Scherenberg bei Oberschwappach ging es so weit, dass das Material nicht nur abgetragen wurde. Auf der Suche nach Steinen, die sie verbauen konnten, gruben die Baumeister sogar die alten Fundamente aus.

Konkurrenz bestand zwischen den Steinmetzen und der Forstwirtschaft. Denn wo Steinbrüche entstanden, konnte kein Holz mehr geschlagen werden. So findet sich beispielsweise in einem Eintrag der Hofkammer von 1756 der Eintrag, dass man „in der Sander revier den weiteren Steinabbau gänzlich untersagt hat“. Zur Begründung heißt es, dass dieser „der waldung mehrer schad als nützt“. Im Zeiler Forst bei Bischofsheim kam es dagegen ab 1760 zu einem vermehrten Abbau von Sandstein.

Nach Jahrhunderten, in denen auf den Sandstein nicht verzichtet werden konnte, gab es in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts einen großen Einschnitt: Durch die industrielle Herstellung von Ziegelsteinen gab es nun einen neuen Baustoff, der die alten Natursteine verdrängte. Um den Knetzberg herum wurden daher Steinbrüche aufgegeben und verschwanden wieder unter der Bewaldung. Etwas anders sah es in Zeil, Ebelsbach und Eltmann aus. Da Sandstein auch in der Industrie für die Herstellung von Schleifsteinen benötigt wurde, kam es hier zu einem Boom. Dass sich gerade die Steinbrüche in diesen Orten halten konnten, liegt wohl daran, dass sie ab 1852 an der Ludwigs-West-Bahn, der Eisenbahnstrecke durch das Maintal lagen. Durch das neue Verkehrsmittel konnten die Steinbrüche neue Märkte erschließen.

Doch Sandstein ist nicht gleich Sandstein. An verschiedenen Orten kommen verschiedene Arten vor, die unterschiedlich aussehen und verschiedene Eigenschaften haben. „Eine regionale Besonderheit ist der Schilfsandstein in der Region um Eschenau“, heißt es daher im Bericht der Heimatforscher. Denn während in Zeil und Sand vor allem grünes Gestein vorkommt, gibt es bei Eschenau größere Mengen an rötlichem Sandstein. „Aus diesem Grund finden wir unter anderem in Westheim und Oberschwappach auffallend viele Häuser aus rotem Sandstein.“ Als „optisch weniger ansprechend, aber meist deutlich witterungsbeständiger“ beschreiben sie den Blasensandstein, der in höher liegenden Schichten vorkommt und unter anderem am Zabelstein abgebaut wurde. Ein markantes Gebäude aus diesem Stein ist unter anderem der Wallburg-Turm in Eltmann.

Am Ende ihres aktuellen Berichts weisen die Heimatforscher außerdem darauf hin, dass die Forschungen noch nicht abgeschlossen sind und noch einige Ortsbegehungen anstehen. Daher sei „wohl noch mit manchen überraschenden Erkenntnissen zu rechnen, zum Beispiel bei den sogenannten ,Thereser Löchern? am Zabelstein“.

Die Geologie des Nordsteigerwaldes: Seine Sedimente wurden vor etwa 215 bis 232 Mio. Jahren im Zeitalter des „Mittleren Keuper“ abgelagert. Da man zwischen Grundgips und Lehrbergschichten immer wieder auf Gips-Knollen oder -bänkchen trifft, nennt man diesen Abschnitt „Gipskeuper“. Eine besonders große „Knolle“ ist zum Beispiel am Parkplatz des Zeller Sportheimes zu sehen.
Foto: Grafik: Mark Werner | Die Geologie des Nordsteigerwaldes: Seine Sedimente wurden vor etwa 215 bis 232 Mio. Jahren im Zeitalter des „Mittleren Keuper“ abgelagert.
Die Schummerkarte zeigt das Relief am östlichen Zabelstein südlich von Oberschwappach. In der Natur ist das Gelände heute nahezu vollständig bewaldet und die alten Steinbrüche sind kaum zu erkennen. Durch den Schattenwurf der Karte aber sind die Eingriffe gut sichtbar. Beim großen Abbaugebiet rechts unten dürfte es sich um den Kohlberg aus der Karte von 1538 handeln.
Foto: Repro: Reinhard Kulick | Die Schummerkarte zeigt das Relief am östlichen Zabelstein südlich von Oberschwappach. In der Natur ist das Gelände heute nahezu vollständig bewaldet und die alten Steinbrüche sind kaum zu erkennen.
Die Karte von 1538 soll die Position von Grenzsteinen verdeutlichen. Die Beschriftung (oben ist Süden) am oberen Bildrand zeigt von links nach rechts: Knetzberg, Bickenbacher Wald, Kolberg, Scherenberg, Schleifsteig, Zabelstein. Auffallend ist, dass die Berghänge ohne Bewaldung dargestellt sind, was der damaligen Realität sehr nahe kommen dürfte.
Foto: Peter Schmieder | Die Karte von 1538 soll die Position von Grenzsteinen verdeutlichen. Die Beschriftung (oben ist Süden) am oberen Bildrand zeigt von links nach rechts: Knetzberg, Bickenbacher Wald, Kolberg, Scherenberg, Schleifsteig, ...
 
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