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Ein Buch über den Sinn des Lebens
Das Gespräch führte Frederik Sauer
 |  aktualisiert: 15.12.2020 15:12 Uhr

Haßfurt Axel Hackes Kolumnen unter der Rubrik „Das Beste aus aller Welt“ erscheinen seit fast 27 Jahren wöchentlich in der Süddeutschen Zeitung. Bis heute erfahren sie großen Zuspruch bei den Lesern. Der 60-Jährige erhielt zahlreiche Preise, seine mittlerweile 22 Bücher wurden in mehrere Sprachen übersetzt. Am Dienstag, 25. April, wird Hacke im Rahmen des Haßfurter Literaturfestivals in der Stadthalle einen breiten Einblick in sein literarisches Schaffen geben. Im Fokus wird auch seine neueste Veröffentlichung stehen: „Die Tage, die ich mit Gott verbrachte“. Dabei handelt es sich um eine Geschichte voller seltsamer Ereignisse – heiter und ernst zugleich. Das HT führte im Vorfeld ein Interview mit dem Wahlmünchner.

Herr Hacke, wie kam es dazu, dass Sie Kolumnist wurden? War das Zufall oder ein persönliches Ziel?

Axel Hacke: Eigentlich beides – ein Ziel, das ich durch Zufall erreicht habe. Man kann sich ja nicht einfach irgendwo bewerben und sagen, ich würde gerne jede Woche eine Kolumne schreiben. Kolumnen waren damals, als ich begann, in den Neunziger Jahren, eh etwas Ungewöhnliches. Als das Magazin der Süddeutschen Zeitung 1990 gegründet wurde, habe ich mit dem neuen Chefredakteur darüber geredet, was ich für die schreiben könnte. Aber alle Themen, die ich vorschlug, gefielen ihm nicht. Und was er wollte, mochte ich nicht. Da habe ich am Schluss aus lauter Verzweiflung schon im Weggehen vorgeschlagen, ich könnte kleine Geschichten über eine Familie mit drei Kindern schreiben. Da war er sofort begeistert, und das war meine erste Kolumne: „Der kleine Erziehungsberater“. Und weil die gleich sehr erfolgreich war, bin ich dabei geblieben.

Was ist das Schöne beziehungsweise Schwierige an dieser Textgattung?

Hacke: Das Schöne ist die regelmäßige dauerhafte Präsenz und die Bindung zwischen Autor und Lesern, die sich daraus ergibt. Das Schwierige ist: nie in eine Routine zu verfallen, jeden Text als etwas komplett Neues zu betrachten, als ständige Herausforderung und immer neue Überraschung für den Leser. Eine Kolumne erscheint immer am gleichen Tag in der gleichen Länge vom gleichen Autor, und in dieser Regelmäßigkeit muss es ständige Veränderung geben.

Eine Kolumne ist sehr subjektiv und zum Teil auch privat. Bei einer so auflagenstarken Zeitung wie der Süddeutschen öffnet man sich ja doch sehr einer weiten Öffentlichkeit. Haben Sie damit schon einmal schlechte Erfahrungen gemacht?

Hacke: Eigentlich nicht. Die meisten Leute sind doch sehr respektvoll und anständig. Und wenn sie es nicht waren: Das ließ sich eigentlich immer aushalten.

Haben Sie gewisse Routinen oder Eigenheiten, die Ihre Kolumnen auszeichnen?

Hacke: Das kann ich selbst schlecht beschreiben. Ich mache das ja auch aus dem Gefühl und dem Bauch heraus. Aber es zeichnet eine Kolumne natürlich schon aus, dass man sie erkennen würde, auch wenn der Name des Autors nicht drüber steht.

Wie kommt man jede Woche auf gute Ideen, durch die man die Leserschaft an sich binden kann? Gibt es da auch kreative Krisen?

Hacke: Meine Leben ist, in dieser Hinsicht, eine Dauerkrise. Die Angst, dass einem nichts einfällt oder es nicht gut wird, die bleibt immer und wird eher schlimmer. Aber das genau gehört dazu. Es bedeutet ja nichts anderes, als dass man Respekt hat vor der Aufgabe. Hätte man den nicht mehr, wäre es bald vorbei.

Eines Ihrer erfolgreichsten Bücher heißt „Das kolumnistische Manifest“. Ist das nur im Titel eine Anspielung auf das kommunistische Manifest von Karl Marx und Friedrich Engels? Oder steckt mehr dahinter?

Hacke: Nein, nein, da steckt schon was dahinter. Dieses Manifest ist ein Bekenntnis des Autors: Sei immer da für deine Leser, lasse sie nie im Stich, langweile sie nicht, und zeige ihnen, dass auch Menschen wie der Autor, die zu klarer Analyse, logischem Denken und eindeutigen Bekenntnissen unfähig sind, ihren Platz im Leben finden können, als Kolumnist zum Beispiel.

Haben Sie eine „Lieblingskolumne“, die Sie bisher verfasst haben?

Hacke: Nein, ich neige nicht dazu, meine eigenen Texte zu lieben, ich sehe eher ihre Schwächen.

Was hat Sie dazu bewogen, eine Auswahl Ihrer besten Kolumnen als Buch zu veröffentlichen?

Hacke: Na ja, irgendwann waren es halt mehr als tausend. Und da dachte mein Verlag, es wäre schön, die besten davon mal rauszusuchen und zusammenzustellen. Sie haben mir dafür Geld geboten. Und Geld kann man immer brauchen, nicht wahr?

Sie stellen bei Ihrem Besuch in Haßfurt Ihr neuestes Buch vor, die Monografie „Die Tage, die ich mit Gott verbrachte“. Darin zeichnen Sie ein sehr außergewöhnliches Gottesbild. Ihr Protagonist sitzt zunächst mit Gott auf einer Parkbank. Beide erleben im Verlauf skurrile Dinge. Sind Sie selbst ein gläubiger Mensch? Ist dieses Gottesbild auch Ihr persönliches?

Hacke: Nein, das zeigt ja mein Buch, dass ich kein gläubiger Mensch bin. Der Gott in dieser Geschichte ist ein melancholischer, von sich selbst ein wenig enttäuschter, sogar trostbedürftiger alter Herr, eine Figur, die ich schon lange im Kopf hatte. Und irgendwann, besonders nach den Attentaten in Paris 2015, dachte ich: Über den müsste man jetzt mal schreiben. Im Buch geht es um die Begegnung des Erzählers mit diesem Gott, um die Auseinandersetzung zwischen diesen beiden. Es geht nicht um Glauben, aber um den Sinn des Lebens geht es in dem Buch schon.

In der Ankündigung für Ihren Besuch in Haßfurt ist davon die Rede, dass Ihre Lesungen eine „Wundertüte voll verschiedenster Geschichten“ sind. Worauf können sich die Zuhörer in Haßfurt denn einstellen?

Hacke: Ich lese natürlich aus dem neuesten Buch, also aus „Die Tage, die ich mit Gott verbrachte“. Aber ich lese nie nur aus einem Buch, ich mache das sehr spontan, lese und erzähle auch viel, habe die älteren Bücher dabei, und bemühe mich, dass es abwechslungsreich, kurzweilig und nachdenklich zugleich wird.

Sie kommen am 25. April zum Literaturfestival nach Haßfurt. Haben Sie von diesem Ort vor Ihrer Einladung überhaupt schon einmal etwas gehört?

Hacke: Nein, kein bisschen. Aber das ist ja das Schöne an diesen Lesereisen, dass man Orte kennenlernt, in die man sonst vielleicht nie gereist wäre. Ich habe schon ganz Deutschland auf diese Weise bereist, es ist großartig, und das wird es auch in Haßfurt sein.

 
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