Man hört eine Stimme im Hintergrund, ein Kind will da wissen, welche Nummer es ist. „Die 162“ antwortet Steffen Vogel schnell, damit ist sein Sitzplatz im Landtag gemeint: Am Montag hat der frisch gebackene Parlamentarier an seiner ersten Landtagssitzung teilgenommen. Zuvor jedoch erkundete er mit Lebensgefährtin Katrin Ittensohn, Kindern und Mutter den Plenarsaal. Und in dem Augenblick, als die Heimatzeitung bei ihm anrief, wollte sich der Sohnemann gerade auf Papas schickem roten Sessel fotografieren lassen. Und brauchte dafür die richtige Nummer.
Nicht nur die Familie war ein wenig aufgeregt, auch der 38-jährige CSU-Politiker selbst wirkte ein klein wenig nervös. Zwar hatte er schon die erste Fraktionssitzung hinter sich gebracht, bei der die CSU Horst Seehofer zum Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten kürte. Doch die erste Plenarsitzung stand noch bevor. „Es ist ein bisschen wie am ersten Schultag“, beschrieb der Rechtsanwalt seine Eindrücke zwischen der Vorfreude auf die nächsten vier Jahre in München, den anfänglichen Orientierungsschwierigkeiten und der Bürde der großen Verantwortung.
Gewählt ins Maximilianeum hatten ihn die Bürger im Stimmkreis Haßberge/Rhön-Grabfeld bei der Landtagswahl am 15. September mit 53 Prozent der Erststimmen. Doch wie alle anderen Neulinge ist Vogel erst seit Montag offiziell Landtagsabgeordneter. „Und das wird in den nächsten Jahren der absolute Schwerpunkt meiner Tätigkeit sein“, kündigte der Familienvater aus Theres an. Nebenher allerdings hat der Jurist in der Schweinfurter Kanzlei Pickel & Partner noch laufende Verfahren abzuwickeln, obwohl er in der letzten Zeit keine neuen Mandate mehr angenommen hat. Seine Zulassung als Rechtsanwalt wird Vogel nicht zurückgeben, „das macht doch niemand“, vermerkte er diesbezüglich.
Am Montag durfte der heimatliche Vertreter in München im Landtag gleich zum ersten Mal seine Stimme im Plenarsaal abgeben – bei der Bestätigung von Barbara Stamm als Landtagspräsidentin. „Freilich habe ich sie gewählt“, machte Vogel bei einem zweiten Telefonat am Nachmittag kein Geheimnis aus seiner Wahl und freute sich gleichzeitig über den hübschen Stimmkarten-Kasten. Drei „Scheckkärtchen“ verleihen künftig seiner Überzeugung Stimme, „Ja“ ist blau, „Nein“ rot und weiß die Enthaltung. Mit der gelben Karte muss jeder Abgeordnete nachweisen, dass er an einer Abstimmung teilgenommen hat.
„All das muss man erst einmal lernen“, meinte Vogel, der seinen Einstieg in die Parlamentsarbeit als Findungsphase bezeichnete. Mit Spannung blickte der Politiker am Montag auf den Mittwoch, denn da wolle Ministerpräsident Seehofer sein Kabinett präsentieren. Da gehe es nicht nur um Personalien, sprich Minister und Staatssekretäre, sondern um die Ministerien selbst. Von der Zahl und Art dieser Häuser hänge es ab, welche Ausschüsse der Landtag bildet. Vogel würde gerne in den Wirtschaftsausschuss und viel weniger gerne in den Rechtsausschuss. Wer bereits Mitglied in einem Ausschuss war, bleibt auch in diesem Gremium, hat der Thereser inzwischen erfahren, Frischlinge müssen folglich mehr oder weniger nehmen, was sie kriegen. Vielleicht bildet ja auch das Heimatministerium einen interessanten Ausschuss, blickte Vogel nach vorne.
Der Landtag tritt immer mittwochs zusammen, seine Ausschüsse dienstags und donnerstags. Egal welchem Ausschuss er angehören wird, braucht Steffen Vogel in der Landeshauptstadt eine Bleibe – und die hat er auch schon gefunden. Er hat einfach das Abgeordnetenbüro von seinem Vorgänger Dr. Bernd Weiß übernommen. Es liegt in der Max-Planck-Straße keine 500 Meter vom Maximilianeum entfernt. Und ist nicht nur Büro, sondern verfügt auch über Küche, Bett und Bad. Für diesen Wohnanteil zahlt Vogel extra. Was ihm alles als Abgeordneter zusteht, muss er in der nächsten Zeit erst herausfinden. Von Bernd Weiß übernehmen werde er auf alle Fälle dessen Haßfurter Wahlkreismitarbeiter Sebastian Schilling. Ob er sich für Bad Neustadt einen weiteren Mitarbeiter sucht, wisse er noch nicht genau. Anspruch auf Personal in München hat er nicht.
So wie die Mehrzahl der bayerischen Schulkinder am Beginn eines neuen Schuljahres mehr oder weniger freiwillig in die Kirche geht, so marschierte Steffen Vogel mit vielen Parlamentskollegen am Montagvormittag zum ökumenischen Gottesdienst in den Münchner Dom, um Beistand von oben für die neue Legislaturperiode zu erbitten. Die Münchner kennen ihre Kathedrale praktisch nur als „Frauenkirche“. Daran und an vieles Münchnerische mehr wird sich der aus dem kleinen Wasmuthhausen stammende Unterfranke Steffen Vogel alsbald gewöhnt haben.