Ein Ehepaar aus dem Landkreis Haßberge hat sich auf ein abenteuerliches Finanzierungskonzept eines Finanzberaters eingelassen. Nun besteht die Gefahr, dass das Paar sein gesamtes Vermögen verliert.
Im Mai 2010 suchte das Ehepaar nach einer Möglichkeit, den seit rund zehn Jahren laufenden Kredit für ihr Eigenheim umschulden zu lassen. Von Freunden wurde ihnen ein Finanzberater aus dem Haßbergkreis empfohlen. Der tischte ihnen am Wohnzimmertisch die Idee auf, für 407 000 Euro ein Doppelhaus zu bauen, um mit den zu erwartenden Mieteinnahmen das Eigenheim abzubezahlen. Auf das Ehepaar, das drei minderjährige Kinder hat, würden keine finanzielle Mehrbelastungen zukommen, versprach der Finanzberater. Denn das Doppelhaus sollte zu 100 Prozent über einen Kredit finanziert werden.
Das Ehepaar glaubte den Versprechungen und unterschrieb einen Kreditantrag einer Internetbank, der ihnen vom Finanzberater vorgelegt worden war. Der Mann habe dann nachträglich die Angaben im Antrag gefälscht, ohne dass das Ehepaar dies mitbekommen habe, behauptet Rechtsanwältin Alexandra Weingart, die das geschädigte Ehepaar vertritt. Denn statt einer Eigenbeteiligung des Ehepaars von null Euro für die Finanzierung des Doppelhauses habe der Berater wahrheitswidrig Eigenmittel von 27 200 Euro eingetragen. Außerdem habe der Berater die Bausumme fälschlicherweise erhöht. Aufgrund dieser Angaben habe das Ehepaar von der Bank tatsächlich die Zusage für den Kredit in Höhe von 407 000 Euro erhalten – und daraufhin im Juli 2010 den Vertrag zum Erwerb des Doppelhauses unterschrieben.
Schon im August 2010 begannen die Bauarbeiten. Der Finanzberater habe das Ehepaar an eine Bauträger-GmbH, ebenfalls aus dem Landkreis Haßberge, vermittelt. Das ganze Vertragswerk war dreigeteilt:
• Der Finanzberater hatte mit dem Verkäufer des Baugrundstückes den Grunderwerb alleine eingefädelt. Das Ehepaar und der Verkäufer des Baugrundstücks sahen sich erstmals beim Notar-Termin.
• In einem Bauvertrag wurde die Erstellung des Rohbaus für 261 800 Euro geregelt.
• Daneben gab es noch einen Bauvermittlungsvertrag für den Innenausbau über insgesamt 71 200 Euro. Der Vertrag sieht vor, dass der Bauträger zwar als Vertreter der Bauherren auftreten durfte, die Bauherren (also das Ehepaar) aber direkte Vertragspartner für die Handwerker waren.
Es kam, wie es kommen musste. Als das Budget für die Handwerksleistungen nicht ausreichte, wurde das Ehepaar von den Handwerkern direkt in Haftung genommen. Man sieht sich jetzt mit Forderungen in Höhe von weiteren 65 000 Euro konfrontiert, aktuell laufen drei Zivilklagen der Handwerker gegen das Ehepaar. „Meine Mandanten verlieren jetzt möglicherweise ihr selbstbewohntes Haus und ihre wirtschaftliche Existenz“, fürchtet die Rechtsanwältin, sie müssten möglicherweise ins Privatinsolvenzverfahren.
Von der Festpreisgarantie wolle der Bauträger nichts mehr wissen, sagt Weingart. Der Geschäftsführer des Bauträgers hingegen betont in einem Gespräch mit dieser Zeitung, er habe sich am Festpreis gehalten. Allerdings hätten die Bauherren zusätzliche Leistungen gewünscht, die nicht im Festpreis enthalten waren, zum Beispiel die Außenanlagen.
Die Eheleute haben sich von der Internetbank inzwischen die Verträge vorlegen lassen, aufgrund derer die Auszahlungen von der Internetbank an die Bauträger GmbH erfolgt ist. Hierbei zeigte sich, dass der Internetbank Unterlagen vorgelegt wurden, in denen der Bauvertrag plötzlich mit 283 000 Euro und der Bauvermittlungsvertrag mit 77 000 Euro beziffert sind. „Selbst auf der Kopie ist erkennbar, dass die Zahlen in den Verträgen mit Tipp-Ex ausgebessert wurden“, erklärt die Rechtsanwältin. Wer die Zahlen geändert haben könnte, das sagt die Anwältin nicht.
Außerdem habe das Ehepaar auf Aufforderung des Vermittlers „vorab Blanko-Auszahlungsanweisungen an den Geschäftsführer des Bauträgers übergeben“, sagt die Anwältin. Der Finanzberater habe dem Ehepaar nämlich suggeriert, so seien die Abwicklung einfacher und der Baufortschritt schneller. Diese Schecks seien dann „falsch ausgefüllt“ worden und zudem seien die Summen wesentlich früher als zu den vereinbarten Fälligkeitsterminen abgebucht worden. Der Geschäftsführer des Bauträgers lässt diesen Vorwurf nicht auf sich sitzen. Er habe niemals Blanko-Anweisungen erhalten, betont er.
Die Geschädigten haben im Dezember 2011 Anzeige erstattet, sowohl gegen den Finanzberater als auch gegen den Geschäftsführer der Bauträgergesellschaft. Die Staatsanwaltschaft Bamberg hat das Ermittlungsverfahren gegen den Geschäftsführer eingestellt, weil kein hinreichender Tatverdacht besteht.
„Die Staatsanwaltschaft hat nicht hinreichend ermittelt“, kritisiert jetzt die Anwältin. Die Ermittler hätten weder Zeugen vernommen, die bei dem Bauträger beschäftigt gewesen sind, noch hätten sie Unterlagen von der kreditgebenden Internetbank angefordert, behauptet sie. Auch dies sieht der Geschäftsführer der GmbH anders. Es seien sehr wohl Mitarbeiter seiner Firma befragt worden und es seien auch Unterlagen von der Internetbank angefordert worden. Er habe diese Unterlagen bei einer von ihm beantragten Akteneinsicht selbst gesehen.
Das Verfahren gegen den Finanzberater hat die Staatsanwaltschaft inzwischen ebenfalls eingestellt. Aber aus einem anderen Grund: weil in einem anderen Verfahren wegen Meineids der Mann eine hohe Strafe zu erwarten hat und sein möglicher Betrug bei der Bildung einer Gesamtstrafe nicht wesentlich straferhöhend ins Gewicht fallen würde. Die Rechtsanwältin hat gegen beide Einstellungen Rechtsmittel eingelegt.