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Eichelsdorf
Eichelsdorf: Die "Schwedenschanze" wird 90 Jahre alt
Lange war nicht sicher, ob der Turm fertig gestellt werden könnte. Und vor 20 Jahren dachte der Kreistag über einen endgültige Abriss nach.
Er gehört zu den Wahrzeichen der Haßberge und des gleichnamigen Landkreises: Der neue Aussichtsturm auf der Schwedenschanze
Foto: German Schneider | Er gehört zu den Wahrzeichen der Haßberge und des gleichnamigen Landkreises: Der neue Aussichtsturm auf der Schwedenschanze
Werner Mock
 |  aktualisiert: 08.02.2024 12:14 Uhr

Am 22. Juni 1930, das war ein Sonntag, mithin also vor fast genau 90 Jahren, fieberten die Stadt Hofheim, der Haßbergverein und der Rhönklubzweigverein Hofheim einem besonderen Ereignis entgegen: Der Einweihung des Aussichtsturmes auf der Schwedenschanze. Bereits am Samstag herrschte im reich beflaggten und geschmückten Hofheim reger Betrieb und so kamen die Gäste teils zu Fuß, teils mit dem Auto oder der Bahn herbeigeeilt. Mit einem musikalischen Sonntagmorgenweckruf, pünktlich um 6 Uhr, wussten die Hofheimer diesen großen Festtag damals einzuleiten.

Bei der Einweihung floss der Gerstensaft reichlich

Die Zahl der bei der Einweihung auf der Schwedenschanze erschienenen Gäste wurde auf 1500 geschätzt. Den 24 Meter hohen Turm, der von der Firma Manger und Söhne erstellt wurde, bestiegen an diesem Tag über 1000 Personen. Weiter ist dokumentiert, dass in den Nachmittagsstunden mit der Kapelle Hempfling unter den schattigen Bäumen eine gemütliche Stimmung herrschte und dem Gerstensaft tüchtig zugesprochen wurde. Zwei gut besuchte Festbälle im Weissenseel- und Günther-Saal beschlossen diesen denkwürdigen Tag.

Von nun an war der Turm der Öffentlichkeit zum Besuch freigegeben, war Anziehungspunkt und Wanderziel für Einheimische und Fremde. Ein Schlüssel konnte damals gegen Unterschrift in den umliegenden Ortschaften geholt werden.

Bauherren müssen Konkurs anmelden

Dass der Turm Wirklichkeit werden würde, stand lange Zeit nicht fest. Es war der Vorstand des Rhönclubs, der den Einfall hatte, einen morschen Vorgängerbau unbestimmten Alters durch einen massiven Turm zu ersetzen. Den Plan erstellte der damalige Kreisbaumeister von Hofheim. Der ehrgeizige Wille zum Bauen reichte nicht aus. Das Geld fehlte hinten und vorne. Zugesagte Zuschüsse blieben aus, eine Lotterie für den Turmbau brachte nicht den erhofften Erfolg und Behörden versagten ihre Hilfe. Die Vollendung des Turmes blieb aus. Die Bauherren meldeten Konkurs an. Der Turm gelangte in den Besitz des damaligen Landkreises Hofheim. Dem neugegründeten Haßbergverein wurde die Betreuung des Turmes anvertraut. Nach Ablauf von zwei Jahren bot der Kreis dem Haßbergverein den Turm als Eigentum an. Dieser willigte ein, denn neben den Einnahmen gab es auch noch einen Zuschuss vom Bayerischen Staatsministerium.

Festanzeige im Boten vom Haßgau 1930 
Foto: Werner Mock | Festanzeige im Boten vom Haßgau 1930 

Im 2. Weltkrieg wurde der Turm stark beschädigt und musste wieder in Stand gesetzt werden. Der Haßbergverein war damit finanziell überfordert. 1968 wurde ein Antrag auf Zuschüsse aus dem Grenzhilfeprogramm gestellt, der auch genehmigt wurde. Die Schwedenschanze sollte insbesondere Schülern "Einblicke" in die sowjetisch besetzte Zone geben. Der Turm wurde 1969 und 1970 aufgestockt und mit einer Kanzel versehen.

Nach jahrzehntelangem Ausflugsvergnügungen folgte vor 20 Jahren der Schock:  Da die Wetterunbilden an der hölzernen Konstruktion nagten und Probebohrungen ergaben, dass die Holzquerschnitte durch Feuchtigkeit teilweise schon bis zu 80 Prozent vermorscht waren, wurde der Turm gesperrt. Im Mai 2000 beschloss der Kreistag die vollständige Demontage der Holzkonstruktion. Ob ein Wiederaufbau erfolgen sollte, blieb vorerst ungewiss.

Ein Hinweis eines der Gremiumsmitglieder im Kreistag, man sollte - falls der Turm Ruine bleibt- an Möglichkeiten zum Nisten von Fledermäusen denken, regte zum entschiedenen Widerstand an. Hofheims damaliger Bürgermeister Hubert Eiring: "Wir haben nur zwei Wahrzeichen in der Umgebung, die Bettenburg und die Schwedenschanze. Die sollte wieder so entstehen, wie sie war."

Entscheidung im Oktober 2000: Der Turm wird neu gebaut

Im Oktober 2000 war alles klar: Für rund 500 000 D-Mark sollte nach Beschluss des Kreistags Haßberge der Aussichtsturm auf der Schwedenschanze im neuen Glanz entstehen. Im Zeitplan, den Architekt Dag Schröder darlegte, war als Einweihungstag der 24. Mai 2001 vorgesehen. Doch dieser konnte nicht eingehalten werden.  

Durch einen ovalen Aufbau der oberen Konstruktion des Turmes in Anlehnung an die angrenzenden Wallanlagen wären die Kosten explodiert, sodass eine Überarbeitung der Konzeption erforderlich wurde. Zudem verzögerten sich die Abbrucharbeiten der baufälligen Holzkonstruktion mit asbesthaltigen Platten, da diese als solche zunächst nicht erkannt wurden. Dazu verhinderten viele Regenfälle, dass der Kranwagen den schmalen Weg auf den Höhenzug meistern konnte, so dass ein schweres Bergungsfahrzeug notwendig war, um ihn die letzten 200 Meter zum Turm zu ziehen.

Die Kanzel nach der Teilung
Foto: German Schneider | Die Kanzel nach der Teilung

Ursprünglich war geplant, das Dach und die Kanzel des Turmes in einem Stück herunter zu hieven. Doch böiger Wind verhinderte dieses Vorhaben und so blieb den Zimmerleuten nichts anderes übrig, als in gefährlicher Höhe Dach und Kanzel in der Mitte auseinander zu sägen und dann mit dem Kran, der 37,5 Meter in den Himmel ragte, abzusenken.

Rund 17 Tonnen verzinkter Stahl wurden in rund 600 Arbeitsstunden passgenau bei der Firma RST-Stahlbau in Niederlauer vorgefertigt und an vier Tagen an Ort und Stelle zusammengefügt. Eine zehn Meter hohe verschraubte Stahlkonstruktion mit einem Gewicht von über acht Tonnen wurde nach drei Tagen hochgehoben, auf dem Steinturm millimetergenau abgesetzt und sofort verankert. Anschließend erfolgte der weitere Aufbau.

Am Freitag, 31. August 2001, übergab Architekt Dag Schröder den Schlüssel für den Turm an Landrat Rudolf Handwerker und der schloss stolz die dicke Eichentür auf. Dann bestiegen Festgäste und Wanderer erstmals den neuen Turm mit seinen exakt 131 Stufen. Vom 30. Mai bis 02. Juni 2002 fand ein großes Einweihungsfest statt. Hauptorganisator dieser Großveranstaltung war der damalige Bürgermeister Hubert Eiring.

Und in der Tat, die ganzen Tage herrschte ein Kommen und Gehen von vielen Gästen aus nah und fern, die zu Fuß, per Rad oder im Buspendelverkehr zur Schwedenschanze kamen, vergleichbar wie bei der Eröffnung des Turmes vor 90 Jahren.

Wichtiger Ausgangspunkt für Wanderungen

Auf Grund der aktuellen Bestimmungen zur Eindämmung des Coronavirus ist momentan der Aussichtsturm geschlossen. Trotzdem ist die Schwedenschanze, oft Ausgangspunkt für schöne Rundwege, ein lohnendes Ziel. An den Wochenenden ist die Dr. Krahmer-Hütte neben dem Turm von 10 bis 18.00 Uhr geöffnet, hier gibt es Brotzeiten und Kaffee und Kuchen.  

 
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