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HAßFURT (MW)
Ehemalige Zeugin auf der Anklagebank
Redaktion
 |  aktualisiert: 15.12.2020 15:23 Uhr

Mit den Worten „Wenn man als Zeuge vor Gericht lügt, ist das praktisch ein Angriff auf die Justiz“, fuhr Staatsanwalt Christian Lang in seinem Plädoyer schweres Geschütz auf. Auf der Anklagebank saß eine 30-jährige Frau, Mutter von zwei kleinen Kindern. Als ihrem ehemaligen Lebensgefährten vor einem guten Jahr der Prozess gemacht wurde, wollte sie ihn mit einer falschen Zeugenaussage entlasten. Der Schuss ging nach hinten los, denn nun wurde sie wegen uneidlicher Falschaussage zu einer dreimonatigen Bewährungsstrafe verurteilt.

Hintergrund der ganzen Sache war ein Familiendrama, das sich am Sonntag, 14. Juli 2013, auf dem Edeka-Parkplatz in Haßfurt abgespielt hatte. Damals kam es zu einem Stelldichein zwischen einer Mutter und ihrem Sohn. Bei diesem handelte es sich eben um den oben genannten Lebensgefährten. Es kam damals zu einer hässlichen Szene mit tätlichen Auseinandersetzungen. Dabei schlug der 32-jährige Mann seiner Mutter mit der Faust ins Gesicht.

In der seinerzeitigen Verhandlung wegen Körperverletzung hatte die nun Angeklagte behauptet, ihr Freund sei unschuldig gewesen, weil der überhaupt nicht aus seinem Auto ausgestiegen sei. Schon damals schenkte das Gericht dieser Gefälligkeitsaussage keinen Glauben, weil es einen unbeteiligten und völlig neutralen Augenzeugen gab, der das Gegenteil schilderte. Daraufhin wurde der Mann zu einer sechsmonatigen Haftstrafe ohne Bewährung verurteilt. Nachdem der besagte neutrale Zeuge jetzt nochmals gehört wurde, gab es auch für Amtsrichterin Ilona Conver keinen Zweifel daran, dass die Frau damals gelogen hatte.

Zu einem juristischen Geplänkel kam es, als der damalige Verurteilte in den Zeugenstand gerufen wurde. Der Mann hatte als Rechtsbeistand seinen Anwalt Jürgen Borowka dabei. Der Advokat beharrte auf dem Zeugnisverweigerungsrecht seines Mandanten, weil dieser mit einer Aussage „sich oder einen Angehörigen der Gefahr der Strafverfolgung aussetzen“ würde. Angesichts der aus seiner Sicht eindeutigen Sachlage verzichtete letztendlich der Staatsanwalt auf diesen Zeugen.

Obwohl die Frau strafrechtlich gesehen eine weiße Weste trägt, forderte der Vertreter der Anklage eine empfindliche Strafe. Die Verpflichtung zur Wahrheitsaussage als Zeuge sei ein hohes Rechtsgut, führte er aus. Im Gegensatz zum Staatsanwalt beantragte die Verteidigerin Vera Rosenzweig einen Freispruch. Sie argumentierte, dass ihre Mandantin„im Kernbereich“ nicht gelogen habe, weil sie unter einem extremen psychischen Druck stand und einfach das ausgesagt habe, woran sie sich eben erinnerte.

Die Gerichtsvorsitzende betonte in ihrer Urteilsbegründung, dass falsche Zeugenaussagen häufig zu Fehlurteilen führten. Die verhängte Freiheitsstrafe wird zwei Jahre lang zur Bewährung ausgesetzt. Angesichts der desaströsen finanziellen Verhältnisse der Frau verzichtete die Richterin darauf, zusätzlich eine Geldauflage zu verhängen. Gegen das Urteil kann Berufung eingelegt werden.

 
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