Gähnende Leere herrscht am Ebelsbacher Rapid-Sportgelände. Wenn da nicht eine kleine Gruppe junger Mädchen wäre. Während nebenan ein paar Tennisspieler die gelbe Filzkugel übers Netz hauen, nimmt der Leichtathletik-Nachwuchs sein Training wieder auf – das erste Mal seit Ende Februar. Vier Zehn- bis Zwölfjährige werden von ihren Eltern zum Trainingsgelände gebracht. Am Eingang warten vier markierte Bereiche mit ausreichend Abstand auf die jungen Sportlerinnen, die es aber kaum abwarten können, die so lange leer gebliebene Tartanbahn und den trotz komplett entfallener Benutzung kurz geschorenen Rasen mit Leben zu erfüllen.
Nora, Veronika, Lina und Jana sind die ersten der zehnköpfigen Altersgruppe beim SV Rapid Ebelsbach, die das Training wieder aufnehmen. Mehr Teilnehmer sind pro Einheit nicht zugelassen, die zweite Gruppe folgt zwei Tage später. Übungsleiter Timo Zirnsak hat im Vorfeld alles abgeklärt, nachdem der BLSV und die bayerische Staatsregierung das Training unter gewissen Voraussetzungen wieder frei gegeben haben. Auch die Gemeinde und der Verein haben ihr OK gegeben, die Eltern der Kinder sind ebenfalls einverstanden, wenn nicht sogar froh, dass ihre Sprösslinge die Übungen wieder vom Wohnzimmer ins Sportgelände verlegen.
Kinder bei Laune halten
Den Kindern ist die Ungeduld deutlich anzumerken, die gut zehn trainingsfreien Wochen endlich zu beenden – nicht nur aus sportlicher Sicht. Timo Zirnsak weiß, dass er den Nachwuchs gerade in diesem Alter ständig bei Laune halten muss, nimmt dafür auch gerne den einen oder anderen Scherz in Kauf, der auf seine Kosten geht. "Hauptsache, die Kinder haben ihren Spaß", sagt der 46-Jährige und lacht auch über zarte Hinweise aus der Gruppe auf seine minimal angegrauten Haare mit.
Aktuell ist es für den C-Schein-Inhaber mit dem normalen Training aber nicht getan. Er muss eine Dokumentation führen, eine Anwesenheitsliste und natürlich darauf achten, dass alle Regeln eingehalten werden. "Die sportlichen Corona-Regeln sind wichtig, für jeden echten Sportler aber auch kein Thema. Sportler kennen Regeln und wissen, wie man damit umgeht. Außerdem", verdeutlicht Zirnsak, "sind sie wichtig, um allen Nicht-Sportlern zu zeigen, dass wir verantwortungsbewusst vorgehen", weiß der Ebelsbacher um die besonderen Anforderungen in besonderen Zeiten.
Sonder-Regeln verinnerlicht
Mit seinen vier Sportlerinnen füllt Timo Zirnsak schon zum Aufwärmen einen Bereich, der in etwa den Strafraum eines Fußballfeldes umfasst – der Abstandsregel sei Dank. Den Kindern scheint das allerdings nichts auszumachen. Die Freude, endlich wieder gemeinsam Sport treiben zu können, überwiegt. Auch der Abstand zu den Freundinnen scheint kein Problem, ist schon längst Gewohnheit, zumal auch seit einer Woche wieder Schulbetrieb herrscht. Zirnsak hat die ganze Zeit mehr Probleme, seine Anweisungen durch die Maske – im Gegensatz zu den Kindern trägt der Trainer seine "Rapid-Maske" – hindurch verständlich zu machen, als auf die Abstandsregel zu achten. "Abklatschen und Berührungen sind natürlich nicht drin." Aber auch das haben die Mädchen verinnerlicht.
"Die Kinder sollen schnell wieder ihren vertrauten Ritualen und Bewegungsmöglichkeiten und Hobbys nachgehen können. Vertraute Alltagsabläufe sollen ihnen Sicherheit geben. Ich finde, der Umgang und die Gefahren von Corona sollen den Kindern dabei nicht verleugnend oder verharmlosend, sondern einfach nur achtsam vorgelebt werden," sagt der Bankkaufmann und gestaltet das Training nach dem Motto: "Gemeinsam da durch" und nicht: "Augen zu und durch".
Ein Ende der Langeweile
Verzichten müssen die Mädchen allerdings auf das in normalen Zeiten vorgesehene Abschlussspiel, bei dem das Abstand halten nicht umgesetzt werden könnte. Dafür gibt es jetzt ein Quiz zur Konzentrationsschulung. "Hauptsache, der Spaßfaktor kommt nicht zu kurz", sagt Zirnsak. Der Übungsleiter ist sich sicher, mit den eineinhalb Stunden Training ein kleines bisschen Normalität in den Alltag der Schülerinnen zu bringen.
Timo Zirnsak weiß um die Bedeutung des Sports gerade für die Kinder. "Es ist wertvoll, wenn sie wieder schnell Bewegung und Sport in der Gruppe mit anderen haben. Es ist einfach gut für die Entwicklung." Wie gut, ist während der Übungseinheit deutlich zu spüren: Die Kinder haben jede Menge Spaß, fühlen sich wohl und sind gleichzeitig motiviert, die über Wochen angestaute Energie in sportliche Übungen umzusetzen. Sie freuen sich nicht nur auf Weitsprung und Laufen, sondern einfach auf ein Ende der Langeweile und auf die grauen Strähnen des Trainers.