„Wir bitten Sie nochmals ausdrücklich darum, sich bei den anstehenden Entscheidungen zum Insektenschutzpaket im Bundestag für praxistaugliche Lösungen für unsere landwirtschaftlichen Betriebe einzusetzen. Ebenso sollten ungerechtfertigt einbezogene landwirtschaftliche Nutzflächen aus der Gebietskulisse von Naturschutzgebieten herausgenommen werden.“ Dies betonte Dieter Reisenweber im Namen der BBV-Kreisvorstandschaft Haßberge bei einem Treffen mit Staatsministerin Dorothee Bär (CSU), bei dem die Landwirte der abgeordneten aus Ebelsbach entsprechende Anträge und Informationen zum anstehenden Gesetzgebungsverfahren überreichten, das in der nächsten Woche in Berlin beginnt.
Dieter Reisenweber aus Untermerzbach vertrat gleichzeitig etwa 100 Grundstückeigentümer der „Interessengemeinschaft Itz-, Rodach- und Baunachgrund“ aus den Landkreisen Haßberge (Unterfranken) sowie Bamberg, Lichtenfels und Coburg (Oberfranken) mit dem Ziel und Zweck, die Anliegen der Eigentümer und Bewirtschafter im „Natura 2000-Mangementprozess“ einzubringen.
Versprechen in den Augen der Landwirte gebrochen
Innerhalb des FFH-Gebietes, das eine Gesamtfläche von 1455 Hektar umfasst, lägen 435 Hektar Flächen, die einem Lebensraumtyp zugeordnet werden könnten. Darunter sind 363 Hektar magere Flachlandmähwiesen. Im SPA-Gebiet seien in einer Gesamtfläche von 3725 Hektar, aber über 600 Hektar Ackerland ausgewiesen, „welche nie Grünland, geschweige denn „Lebensraumtyp-relevantes Grünland waren“.
Mit dem geplanten „Aktionsprogramm Insektenschutz“, so Dieter Reisenweber, müsse befürchtet werden, dass diese – während der Ausweisung und Planung wiederholt gemachten Versprechen und Aussagen – nicht mehr gelten und doch Einschränkungen auf einbezogenene Flächen des FFH-Gebietes zu erwarten seien. Damit wäre nach dem ohnehin schon mit Einschränkungen behafteten „Verschlechterungsgebot“ und bewirkten Nachteil bei der Schädlingsbekämpfung der nächste große Schritt einer Verschärfung von Vorgaben gegeben.
„Dies mussten wir schon beim extremen Mäusebefall im Jahre 2015 hinnehmen. Auch jetzt sind unsere Wiesen von Mäusen durchlöchert und wir dürfen sie nicht bekämpfen. Sollte noch ein Funke Glaubwürdigkeit in staatliches Handeln erhalten werden, ist es zwingend erforderlich und notwendig, diese Flächen aus dem FFH-Gebiet herauszunehmen.“
Unterschied zwischen Theorie und Praxis
Reisenweber gestand ein, dass sich zwar schon einiges bewegt habe, „aber die Praxis sieht eben anders aus als die Theorie, wo zu viele Ideologien verwurzelt sind. Wir haben weniger Einkommen und deswegen stehen die Bauern auf der Straße. Das Volksbegehren haben wir schon geschluckt, aber jetzt hebelt der Bund noch einmal am Insektenschutz und wir müssen aufpassen, dass uns nicht noch mehr zugemutet wird. Schon jetzt müssen sich Landwirte im südlichen Teil ihre Rechte für Wiesen erstreiten.“
Die persönliche Betroffenheit brachte auch Betriebsleiter Stefan Hetterich zum Ausdruck, der in Zeil einen Mischbetrieb mit rund 200 Rindern und Mastbullen betreibt. Er bearbeitet 303 Hektar, wovon 35 in verschiedenen Naturschutzgebieten und Natura-2000-Gebieten lägen, speziell in den Mainauen bei Augsfeld, der Hohen Wann sowie im Naturschutzgebiet Altmain und Sandmagerrasen Limbach.
Landwirt Hetterich betonte: „Wir müssen aufpassen, was man überhaupt noch darf. Dabei darf man nicht nur die Landwirtschaft sehen; auch durch Straßen und Neubaugebiete wird immer mehr die Nutzbarkeit eingeschränkt. Wir haben schon in Grünflächenprogrammen 100 Prozent der Flächen in einem Vertragsprogramm. Jetzt sollen die Ackerflächen auch noch mit reinkommen. Wir können doch nicht sämtliche Ziellösungen aus der Landwirtschaft leisten. Ich brauche auch noch intensives Futter für die Tierhaltung und nicht nur dürre Stengel. Auch zwei Familien sollen aus diesem Betrieb leben.“
Die Wildgänse sind immer noch da
Das Ansinnen der Bundesregierung zeige, dass die ursprünglichen Versprechen und Aussagen von Politik und Verwaltung nicht mehr gelten und ständig das Risiko bestehe, dass noch weitere Einschränkungen auf einbezogenen Flächen in Naturschutzgebieten zu erwarten seien. In diesem Zusammenhang erinnerte er auch an das zusätzliche Problem mit den Wildgänsen in der Mainaue und sprach von einer „zähen Geschichte, bei der wir auf der Stelle treten“.
„Für den Betrieb Hetterich würde die Vorgabe bedeuten, dass fast 25 Hektar Ackerland nicht mehr wie bisher bewirtschaftet werden könnten. Das bedeutet große finanzielle Einbußen. Deshalb halten wir den Antrag auf Herausnahme seiner Ackerflächen aus der Schutzgebietskulisse absolut gerechtfertigt und unterstützen das vollumfänglich“, meinte Fachberater Klaus Pieroth vom BBV.
Die Landwirte schaffen es nicht allein
Auch der unterfränkische BBV-Bezirkspräsident Stefan Köhler führte mit Nachdruck aus, dass der Focus nicht allein auf die Landwirtschaft liegen dürfe. Es gebe viele andere Bereiche, das gelte insbesondere beim Flächenverbrauch. Der Pflanzenschutz sei sogar von Bayern ausgegangen, aber dafür müsse man Alternativen bekommen. Insekten- oder Gewässerschutz müssten entschädigt werden. In Bayern werde jetzt schon jeder zweite Hektar mit Umweltmaßnahmen bewirtschaftet.
„Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion wird den Gesetzentwurf unter Einbindung von Fachleuten auf die Wirksamkeit für den Insektenschutz, aber auch die Auswirkungen auf die Land- und Forstwirtschaft ausführlich diskutieren. Natur- und Insektenschutz gehen nur gemeinsam mit der Landwirtschaft“, betonte Staatsministerin Dorothee Bär, die darauf hinwies, dass ihr Wahlkreis bayernweit am meisten von diesen Vorgängen betroffen sei.
Das Gesetzgebungsverfahren werde in der nächsten Woche mit der öffentlichen Anhörung beginnen, aber Bundesministerin Klöckner habe schon im Vorfeld eine Reihe von Ausnahmen angekündigt. So dürfe in FFH-Gebieten, sofern sie nicht gleichzeitig Naturschutzgebiete sind, beim Anbau aller Sonderkulturen gespritzt werden, also beispielsweise im Obst-, Wein, Gemüse- oder Hopfenanbau. Auch auf den Äckern in FFH-Gebieten außerhalb von Naturschutzgebieten dürften weiter Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden; ebenso soll es in Vogelschutzgebieten keine Verbote geben.
Es gibt finanzielle Anreize
Wie von den Landwirten gefordert, bleibe der kooperative Ansatz zur freiwilligen Reduzierung von Pflanzenschutzmitteln mit finanziellen Anreizen bestehen. Ziel der CSU sei es weiterhin, „die Pflanzenschutzmittel-Anwendung durch freiwillige Maßnahmen zu reduzieren.“
So überreichten die Vertreter des BBV an Staatsministerin Dorothee Bär ihre Anträge, zahlreiche Flächen ohne eigentliches Schutzziel aus den Gebietsausweisungen herauszunehmen und dafür zu sorgen, dass die Bewirtschaftung von Ackerflächen in Naturschutzgebieten in der „bisherigen Form“ weiterhin möglich sein muss.