zurück
Bamberg
Drogenprozess in Bamberg: Angeklagte sollen im Raum Haßfurt im großen Stil mit Crystal Meth gedealt haben
Mindestens 15 Mal soll ein 36-Jähriger in Tschechien Drogen eingekauft haben, um sie im Haßbergkreis zu verkaufen. Mitangeklagt war sein Fahrer.
Vor dem Landgericht Bamberg müssen sich derzeit zwei Männer verantworten, die mehrfach zum Drogenkauf nach Tschechien gefahren sein sollen.
Foto: Lukas Reinhardt | Vor dem Landgericht Bamberg müssen sich derzeit zwei Männer verantworten, die mehrfach zum Drogenkauf nach Tschechien gefahren sein sollen.
Martin Schweiger
 |  aktualisiert: 22.11.2023 03:14 Uhr

Bis zu seinem 31. Lebensjahr verlief das Leben eines heute 36-Jahre alten Angeklagten aus dem Maintal, der am Donnerstag auf der Anklagebank des Landgerichts saß, weitgehend drogenfrei. Dann lernte er seine damalige drogenabhängige Freundin kennen, mit der er nach eigener Aussage drei Jahre lang täglich Methamphetamin ("Crystal") konsumierte. Er habe sich gefühlt "wie eine Leiche", seine Nase habe vom Schnupfen der Drogen gebrannt und er habe einige Zähne verloren.

Informanten und Telefonüberwachung

Um seinen Konsum zu finanzieren, unternahm er laut Anklageschrift regelmäßige Einkaufsfahrten in das tschechische Cheb (deutsch: Eger), wo er jeweils mindestens 100 Gramm Crystal zum Einkaufspreis von circa 25 Euro pro Gramm auf dem dortigen "Dragon Markt" einkaufte, um es im Raum Haßfurt von seiner Wohnung aus für 125 Euro zu verkaufen. Rund 30 bis 40 Gramm der Droge konsumierte er im Monat selbst.

Ins Visier der Kripo Schweinfurt geriet der 36-Jährige durch Aussagen der Informanten "Mike" und "Susi". In der Folge wurde das Mobiltelefon des Angeklagten überwacht. Durch die Auswertung von Funkmastdaten, in denen sich das Handy eingeloggt hatte, und den SMS-Kontakt mit tschechischen Dealern konnten die Fahrten in die Tschechei dokumentiert werden. Zudem wurden Telefonate abgehört.

Wohnungsdurchsuchung fördert einige verbotene Gegenstände zutage

Als der Angeklagte am 14. Juni dieses Jahres abends von einer Einkaufsfahrt zurückkehrte, klickten in Haßfurt die Handschellen. Seitdem sitzen der Angeklagte und sein 49-jähriger Fahrer aus dem Landkreis Rhön-Grabfeld in Untersuchungshaft. Bei einer Wohnungsdurchsuchung fanden die Polizeibeamten eine geringe Menge Haschisch, 100 unverbrauchte Druckverschlusstütchen und ein verbotenes Springmesser in der Wohnung des Haupttäters, der damals einen Beamten als "kleiner dicker Rassist" titulierte.

Seit Donnerstag müssen sich die beiden Angeklagten am Landgericht wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie Beihilfe dazu verantworten. In einem Rechtsgespräch hatten sich die Parteien bereits auf einen Strafrahmen geeinigt. Bedingung dafür waren Geständnisse der Angeklagten. Den vorbestraften 36-jährigen Haupttäter erwartet somit eine Freiheitsstrafe von fünf bis sechs Jahren. Der nicht vorbestrafte Fahrer muss wegen Beihilfe mit einer Freiheitsstrafe zwischen drei Jahren und vier Monaten und drei Jahren und zehn Monaten rechnen, sagte der Vorsitzende Richter Markus Reznik.

Anwalt des Mitangeklagten: Festnahme war ein Glücksfall

Laut Rechtsanwalt Andreas Dräger, der den Haupttäter vertrat, seien nur vier der 15 angeklagten Drogenbeschaffungsfahrten nachvollziehbar. Der Einkaufspreis habe lediglich bei rund 35 Euro pro Gramm, der Verkaufspreis bei 80 bis 100 Euro pro Gramm gelegen.

Thomas Gärtner, der Anwalt des Fahrers, gab an, die Vorwürfe gegen seinen Mandanten seien "grundsätzlich richtig". Sein Mandant habe pro Fahrt drei bis sechs Gramm Crystal, Spritgeld und 100 bis 150 Euro erhalten. Er habe sich durch den Drogenkonsum Gesundheit und sein Leben ruiniert und seine Arbeitsstelle verloren. Die Festnahme sei ein Glücksfall gewesen. "Er hätte sich sonst um sein Leben konsumiert", sagte der Anwalt.

Haupttäter hatte kein leichtes Leben

Nach Angaben von Psychiater Dr. Thomas Wenzke hatte der 49-jährige Fahrer im Frühjahr 2021 einen Drogenabhängigen kennengelernt, der ihm Crystal in den Arm spritzte. Nach der Festnahme habe er in der Untersuchungshaft versucht, sich das Leben zu nehmen, da er Angst vor der Haft hatte. Bei dem Gespräch habe der Angeklagte aus Angst vor dem Gefängnisaufenthalt geweint.

Der Haupttäter selbst habe alles andere als ein leichtes Leben gehabt, so der Psychiater. Die Mutter war Alkoholikerin, die mit 52 Jahren starb. Seinen Vater habe er nicht kennengelernt. Von seinem Stiefvater sei er mit einer Dachlatte geschlagen worden. Dennoch habe der 36-Jährige eine Ausbildung erfolgreich abgeschlossen und unter anderem als Schichtleiter gearbeitet.

13 Vorstrafen quer durch das Strafgesetzbuch

Er steht nicht zum ersten Mal vor Gericht. 13 Einträge quer durch das Strafgesetzbuch stehen in seinem Strafregister, von Leistungserschleichung, Körperverletzungen, Diebstählen bis hin zu fahrlässigem Vollrausch und Verkehrsdelikten. Als 20-Jähriger verbrachte er bereits zwei Wochen in Jugendhaft. Längere Zeit hinter Gittern verbracht hatte er jedoch noch nicht.

Dies könnte sich am Dienstag, 21. November, ändern. Denn dann wird am zweiten Verhandlungstag das Urteil erwartet.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Bamberg
Martin Schweiger
Drogensüchtige
Festnahmen
Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte
Vollrausch
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top