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Haßfurt
Drei Jugendliche, ein Ziel: Die Politik soll jünger werden
Selina Schorr, Emilia Rosatti und Yannick Reuß wollen eine Schülerunion gründen. Sie soll nicht CSU-lastig sein, sondern eine parteiunabhängige Jugendorganisation.
Die Politik braucht junges Blut: Yannick Reuß (von links), Selina Schorr und Emilia Rosatti wollen eine Schülerunion im Landkreis Haßberge gründen.
Foto: Martin Sage | Die Politik braucht junges Blut: Yannick Reuß (von links), Selina Schorr und Emilia Rosatti wollen eine Schülerunion im Landkreis Haßberge gründen.
Martin Sage
 |  aktualisiert: 29.03.2021 10:44 Uhr

Drei Jugendliche, eine Überzeugung: Ihre Generation kann die Welt verbessern und schon bald Entscheidendes zur Lösung der großen Probleme wie Klimawandel oder soziale Ungleichheit beitragen. Wenn man sie nur lässt - und das je früher, desto besser.  Diesem Wunsch nach politischer Mitbestimmung will aber ein Anfang gesetzt sein: Selina Schorr aus Krum, Emilia Rosatti aus Goßmannsdorf und Yannick Reuß aus Haßfurt wollen im Landkreis Haßberge eine Schülerunion gründen. Sie soll Heranwachsenden helfen, sich eine eigene politische Meinung zu bilden, und sie ermuntern, sich aktiv in die Politik einzumischen.

Sie wollen Wissen und Selbstbewusstsein vermitteln

"Die Jugend ist in der Politik unterrepräsentiert", bedauerte Selina Schorr am Mittwoch im Gespräch mit dieser Redaktion. Damit meint die 16-jährige Gymnasiastin die Kommunalpolitik ebenso wie Landtag oder Bundestag. Dass die Älteren ein echtes Bedürfnis haben, dieses Missverhältnis geradezurücken, egal auf welcher politischen Ebene, daran glauben auch Yannick Reuß und Emilia Rosatti nicht. Da muss die Jugend schon selber ran. So ist es der Ansatz des Trios, den Altersgenossen staatsbürgerliches Know-how zu vermitteln und damit politisches Selbstbewusstsein einzuflößen. Wer über beides verfügt, kann auf sich aufmerksam machen und für seine Interessen eintreten.

Der ideale Weg, Heranwachsende für die Teilhabe der Politik zu begeistern, ist für die drei jungen Haßbergler eine "Schülerunion Haßberge", die sie am Sonntag in Sand am Main zu gründen gedenken. Das klingt ziemlich nach Junger Union (JU), der Jugendorganisation von CDU und CSU. Und in der Tat sind Selina Schorr, der gleichaltrige Realschüler Yannick Reuß und die ein Jahr ältere Gymnasiastin Emilia Rosatti JU-Mitglieder. Da dem zu gründenden Verein Schüler und Auszubildende bereits ab zwölf Jahren (bis zum 22. Lebensjahr) beitreten können, muss die Frage gestellt werden, ob da nicht eine allzu einseitige Beeinflussung stattfinden wird. 

Sie wollen "ihr Ding" machen

"Es geht ganz allgemein um politische Bildung und das wird ganz sicher nicht CSU-lastig", verspricht Emilia Rosatti. Da die drei Initiatoren schon im Vorfeld die Fühler nach Mitgliedern ausgestreckt haben, weiß Yannick Reuß: "In der Schülerunion wollen Leute mitmischen, die sich nie und nimmer der CSU anschließen werden." Selina Schorr verspricht, dass sie - vorausgesetzt, sie bekommen am Sonntag bei den vorgeschriebenen Wahlen die Verantwortung für die Schülerunion übertragen - "ihr Ding" machen werden, unabhängig von den Älteren in JU und CSU. Aber natürlich sei es ein Vorteil, wo nötig, auf die Organisationsstrukturen der Partei zurückgreifen zu können. "Da lassen wir uns schon helfen. Aber niemand sagt uns, wie unsere Planungen auszusehen haben", beschreibt Selina Schorr, was sie will: Eine parteiunabhängige Jugendorganisation.

Und zwar Jugendorganisation im wahrsten Sinne des Wortes. Anders als die Junge Union. Die erlaubt eine Mitgliedschaft bis zum 35. Lebensjahr. Das ist für die Hauptzielgruppe der Schülerunion, die 14- bis 17-Jährigen, schon fast die Generation der Eltern. 

Politische Bildung, Seminare, Projekte - und Freizeit

Und was soll die Schülerunion ihren Mitgliedern bieten? Da sind sich die drei Initiatoren einig: Sie wollen Debatten zu allen möglichen Themen organisieren, zu denen sie Referenten aus den verschiedenen politischen Lagern einladen. Es soll Kurse zur politischen Bildung ebenso geben wie reines Freizeitvergnügen. Und Angebote, die jedem einzelnen unmittelbar nutzen: Bewerbungstraining etwa oder Rhetorik-Seminare. Einmal gegründet, soll die Schülerunion auch Projekte anstoßen wie eine "Anti-Mobbing-Kampagne" an den Schulen des Landkreises. "Und natürlich sind wir offen für alle Vorschläge, die von den Mitgliedern kommen", betonen Schorr, Reuß und Rosatti. 

Die Jugend schert sich nicht um Politik, behaupten Erwachsene gerne. Stimmt nicht, kontern die Initiatoren der Schülerunion Haßberge. Beweis: Die Schülerproteste gegen Klimawandel wie hier im Bild in Rostock.
Foto: Bernd Wüstneck | Die Jugend schert sich nicht um Politik, behaupten Erwachsene gerne. Stimmt nicht, kontern die Initiatoren der Schülerunion Haßberge. Beweis: Die Schülerproteste gegen Klimawandel wie hier im Bild in Rostock.

Es ist ihnen wichtig herauszustellen, dass niemand politische Erfahrung in die Schülerunion mitbringen muss. Das würde nur abschrecken. Es genügt das Bedürfnis, mehr über Politik zu erfahren und sich irgendwann einzumischen. Die drei treten übrigens der Vermutung entgegen, ihr Gründungsvorhaben sei eine Reaktion auf die weltweiten Jugendproteste gegen Klimawandel und Umweltverschmutzung. "Nein, das haben wir schon lange vorher geplant", lässt Emilia Rosatti wissen. Der Forderung der Demonstranten, dass mehr für Klimaschutz getan werden muss, schließen sich die drei Haßbergler an. Den Schulstreiks im Rahmen der "Fridays for Future" stehen sie aber eher kritisch gegenüber. Yannick Reuß findet es vielmehr gut, dass Schüler und Schulen gemeinsam Zeichen setzen, wie die Unterfränkischen Realschulen am nächsten Freitag. Dann findet auch in Haßfurt, Eltmann, Hofheim oder Ebern "Future Friday" statt, an dem die Haßfurter Realschüler zum Beispiel in einem Projekt Müll in der Kreisstadt sammeln. 

Politik in der Schule? Mangelhaft

Apropos Schule. Der Unterricht trage kaum dazu bei, das Neugierde der Schüler an Politik zu wecken, bemängeln Emilia Rosatti, Yannick Reuß und Selina Schorr ihre eigene Erfahrung. Wenn, dann seien es einzelne engagierte Lehrkräfte, die Akzente setzten, aber nicht die Schule an sich. Da gibt es im Bildungswesen also Verbesserungsbedarf, wenn Schule einen wichtigen Beitrag dazu leisten will, aus jungen Menschen mündige Staatsbürger zu machen. Den Vorwurf der Eltern und Großeltern, die heutige Schülergeneration habe mit Politik eh nichts am Hut, lassen die drei JU-Mitglieder nicht gelten. Es sei großes Interesse da. Aber vielleicht zu wenig Nährboden, auf den dieses Interesse fallen kann. Da soll ihre Schülerunion, übrigens erst die zweite in Unterfranken, künftig ein fruchtbares Fleckchen Erde sein.

Siehe auch den Kommentar zum Thema

 

Die Schülerunion Haßberge soll am Sonntag, 7. April, um 12 Uhr im Hotel Goger in Sand am Main gegründet werden. Willkommen sind Schülerinnen und Schüler sowie Auszubildende im Alter von 12 bis 22 Jahren.

 
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Kommentare
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  • P. H.
    Politische Parteien haben in Schulen überhaupt nichts zu suchen. Dafür sind die Kinder und Jugendlichen in der Schule, um sich unbeeinflusst entwickeln zu können und damit sie sich zu gegebener Zeit eine eigene Meinung bilden können, die ausschließlich auf ihrem eigenen Verstand fußt. Sonst kommt wieder das dabei heraus, was wir heute an Politikern haben und kennen.
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  • R. A.
    Per Se eine löbliche Entscheidung, dem grünlastigen Lehrertum (meine Erfahrung aus Schüler- Elternbeirats- und Fördervereinszeiten) mit dem personifizierten Gutmenschendenken entgegenzutreten. Daumen Hoch!
    Nicht von irgendwelchen Nörglern und Zerredner demotivieren lassen und gerade die eigene Entscheidungskraft schärfen. Jede Meinung ist in der Demokratie wichtig, auch wenn diese so einigen nicht passt.
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    Wikipedia: "Die Schüler Union Deutschlands (kurz: SU) ist eine unabhängige CDU- und CSU-nahe Schülerorganisation in Deutschland. Sie agiert als bundesweite politisch christdemokratische Interessenvertretung der Schüler. 1972 gegründet, um dem 'Links-Ruck' unter Schülern und Lehrern entgegenzutreten ..."
    Bundesvorsitzender/-sprecher 1978–1980 Christian Wulff (Niedersachsen)
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