
Im Rahmen der „Sommerreise“ des Historischen Vereins im Landkreis Haßberge stand der Besuch von Schloss Ditterswind an. Die Möglichkeit, das Anwesen im Leerstand zu besichtigen, lockte rund drei Dutzend Vereinsmitglieder und Gäste in das beschauliche Haßbergdörfchen. Die Führung hatte freundlicherweise Alfred Müller übernommen, der in den Jahren 1992 bis 2004 die Funktion des Heimleiters von Schloss Ditterswind innehatte.
Bevor die Besichtigung der Innenräume auf dem Programm stand, informierte Müller über den historischen Werdegang des Schlosses und seine wechselvolle Geschichte. Ursprüngliches ist nicht mehr zu erforschen, wie selbst Fritz Klemm in seinem Heimatbuch „Rund um den Zeilberg“ zugeben musste. Genaueres weiß man erst seit dem 17. Jahrhundert, als die Herren Stein zum Altenstein den Besitz übernahmen. Im Jahre 1881 erfolgte durch neue Eigentümer, nämlich die Familie Deuster aus Kitzingen, eine größere Umgestaltung. 1933 schließen sich neue bauliche Veränderungen an, vor allem eine durchgreifende Innenrenovation. Drei Jahrhunderte haben an diesem Schloss gebaut, was zur Folge hatte, dass ein einheitlicher Baustil nicht zu erkennen ist.
Das Jahr 1945 wurde zum Schicksalsjahr des Schlosses: Beim Einmarsch der Amerikaner wurde es von Besatzungssoldaten belegt und diente nach Freigabe zunächst dem Hofheimer Landkreis als Flüchtlingsdurchgangslager. Zwei Jahre später wurde es dann vom Besitzer Carl von Deuster der Inneren Mission zur Verfügung gestellt. Nach einem kurzen Versuch, ein Altersheim einzurichten, spendete es als Kindergenesungsheim viel Segen; außerdem war gleichzeitig ein hauswirtschaftlicher Grundlehrgang für schulentlassene Mädchen angegliedert. Im Jahre 1950 ging das ganze Anwesen durch Kauf in den Besitz der Inneren Mission (Rummelsberger Anstalten) über. Fünf Jahre danach konnte dem Kinderheim durch den Umbau einer alten Scheune ein Freizeitenheim angegliedert werden.
Mitte der 60er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts wurde dann die bisherige Funktion aufgegeben und ab 1967 fanden bis zu 120 Menschen mit geistiger und körperlicher Behinderung im Schloss Ditterswind eine neue Heimat. Schon wenige Jahre später fanden Überlegungen statt, aufgrund der notwendigen Baumaßnahmen das Heim aufzulösen. Durch das Zusammenstehen aller – Mitarbeiter, Bürgerinitiativen, politische und kirchliche Stellen – konnte dies verhindert werden: Es folgte eine grundlegende Sanierung, die Belegungszahl wurde auf rund 80 begrenzt und das Schloss blieb noch bis zum Ende des vergangenen Jahres Heim für behinderte Männer und Frauen und bot nicht wenigen Personen eine wohnortnahe Arbeitsstelle.
Nach einem ausgedehnten Rundgang durch das weitläufige Parkgelände konnten die Teilnehmer noch einen Blick in das Hauptgebäude werfen. Hier faszinieren vor allem der historische Treppenaufgang und der Andachtssaal mit seinen Deckengemälden, wo biblische Themen künstlerisch modern dargestellt sind. Der beeindruckende Blick vom Balkon auf das gepflegte Parkgelände lässt unweigerlich den Schluss zu, dass die einstigen Bewohner von Schloss Ditterswind – seien es nun Schlossherren oder Menschen mit Behinderung – ein schönes Fleckchen Erde genießen konnten.
Ehe die interessierte Gruppe den Nachmittag mit einer Abendeinkehr in Maroldsweisach abrundete, stattete sie der St. Nikolauskirche Ditterswind noch einen Besuch ab, wo Liselotte Fertinger einen geschichtlichen Abriss zum Gotteshaus gab.
Am Ende des knapp zweistündigen Besuchs in Ditterswind informierte Burkard Hauck, der für die Sommerreise des Historischen Vereins verantwortlich zeichnet, noch über den nächsten Termin. Am Donnerstag, 15. September, trifft man sich in Haßfurt am Neubau des Amtsgerichts, wo das Thema „Gebäudetechnik“ behandelt werden soll. Die Veranstaltung, zu der auch gerne wieder interessierte Gäste willkommen sind, beginnt um 17.00 Uhr.