
Seit drei Jahren tobt ein Krieg in Europa. Mit einer Gedenkveranstaltung in der Volkshochschule bekundete die Stadt Bamberg ihre Solidarität mit der Ukraine. Ehrengast war der ukrainische Botschafter in Deutschland, Oleksii Makeiev.
Ausgemergelte Soldaten in Schützengräben. Schreiende Schussverletzte auf OP-Tischen. Sorgenzerfurchte Gesichter von jungen und alten Menschen. Zerbombte Städte. Endlose Gräberreihen auf Friedhöfen. Und dann das Bild eines lächelnden Elternpaares mit ihrem Neugeborenen im bergenden Arm: ein Fünkchen Hoffnung inmitten entsetzlicher Geschehnisse, die auch die vielen Betrachter dieser Schwarz-Weiß-Fotos auf der Leinwand im Großen Saal der Volkshochschule aufwühlten.
Cellist der Bamberger Symphoniker stammt aus Lemberg
So wie die dissonanten Töne, mit denen das Ehepaar Eduard und Nadine Resatsch dem nunmehr dreijährigen Krieg in Europa ihren musikalischen Ausdruck verliehen. Als Protest gegen Russlands Aggression in der Ukraine. Und zugleich als Zeichen der Solidarität mit den Menschen, die gar nicht so weit von Deutschland entfernt bitterstes Leid erdulden. Resatsch stammt aus Lemberg (Lviv) in der Ukraine, ist Cellist der Bamberger Symphoniker und geht mit seiner Komposition gegen die Gleichgültigkeit angesichts des Krieges an. Und gegen die Gewöhnung an brutale Zustände vor der Haustür.
Ja, dieser Mittwochabend der Stadt Bamberg in der Vhs zum Gedenken der Opfer des inzwischen dreijährigen Krieges in der Ukraine weckte Emotionen – "und die Demut, im Frieden in Deutschland leben zu können". So resümierte der Bundestagsabgeordnete Andreas Schwarz (SPD) die Gedenkveranstaltung, die er mitinitiiert hatte. Dank seiner Kontakte konnte er den Botschafter der Ukraine in der Bundesrepublik Deutschland, Oleksii Makeiev, als Ehrengast nach Bamberg holen.
Mit der Bundesregierung sprechen, und mit normalen Menschen
Dem Diplomaten, der seit Oktober 2022 sein Land in Berlin vertritt, ist es nach eigenen Worten wichtig, "nicht nur mit der Bundesregierung zu sprechen, sondern auch mit normalen Menschen". Er wolle sich ihren Ängsten aussetzen, dass sich der Krieg in der Ukraine ausweiten könne. Denn "ein ehrliches Gespräch mit Menschen lohnt sich immer", sagte Makeiev, der sich selbst an diese Aussage hielt und die aufmerksam lauschenden Bamberger mit unbequemen und unpopulären Wahrheiten konfrontierte.
Zum Beispiel: "Wir werden weiter kämpfen, solange wir Waffen haben." Oder: "Wir können den Krieg nur gewinnen, wenn Waffen da sind, mit Diplomatie gewinnt man keinen Krieg." Oder: "Keinen Taurus zu liefern, ist eine Ausrede." Oder: "Russland lügt und will unser Land vernichten, wir hatten seit 2014 Dutzende Verhandlungsrunden mit Russland." Oder: "Russland führt Krieg auf allen Ebenen und geht so weit, wie er gestoppt wird; jeder russische Soldat bekommt eine Million Rubel als Prämie."
Botschafter Makeiev: Ein Krieg, "der sofort durch Putin beendet werden kann"
Botschafter Makeiev brachte den Begriff "Versöhnung" mit einer rhetorischen Frage ins Spiel: "Wie viele Jahrzehnte, Jahrhunderte wird es dauern, bis ein demokratisch gewählter russischer Präsident in Kiew auf die Knie fällt und um Vergebung bittet?" Mit Nachdruck in der Stimme ergänzte der Diplomat: "Versuchen Sie heute nicht, uns Ukrainer mit Russen zu versöhnen. Lassen Sie uns Zeit mit Versöhnung, bis der Krieg gewonnen ist." Ein Krieg, "der sofort durch Putin beendet werden kann". Dieser müsse die 20.000 nach Russland verschleppten Kinder zurückgeben, für Kriegsverbrechen zur Rechenschaft gezogen werden und sich aus der Besatzung von 20 Prozent des ukrainischen Gebietes zurückziehen, forderte Makeiev.
Unterstützung für seine Positionen fand der Botschafter an diesem Abend durch den vielfach ausgezeichneten Journalisten Till Mayer. Er berichtet seit Jahren für verschiedene Medien aus der Ukraine, ist seit dem Ausbruch des Krieges dort häufig an der Front. Mayer stellte seine Fotografien, die die Musik illustrierten, für die Gedenkveranstaltung zur Verfügung. "Es wäre die größte Schande, wenn wir die Ukraine hängen ließen", appellierte er an die Hilfsbereitschaft Deutschlands. Die russische Besatzung in der Ost-Ukraine "ist kein Frieden, den man den Menschen bringt, Entsetzliches passiert mit ihnen", erklärte Mayer.
Bitte, sich weiter über die Situation in der Ukraine zu informieren
Für den von ukrainischen Studenten der Bamberger Universität 2017 gegründeten Verein "Bamberg: UA" bat Yustyna Koval die Zuhörer darum, sich weiter über die Situation in der Ukraine zu informieren. "Wir kämpfen für Demokratie", betonte Koval. Die Vereinsvertreterin berichtete von den vielen Hilfstransporten aus Bamberg in die Ukraine: "Es ist wichtig für mich als Ukrainerin, Unterstützung zu spüren", dankte sie für die Spenden.
Bereits am Nachmittag hatte Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) dem ukrainischen Botschafter Makeiev im Rokokosaal des Alten Rathauses einen städtischen Empfang bereitet. OB Starke mahnte, sich "niemals daran zu gewöhnen, dass Krieg in Europa herrscht". Der OB berichtete dem Botschafter von der siebten Städtepartnerschaft Bambergs mit Mukatschewo in der West-Ukraine und von rund 1400 Ukrainern, die in Bamberg eine Zuflucht gefunden haben. "Wir wollen, dass viele wieder zurückkehren, wenn der Krieg gewonnen ist, wir brauchen sie", entgegnete der Diplomat.
Bevor er sich in das Goldene Buch der Stadt eintrug, dankte Makeiev für die humanitäre und sachliche Hilfe sowie die gewachsenen zwischenmenschlichen Kontakte. Er sehe es als Teil der europäischen Integration, wenn Ukrainer in Deutschland in Arbeit kommen und ihre Berufsabschlüsse auch anerkannt werden: "Das läuft noch schleppend", bedauerte er.