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HASSBERGKREIS
Dorothee Bär unangefochten Nummer eins
Um kurz nach 10 Uhr gab CSU-Bundestagsabgeordnete und Staatssekretärin Dorothee Bär in Ebelsbach ihre Stimme ab. Auch ihre Kinder (von rechts) Emilia und Charlotte sowie Ehemann Oliver Bär waren vor Ort. Mit auf dem Bild die freiwilligen Wahlhelfer Christoph Kreuzer, Florian Mayer, Simone Klos und Johannes Wadas.
Foto: Ralf Naumann | Um kurz nach 10 Uhr gab CSU-Bundestagsabgeordnete und Staatssekretärin Dorothee Bär in Ebelsbach ihre Stimme ab. Auch ihre Kinder (von rechts) Emilia und Charlotte sowie Ehemann Oliver Bär waren vor Ort.
Von Martin Sage, Wolfgang Sandler, Peter Schmieder
 |  aktualisiert: 15.12.2020 15:08 Uhr

„Da gibt es gar nichts zu beschönigen, das war eine bittere Niederlage. Das war kein gutes Ergebnis und auch kein ehrliches Ergebnis.“ Dorothee Bär (CSU) hat zwar ihr Direktmandat im Wahlkreis klar verteidigt, doch mit dem Abschneiden ihrer Partei in Bayern ist sie nicht zufrieden, kann sie nicht zufrieden sein. „Ich hätte in Bayern schon mit rund 45 Prozent gerechnet, nicht mit den hohen Prozentzahlen, die teils genannt wurden, aber auf keinen Fall mit weniger als 40 Prozent.“

Dorothee Bär ist enttäuscht. „Wir haben die Arbeitslosenzahlen halbiert, keine Jugendarbeitslosigkeit, nahezu Vollbeschäftigung, Frieden und Wohlstand – aber es ist uns nicht gelungen, das beim Wähler rüberzubringen.“ Die Probleme der Menschen seien sehr individuell, so Bär, es habe sich im Wahlkampf kein Überthema herauskristallisiert. Dies gelte es zu analysieren und die Menschen mitzunehmen.

Sie selbst habe getan, was in ihrer Macht stand. So bitter das Abschneiden ihrer Partei auch sei, „ich kann ruhig schlafen in dem Bewusstsein, alles für den Wahlerfolg getan zu haben“. Sie persönlich habe ihr Wahlziel erreicht, den Wahlkreis Bad Kissingen, zu dem der Landkreis Haßberge gehört, „in Berlin direkt vertreten zu dürfen“. Für Aussagen zu ihren persönlichen künftigen Aufgaben sei so kurz nach der Wahl nicht der richtige Zeitpunkt, lehnt Bär jegliche Spekulationen um mögliche Regierungsposten ab.

Eine klare Absage erteilt Dorothee Bär der zum Teil angeblich anklingenden Überlegung, Neuwahlen durchzuführen. „Wir haben den klaren Handlungsauftrag, jetzt Koalitionsverhandlungen zu führen. Es käme ja ohnehin nichts anderes heraus. Es wird keine leichte, aber eine notwendige Aufgabe, eine neue Regierung zu bilden. Es muss aber immer möglich sein, unter demokratischen Parteien Gespräche zu führen.“

Eine klare Aussage trifft Dorothee Bär zum Abschneiden der Mitbewerber: „Mir wäre es lieber, die SPD hätte zehn Prozent mehr bekommen und dafür wäre die AfD nicht im Bundestag.“

„Eine schwere Niederlage.“ So bezeichnet Sabine Dittmar (SPD) das Abschneiden ihrer Partei auf Bundesebene. Die Abgeordnete, die mit großer Wahrscheinlichkeit wieder in das Parlament einziehen wird, hält es für „vollkommen richtig“, dass sich die Sozialdemokraten in die Opposition begeben. Diese Reaktion spiegele das Stimmungsbild innerhalb der Partei wider. Aus demokratischen Gründen könne man es nicht zulassen, dass die rechtspopulistische Partei, die AfD, die Oppositionsführung übernehme, meint Dittmar. Mit ihrem Abschneiden im Wahlkreis ist sie zufrieden. Es sei erfreulich, dass sie ihr Ergebnis von 2013 halten und damit ihre Position stabilisieren konnte.

„Wir sind froh, dass wir wieder in den Bundestag eingezogen sind“, freut sich Nicolas Thoma von der FDP über das gute Zweitstimmenergebnis seiner Partei. Ganz ungetrübt ist seine Freude allerdings nicht. Das liegt einerseits daran, dass er selbst als Direktkandidat im Wahlkreis Bad Kissingen weniger Erststimmen bekommen hat, als seine Partei an Zweitstimmen. Der andere Grund ist die Tatsache, dass es seine Partei verpasst hat, drittstärkste Kraft zu werden – zumal es ausgerechnet die rechtspopulistische AfD war, die der FDP diesen Platz wegschnappte.

Deren starkes Abschneiden bezeichnet er als „Herausforderung“. Erschreckend findet Thoma auch das gute Abschneiden der AfD im Wahlkreis, ebenso wie das hohe Erststimmenergebnis für deren Direktkandidatin Andrea Klingen. „Obwohl sie nicht mal aus dem Wahlkreis ist“, sagt Thoma. Außerdem sei die Direktkandidatin der AfD auch im Wahlkampf wenig in Erscheinung getreten. Dass sie dennoch auf Platz drei der Erststimmen kam – noch vor Grünen-Kandidatin Dr. Manuela Rottmann – kommentiert Thoma: „Man fragt sich, warum man überhaupt Wahlkampf macht.“

Andrea Klingen ist sowohl mit ihrem persönlichen Abschneiden als auch mit dem Ergebnis ihrer Partei, der AfD, zufrieden: „Das ist so in etwa das, was ich erwartet hatte“, sagte die 47-jährige Diplomverwaltungswirtin, die nur als Direktkandidatin, nicht aber auf der Liste angetreten war. Klingen konnte im Wahlkreis knapp elf Prozent der Erststimmen auf sich vereinen, ihre Partei erzielte hier gut ein Prozent mehr.

Es sei bei weitem nicht nur die Flüchtlingskrise gewesen, die der AfD Wähler zugetrieben habe, stellt Andrea Klingen fest. Auch die ursprüngliche Politik ihrer Partei gegen die Eurorettung, gegen die Demokratiedefizite, die soziale Ungerechtigkeit und den Schwächung des Mittelstands habe verfangen. „Bei unseren Wahlkampfveranstaltungen haben wir deutlich gemerkt, dass sich viele Bürger von der Politik nicht mehr wahrgenommen und repräsentiert fühlen“, erklärt die Kandidatin aus Markt Einersheim den Erfolg der AfD.

„Das Ergebnis der AfD ist nicht gut für unser Land“, lautet die erste Reaktion von Manuela Rottmann (Bündnis 90/Die Grünen) auf das Bundestagswahlergebnis. Über das Abschneiden der Grünen zeigt sie sich hingegen hocherfreut, „da bin ich stolz drauf, denn wir haben nicht nur gegen schlechte Umfragen gekämpft“. Angesprochen auf eine mögliche Jamaika-Koalition, erklärt sie, „dass wir immer gesagt haben, wir reden“.

Doch klar sei, dass man bei etwaigen Verhandlungen die eigenen Themen wie Klimaschutz und mehr soziale Gerechtigkeit klar formuliere. Für das Ergebnis im Wahlkreis Bad Kissingen hofft sie am frühen Abend, dass man auch hier noch das gute Ergebnis der Grünen auf bayerischer Eben erreichen könne. Eben dieses gute Ergebnis auf Landesebene ist dafür verantwortlich, dass der Einzug von Manuela Rottmann in den Bundestag über die Liste recht sicher ist.

Durchaus positiv stimmt Frank Hertel von den Linken das Bundes-Ergebnis seiner Partei. Auch die Zahlen im Wahlkreis seien erfreulich, so Hertel. Sowohl bei den Erst- als auch bei den Zweitstimmen habe man sich steigern können. „Angesichts dessen, dass die AfD zugelegt hat und die großen Parteien Verluste einstecken mussten, können wir zufrieden sein.“ Erschreckend sei jedoch das gute Abschneiden der AfD.

 
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