In dieser Woche können die Aidhäuser das zehnjährige Bestehen ihres Dorfladens feiern. "Das hat auch viel mit Lebensqualität zu tun", sagt Bürgermeister Dieter Möhring (Freie Wähler). Denn der Laden trage dazu bei, das Dorf zu beleben. Außerdem bedeute er für viele ältere, weniger mobile Menschen, dass sie wieder selbst im eigenen Ort einkaufen gehen können. Damit seien sie nicht mehr auf andere angewiesen, was auch heißt, dass sie beim Einkauf spontan entscheiden können, was sie mitnehmen wollen und was nicht.
Alfred Kaiser, Inhaber der Metzgerei Kaiser und Geschäftsführer des Dorfladens beschreibt außerdem, wie toll auch der Entstehungsprozess des Ladens für die Dorfgemeinschaft gewesen sei: Die gemeinsame Arbeit an dem Projekt habe durchaus Menschen zusammengebracht. Möhring und Kaiser sind überzeugt, mit dem Dorfladen etwas Gutes erreicht zu haben. Ein Selbstläufer sei das Geschäft allerdings nicht.
Die Dorferneuerung in Aidhausen begann 2006. Recht früh in diesem Prozess besuchten Vertreter der Gemeinde die Schule der Dorf- und Flurentwicklung in Klosterlangheim. Damals gab es noch einen kleinen "Tante-Emma-Laden" in Aidhausen – das letzte von vielen kleinen Geschäften, die es in dem Dorf einst gab. Doch die Frage, wie es mit Einkaufsmöglichkeiten im Ort weitergehen soll, wenn der einmal nicht mehr da sei, sorgte für Diskussionsstoff, berichtet Bürgermeister Möhring. So entstand die Idee, einen Dorfladen zu gründen.
Tatsächlich gibt es das alte Geschäft heute nicht mehr. Dafür beschäftigte sich ein Arbeitskreis der Dorferneuerung mit der geplanten Neugründung, 2009 gab es eine Machbarkeitsstudie und eine Umfrage in der Bevölkerung. Es sollte ein "Bürgerladen" werden, "von Bürgern für Bürger", wie Möhring sagt. Daher war klar, dass das Projekt nur zustande kommen würde, wenn sich mindestens die Hälfte der Aidhäuser beteiligt und Anteile erwirbt. Dieses Ziel erreichten die Initiatoren schnell, dazu kamen Leader-Fördermittel, die den Bau möglich machten. Im Juni 2011 konnte der Laden dann schließlich öffnen.
Ein Alleinstellungsmerkmal in Aidhausen ist die Kombination aus Dorfladen und Mehrgenerationenwerkstatt (MGW). Mit diesem Konzept haben die Aidhäuser auch schon diverse Preise gewonnen. Beide Seiten können voneinander profitieren, beispielsweise wenn der Laden für die Bewirtung bei Veranstaltungen der MGW die Lebensmittel zur Verfügung stellt, oder wenn die MGW Menschen anzieht, die dann auch im Dorfladen einkaufen.
Dabei berichtet Alfred Kaiser, dass diese erfolgreiche Kombination eigentlich durch einen Zufall entstanden ist: Für den Neubau des Dorfladens hätte ein einstöckiges Gebäude gereicht, um die benötigte Verkaufsfläche von 125 Quadratmetern zu bekommen. Doch der Architekt bestand auf einen zweistöckigen Bau – dabei ging es vor allem um den ortsbildprägenden Charakter des Hauses im Dorfzentrum. So musste eine Idee für die Nutzung des oberen Stockwerks her; die Geburtsstunde der Mehrgenerationenwerkstatt.
Als es losgehen sollte, gab es eine Stellenausschreibung, der Beirat entschied letztlich, wer einen Arbeitsplatz im Laden bekam. Zu dem ausschließlich weiblichen Team gehören viele Frauen aus dem Ort. Mit der Eröffnung wurden die Mitarbeiterinnen "ins kalte Wasser geschmissen", denn keine von ihnen war gelernte Verkäuferin, wie Alfred Kaiser berichtet. Deshalb gab es auch eine "schleichende Eröffnung", bei der der Laden schon ein paar Tage vor dem offiziellen Starttermin offen war und die ersten Kunden kommen konnten: Dem Personal gab das etwas Gelegenheit, sich einzuarbeiten. Heute hat der Laden sechs Mitarbeiterinnen.
Für den Großeinkauf zieht es gerade jüngere Familien dann doch eher in die nächstgelegenen Supermärkte nach Hofheim oder Stadtlauringen, meint Alfred Kaiser. "Wer eine fünfköpfige Familie hat, wird ein- bis zweimal pro Woche da hinfahren." Dennoch: Auch junge Menschen gehören zu den Kunden des Dorfladens. Und sei es nur, weil sie dann eben doch noch schnell etwas besorgen wollen, das sie beim Großeinkauf vergessen haben.
Bürgermeister Möhring berichtet, Kunden kämen aus allen Orten der Gemeinde Aidhausen. Und sogar aus Dörfern im benachbarten Landkreis Schweinfurt kommen Menschen zum Einkaufen. "Das liegt sicher auch daran, dass wir gute regionale Produkte anbieten", meint Möhring.
Neben dem üblichen Sortiment eines Gemischtwarenladens, der versucht, alle möglichen Dinge für den täglichen Bedarf anzubieten, gibt es außerdem eine große Auswahl an Getränken sowie eine Bäckerei und eine Metzgerei. Das Motto lautet: "Wir haben, was Sie brauchen. Was wir nicht haben, brauchen Sie nicht." Dennoch: Es kann durchaus vorkommen, dass Produkte auf Kundenwunsch ins Sortiment aufgenommen werden. "Wir können auch mal kurzfristig was ins Sortiment aufnehmen, wenn mehrere Kunden danach fragen", sagt Dieter Möhring.
Neben der Verkaufsfläche gibt es auch kleine Tische und Sitzgelegenheiten, um vor Ort einen Kaffee zu trinken – auch wenn das zu Zeiten der Pandemie schwierig ist. So wünschen sich Möhring und Kaiser, dass bald wieder Normalität einkehrt; auch mit Blick auf die Mehrgenerationenwerkstatt und Vhs-Kurse, die dort angeboten werden.
Über den genauen Umsatz will Dieter Möhring nicht sprechen, schließlich lässt sich kaum ein Geschäft gerne so genau in die Karten schauen. Was er und Alfred Kaiser aber verraten: Mittlerweile läuft der Laden gut. Allerdings hat es lange gedauert, bis alles eingespielt war. "Man muss sich wirklich kümmern", betont Kaiser. So komme es nicht nur auf die Umsätze an, man müsse auch die Ausgaben und andere Dinge im Blick behalten.
Diese Frage beantworten Kaiser und Möhring mit einem deutlichen: "Ja, aber..." Denn einerseits sei ein Dorfladen auf jeden Fall eine gute Möglichkeit, ein Dorf und seine Lebensqualität aufzuwerten. Andererseits gebe es dabei aber einiges zu beachten. Wichtig sei vor allem, gut zu planen, von Anfang an ein klares Konzept zu haben und zu wissen, was man erreichen will.