Diese bizarren Urviecher stellen die Fantasie vieler Science-Fiction-Autoren und Hollywood-Filmemacher in den Schatten. Was der national und international renommierte Paläo-Künstler Joschua Knüppe da auf Papier gebannt hat, lässt stark zweifeln, dass der Mensch die "Krone der Schöpfung" ist.
Diese farbenprächtigen ausgestorbenen Monster, die Knüppe zeichnet und auch via digitale Bilder, Grafiken und filmische Animationen nahe bringt, sind viel mehr als das, was uns die Popkultur über T.Rex & Co. erzählt. Nämlich eine "unfassbare Vielfalt des vergangenen Lebens auf unserer Erde, die 3,8 Milliarden Jahre Evolution hinter sich hat", wie Oliver Wings sagt.
Der promovierte Dino-Experte gewährt dem Fränkischen Tag eine Preview in die erste Sonderausstellung, die er in seinem neuen Amt als Direktor des Naturkundemuseums Bamberg innerhalb weniger Monate aus dem Hut gezaubert hat.
Was noch alles entdeckt werden will
Seit Freitag, 20. Januar, können große und kleine Besucher diese Urzeitimpressionen von Joschua Knüppe bestaunen und das enorme Potential entdecken, das unter der Oberfläche selten hinterfragter wissenschaftlicher und künstlerischer Annahmen brodelt. "Die Öffentlichkeit kennt nur einen winzigen Bruchteil der unterschiedlichsten Lebensformen, die auf unserem Planeten entstanden und wieder verschwunden sind", erklärt Wings.
Abermillionen von ausgestorbenen Säugetieren, Gliederfüßern, Einzellern, Schildkröten, Vögeln, Pflanzen, Weichtieren, Krokodilen, Echsen, Amphibien und allen anderen Organismen "warten noch darauf, entdeckt und beschrieben zu werden".
Immerhin 2600 Zeichnungen solcher Organismen hat Joschua Knüppe, ein Absolvent der Kunstakademie Münster, nach intensivem Studium der einschlägigen Fachliteratur erstellt. Seine Kunst, die Paläoart, ist eine Mischung aus Wissenschaft und plausiblen Hypothesen. Rund 50 Zeichnungen sowie ein animierter Zeitraffer-Film liefern nun in Bamberg enorme Erkenntnisse zur erdgeschichtlichen Vergangenheit. Diese Bilder eröffnen überraschende Perspektiven und faszinierende Verhaltensweisen skurril anmutender Tiere wie Dinosaurier bis hin zu den Giganten der letzten Eiszeit.
Der "Wattendorfer Flugsaurier" und der "Bamberger Aegirocassis
Mit dem klingenden Namen "Aegirocassis" ist ein "gestrandetes Alien" das älteste Wesen, das als Zeichnung im Naturkundemuseum präsentiert wird. Vor 480 Millionen Jahren lebte dieser bis zu zwei Meter lange Pfeilschwanzkrebs im Wasser, bevor Fische die Vorherrschaft in den Meeren übernahmen. Dieser "Bamberger Aegirocassis" liegt angeschwemmt lange Zeit auf dem Strand, ausgeblichen von der Sonne, da es damals noch keine aasfressenden Tiere gab.
Säugetierähnliche, tagaktive Tiere – "unsere Vorfahren!", so Oliver Wings – mit farbigem Kopfschmuck aus Knochenstrukturen faszinieren. Der "Wattendorfer Flugsaurier" lehrt mit seinem breiten Schnabel und den kleinen Zähnen, mit denen er im Flachwasser Krebse herausfilterte, etwas aus der Evolutionsgeschichte der Region. Wissenschaftlich fundierte Momentaufnahmen vom Riesenlaufvogel im Mammutbaum oder Miniaturen im Stile der mittelalterlichen Zeichnung eines Mönches lassen ahnen, dass diese einstigen Erdbewohner mehr waren als nur Monster.
Joschua Knüppes Werke erzählen davon, dass viele von ihnen nicht nur Jäger und Gejagte waren, sondern auch fürsorgliche Eltern. Oliver Wings: "Auch damals verhielten sich Tiere tollpatschig oder verspielt, sie bekamen Krankheiten oder kämpften in Katastrophen um ihr Überleben."
So ist sich der Museumschef sicher, dass der Mensch des 21. Jahrhunderts aus der Vergangenheit lernen könne, was die Zukunft für das Leben inklusive für die Menschheit bereithalte, und wie die Natur auf komplizierte Prozesse wie Artensterben und Klimawandel reagiere.
Mehr Informationen findet man im Internet unter www.naturkundemueseum-bamberg.de