Wenn die Unterfränkische Überlandzentrale (ÜZ) in Lülsfeld bei Gerolzhofen momentan viel Geld investiert, um ein neues Schalthaus in Wiesentheid (Kreis Kitzingen) und dorthin eine neue Zuleitung vom Umspannwerk in Brünnstadt zu bauen, dann ist diese Investition auch und gerade Ausdruck der Energiewende vor Ort. Denn der Umbau ist in vollem Gange.
Die Stromversorgung der Zukunft geht weg von den großen klassischen Kraftwerken, hin zu mehr kleinen dezentralen Anlagen, vor allem im Bereich der Erneuerbaren Energien. „Dafür gilt es, das Netz leistungsfähig, intelligent und smart zu machen“, so Christian Schraut. Der Diplomingenieur ist bei der ÜZ für das Anschluss- und Messwesen sowie die Erneuerbaren Energien zuständig.
Durch den Bau des Schalthauses auf der Anhöhe zwischen Wiesentheid und Prichsenstadt wird zum einen die Aufnahmekapazität für regenerativ erzeugten Strom deutlich erhöht. Hier war das Stromnetz in der hiesigen Gegend bereits an seine Belastungsgrenzen gestoßen.
Zum anderen macht die neue Zuleitung künftig sogenannte regelbare Ortsnetzstationen möglich. Der Wiesentheider Ortsteil Geesdorf ist hier Gegenstand eines entsprechenden Pilotprojekts. Durch das Einblasen sogenannter Lichtwellenleiter-Kabel in die parallel zu den 20-kV-Stromkabeln eingezogenen Leerrohre ist es so künftig möglich, jederzeit nicht nur sämtliche Zählerstände im Ort, sondern über einen „Daten-Konzentrator“ auch die Messdaten in der Leitstelle in Lülsfeld abzurufen, um die Spannung innerhalb der Toleranzgrenzen immer auf dem richtigen Level zu halten. Das sind hierzulande 230 beziehungsweise 400 Volt. Auf diese Weise werden die Schwankungen reguliert, die durch den Betrieb etwa von Blockheizkraftwerken sowie Photovoltaik- oder Biogasanlagen auftreten.
Der Fachmann spricht hier heutzutage vom „smart grid“. Der Begriff wird mit „intelligentes Stromnetz“ übersetzt. Er steht für die kommunikative Vernetzung und Steuerung verschiedener Systeme zur Elektrizitätsversorgung. Ziel ist die Sicherstellung der Energieversorgung auf Basis eines effizienten und zuverlässigen Systembetriebs.
Denn die Bereitstellung der elektrischen Leistung aus erneuerbarer Energie selbst ist nicht das Thema. Schon heute stehen der ÜZ auf diesem Gebiet 140 Megawatt zur Verfügung. 100 Megawatt liefern grob die Photovoltaikanlagen. Die restlichen 40 Megawatt kommen aus den Main-Kraftwerken bei Knetzgau, Wipfeld und Garstadt, den Windrädern bei Dipbach, Vasbühl, Schraudenbach und Waldsachsen sowie aus den Biogasanlagen.
ÜZ-Ingenieur Christian Schraut
Zum Vergleich: Die Netzspitze, also der höchste Verbrauch, liegt im ÜZ-Gebiet mit seinen rund 55 000 Kunden in den Landkreisen Schweinfurt, Haßberge, Main-Spessart, Würzburg, Kitzingen und Bamberg bei 80 Megawatt, also deutlich darunter.
Das Problem sind eben die Spannungsschwankungen, die bei der Einspeisung regenerativer Energie auftreten, und dass zum Beispiel die vom Sonnenschein abhängige Photovoltaik eben nicht immer verfügbar ist, wenn sie benötigt wird. Deshalb ist sich Christian Schraut sicher, dass man bei sämtlicher dezentral zur Verfügung gestellter Energie ohne ein Speicherkonzept auch künftig nicht so schnell auf Großkraftwerke wird verzichten können.
15 Kilometer lang ist die Trasse von Brünnstadt bis Wiesentheid, in der das zweimal aus drei Adern bestehende 20-Kilovolt-Kabel zusammen mit den Leerrohren für die Lichtwellenleiter über ein spezielles Verfahren mit dem sogenannten Kabelpflug eingepflügt wird. Der Vorteil ist, dass in der Regel dafür kein Graben ausgehoben und wiederverfüllt werden muss.
Insgesamt werden so im Hinblick auf das neue Schalthaus 90 000 Meter Kabel verlegt. Damit einhergehend wird gleich ein Trassenwarnband vom Kabelpflug eingebracht.
Willkommenes Nebenprodukt der kräftigen Investition: Im Zuge der Verlegung der neuen Lichtwillen-, sprich Glasfaserkabel bringt die ÜZ zusammen mit ihren Partnern in Sachen Telekommunikation zugleich den schnellen DSL-Internet-Anschluss in Ortschaften in ihrem Versorgungsgebiet, die von der Telekom nicht versorgt werden.
Dorthin lässt man gleich einen Lichtwellenleiter mitverlegen, indem das Breitbandkabel für den DSL-Internetanschluss der jeweiligen Ortschaft steckt. Das betrifft zum Beispiel Geesdorf oder Prichsenstadt.
Ferner werden dort, wo es geht, wie zum Beispiel dieser Tage in Sulzheim, von der Spezialfirma aus Kleinziegenbach bei Weismain 20-kV-Freileitungen abgebaut und gleich mit unter die Erde gelegt, inklusive der Leerrohre für die Lichtwellenleiter. Die ÜZ nimmt also viel Geld in die Hand, um für die Zukunft gewappnet zu sein.
Lichtwellenleiter (LWL)
Hierbei handelt es sich um moderne Übertragungs- und Datenkabel aus Glas- oder Kunststofffaser. Aufgrund der höheren Reichweiten und schnelleren Geschwindigkeiten haben Lichtwellenleiter vor allem in Sachen DSL in vielen Bereichen die klassischen Kupferkabel abgelöst. Novo