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HASSFURT
Die syrische Mama vom Amt: Siza Zaby hilft bei der Integration
Siza Zaby kam vor knapp 30 Jahren aus Syrien in die Haßberge. Und blieb – der Liebe wegen. Jetzt hilft sie ihren geflüchteten Landsleuten bei der Integration in Deutschland. Und genießt größtes Vertrauen.
Die syrische Mama vom Amt: Siza Zaby hilft bei der Integration
Foto: Alois Wohlfahrt/Rebecca Vogt
Rebecca Vogt
 |  aktualisiert: 03.12.2019 10:01 Uhr

Schauen Sie mal. Das ist alles nur während unseres Gesprächs reingekommen“, sagt Siza Zaby und fährt über den Bildschirm ihres Smartphones. Dort erscheinen zahlreiche Felder und Symbole, die eine Menge neuer Nachrichten andeuten. Sie lacht. Man sieht ihr förmlich an, dass die vielen neuen Nachrichten sie keineswegs abschrecken.

Die syrische Mama vom Amt: Siza Zaby hilft bei der Integration       -  Siza Zaby
| Siza Zaby

Nein, vielmehr freut sie sich schon auf die anstehende Arbeit. „Ich arbeite gern, sehr gern und ich arbeite mit meinem Herzen“, sagt sie. Seit Mai ist Zaby als Integrationslotsin im Landratsamt Haßberge tätig. Grob gesagt, kümmert sie sich um alles, was rund um die Themen Asyl und Integration anfällt. Bereits seit 2014 war sie als Dolmetscherin und Betreuerin im Auftrag der Behörde unterwegs.

Schnittstelle zum Ehrenamt

„Als Lotsin hat sich für mich eigentlich nicht viel verändert. Ich mache größtenteils das Gleiche, was ich davor auch schon gemacht habe“, berichtet sie. Zaby ist Ansprechpartnerin für die Geflüchteten im Landkreis. Sie fungiert beispielsweise als Schnittstelle zwischen ihnen und den verschiedenen Ämtern im Landratsamt.

Auch den vielen ehrenamtlichen Helfern dient sie als Anlaufstelle. Die Vernetzung zwischen den verschiedenen Akteuren im Bereich Integration nennt sie denn auch als eine ihrer Aufgaben. Daneben arbeitet sie oft fallbezogen. Das heißt, sie geht individuell auf die aktuellen Probleme und Fragen der Geflüchteten ein, arbeitet und hilft vor Ort.

Dabei hat Siza Zaby einen entscheidenden Vorteil: Sie stammt selbst aus Syrien. Vor knapp 30 Jahren kam sie nach Deutschland, um die Hochzeit ihres Bruders zu feiern. „Ich wollte eigentlich weiter nach Großbritannien, weil ich dort eine Arbeitsstelle hatte“, erinnert sie sich.

An der Universität in Syrien hatte sie zuvor Anglistik studiert und im Anschluss als Übersetzerin gearbeitet. Doch, wie so oft im Leben, kam es anders. „Dann habe ich meinen Mann kennengelernt“, erzählt Zaby weiter. Sie blieb.

An der Otto-Friedrich-Universität in Bamberg lernte sie Deutsch. Eine von insgesamt sieben Sprachen, die die aufgeweckte Frau spricht. „Ich liebe Sprachen. Gerade bin ich dabei, Japanisch zu lernen. Aber als Hobby“, fügt sie schnell noch an.

Sie kennt den Kulturellen Hintergrund

Durch ihre Herkunft kennt sie den kulturellen Hintergrund der Geflüchteten, die aus Syrien nach Deutschland gekommen sind, und spricht ihre Sprache. Die Landsleute vertrauen ihr. „Das ist mein Pluspunkt“, sagt Zaby.

Sie erinnert sich noch an die Zeit, als die Geflüchteten im Landkreis ankamen. „Die sind aus dem Bus gestiegen und haben eine Frau gesehen, die blond ist. Und auf einmal habe ich auf Arabisch ,Hallo‘ gesagt und gefragt. ,Wie geht's euch‘. Da waren alle so ,Hach, die ist von uns‘.“

In der Zwischenzeit ist viel passiert. Gab es ein Problem, war Zaby für die Geflüchteten da – rund um die Uhr. Viele bezeichnen sie inzwischen liebevoll als Mama. „Das sind gute Beziehungen, da kann ich auch mal kritische Dinge ansprechen“, erklärt sie.

Grundlage für eine gelungene Integration ist die Sprache, wie Zaby bestätigt. „Vor allem die jungen Leute sind durch die Schulen schon viel, viel besser geworden“, berichtet sie. Deswegen sei auch ihr Dolmetschen schon ein bisschen weniger gefragt. „Nur die Älteren haben ein paar Schwierigkeiten.“ Was aber normal sei, da man sich im Alter mit dem Lernen schwerer tut.

Gerade auch mit Blick auf den Einstieg in den Arbeitsmarkt kommen die Geflüchteten am Deutschlernen nicht vorbei. „Wenn ich zum Beispiel als Putzfrau arbeiten will, dann muss ich Wörter wie ,Fenster‘, ,Boden‘ oder ,trocken wischen‘ kennen. Das sind ganz einfache Sachen. Wenn dann die Leute sagen: ,Das brauchen wir nicht, wir können arbeiten‘, dann sage ich: ,Doch, das ist wichtig‘.“

Mit der Zeit haben sich die Aufgaben und Probleme, denen Zaby in ihrer Arbeit gegenübersteht, geändert. Anfangs ging es um formale Angelegenheiten wie etwa den Aufenthaltstitel, dann zum Beispiel um die Wohnungssuche.

„Jetzt kommt das normale Leben“, sagt sie. Manche der Geflüchteten sind von Traumata, Ehe- oder Suchtproblemen betroffen. Dann ist professionelle Hilfe gefragt und jemand, der wie Zaby Mentalität und Hintergründe der Geflüchteten kennt und versteht.

„Ich habe so viele Ideen“

Wichtig ist der Integrationslotsin hierbei auch, die Ehrenamtlichen zu entlasten, die in solchen Situationen oft an ihre Grenzen stoßen. „Die Ehrenamtlichen haben viel gemacht. Ohne sie hätten wir es nie geschafft. Ich finde manchmal keine Worte, mich dafür zu bedanken, was die alles gemacht haben“, betont Zaby gleichzeitig.

Um die Ehrenamtlichen zu unterstützen, bietet Zaby zum Beispiel auch Coachings und Fortbildungen an. Für die Geflüchteten indes hat sie zwei Selbsthilfegruppen ins Leben gerufen. Eine für die Frauen, eine für die Männer. Die Geschlechtertrennung erfolgte auf Wunsch der Männer, wie Zaby berichtet.

Sind die Frauen generell offener für Veränderung? „Ja“, bestätigt sie und lacht herzhaft. „Wir sehen hierfür sehr viele lebendige Beispiele.“ Trotzdem will sie auch die Männer aktivieren, sich in andere Richtungen zu bewegen.

„Ich versuche zum Beispiel, dass die Männer zusammen mit den Kindern einen Kurs machen.“ Denn Kinder und Erziehung sind in Syrien nach wie vor Sache der Frauen.

Das langfristige Ziel der Selbsthilfegruppen ist es, den Geflüchteten einen Weg zu zeigen, sich hier selbst helfen zu können. Die Integrationslotsin sagt: „Wir sind noch am Anfang, aber ich habe so viele Ideen.“

Die Integrationslotsin über ihr Heimatland Syrien

Siza Zaby kommt ursprünglich aus der syrischen Stadt Homs. Bei der Frage, was denn typisch syrisch ist, überlegt sie kurz. Dann sagt sie: „Die Syrer sind sehr, sehr gastfreundlich. Damals in Syrien haben mir immer die Touristen leid getan.“ Sie lacht. „Die wurden eingeladen und dann mit Essen und Süßigkeiten regelrecht vollgestopft.“

Zaby selbst lässt beim Weihnachtsfest mit ihrer Familie immer einen Stuhl und ein Gedeck frei – für den Fall, dass zufällig ein Gast vorbeikommt. Von der Lebensweise und der Mentalität her seien die Syrer insgesamt den Spaniern sehr ähnlich.

Eine große Rolle spielt in Syrien die Familie. „Sie ist bei uns das A und O und geht über alles“, erzählt Zaby. Meist leben mehrere Generationen gemeinsam unter einem Dach. Die syrische Gesellschaft war lange Zeit ein bunter Mix aus verschiedenen Religionen. „Wir haben keine Probleme miteinander gehabt, und dann auf einmal kam dieser Krieg“, erinnert sich Zaby.

 
 
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