
Aktuelle kommunalpolitische Themen standen im Mittelpunkt der Kreisversammlung der Bürgermeister des Landkreises Haßberge in Stettfeld. Diese reichten von der Finanzausstattung der Gemeinden über die Belastungen durch die Aufnahme von Flüchtlingen bis zur Straßenausbaubeitragssatzung und die Förderung von Kanalinstandhaltungen. Der Kreisvorsitzende des Bayerischen Gemeindetages, Bürgermeister Dieter Möhring aus Aidhausen, begrüßte hierzu das geschäftsführende Präsidialmitglied Jürgen Busse aus München.
Busse wies darauf hin, dass von den 2031 Gemeinden und Verbänden in Bayern 2027 im Bayerischen Gemeindetag vertreten seien und aus Unterfranken sogar alle vollzählig. Zur Finanzsituation der Kommunen meinte er: „Wir haben kein Einnahmeproblem, sondern höchstens ein Ausgabenproblem.“ Enorm gewachsen sei der Anstieg der kommunalen Ausgaben für soziale Ausgaben, von 2004 bis heute um 69 Prozent. Der Bund habe allerdings die Grundsicherung in voller Höhe übernommen und die Kommunen wurden mit der Eingliederungshilfe um jährlich fünf Milliarden Euro entlastet.
Zuschusslage ab 2017 offen
Die Aufwendungen für die Abwasserbeseitigung würden im Haushaltsjahr des Freistaats noch mit 70 Millionen Euro gefördert. Inwieweit ab dem Jahr 2017 Geld für Kanalsanierungen eingestellt wird, ist laut Busse nicht klar, es solle aber welches geben. Der Bedarf belaufe sich auf drei Milliarden Euro. Aus dem jetzigen Topf sollen 30 Millionen Euro nur noch für Härtefälle verwendet werden, aber nicht für Bereiche, wo Kommunen in den vergangenen 20 Jahren „die Hausaufgaben nicht gemacht“ haben.
Ein neues Programm werde derzeit aufgelegt für barrierefreie und energetische Maßnahmen. Dies solle von Oktober bis Februar 2016 laufen. Busse forderte die Gemeinden auf, rechtzeitig an vorbereitende Planungen zu denken.
Die Investitionen in den Breitbandausbau sah er sehr positiv. „Allerdings haben wir hier auch einen absoluten Nachholbedarf.
“ Durch das „Söder-Programm“ bekämen viele Kommunen „erheblich mehr Zuschüsse“. Die Weiterentwicklung ganztägiger Bildungs- und Betreuungsangebote für Schüler wird laut Busse die Gemeinden weiter belasten zukommen, wenn künftig von Montag bis Donnerstag die Betreuung von 8 bis 16 Uhr und am Freitag bis 12 Uhr gelten soll, und in einem Kombimodell sogar zusätzlich von 16 bis 18 Uhr auch am Freitag. Die Wahlfreiheit der Eltern zwischen Halbtags- und Ganztagsschule solle aber gewährleistet bleiben.
Auf großes Interesse unter den Bürgermeistern stieß die Diskussion um die Straßenausbaubeiträge. Busse informierte darüber, dass 72,6 Prozent der bayerischen Kommunen über eine Ausbaubeitragssatzung verfügten und in den Jahren 2013 und 2014 Ausbaubeiträge von 62,2 bis 65,4 Millionen Euro erhoben haben. In Unterfranken hätten 95 Prozent der Gemeinden eine solche Satzung, in Niederbayern nur 39 Prozent. Diese Zahlen belegten, dass auf den Straßenausbaubeitrag als Finanzierungsinstrument nicht verzichtet werden kann.
Derzeit würden Alternativen geprüft, weil das neue Gesetzgebungsverfahren im September beginnen und bis zum Jahresende abgeschlossen werden soll. Ein Vorschlag wäre die Grundsteuer. „In vielen Gemeinden müsste hier die Grundsteuer um das Vierfache erhöht werden, in Oberbayern wegen der höheren Baulandpreise vielleicht nur um zehn Prozent“, meinte Busse. Seiner Meinung nach wird es bei der „Soll-Regelung“ bleiben, aber die 500 Gemeinden ohne Satzung und kämen hier in eine schwierige Situation. Sie veruntreuten unter Umständen ihr Vermögen.
Es gebe aber auch Alternativen wie „wiederkehrende Beiträge“. Hier müsste ein Satzungsgebiet festgelegt werden, mit einem Kalkulationszeitraum von vielleicht fünf Jahren. Dann würden die Beiträge auf die dortigen Haushalte umgelegt. In Nordrhein-Westfalen gebe es hier beispielsweise einen Jahresbeitrag von 250 Euro. Hier müsse der Bürger aber akzeptieren: „Mein Straßengebiet ist die Gemeinde.“ Kompliziert werde es laut Busse, insofern, als die Gemeinde bei demjenigen, der schon bezahlt hat, nichts mehr holen könne.
Den Bürgermeistern brannten weitere Themen unter den Nägeln. Stefan Paulus aus Knetzgau sprach die „unbebauten Grundstücke“ an. „Wir haben fast noch 100 Bauplätze und kommen damit an unsere Grenzen. Gäbe es eine Möglichkeit, eine Steuer einzuführen, vielleicht eine Grundsteuer C, um diese unbebauten Grundstücke zu belasten?“ Die klare Aussage Busses: Es gibt hier kein Instrument, wenn es der Eigentümer nicht möchte. Es helfe nur ein Baugebot, wenn die Bauflächen in den Besitz der Gemeinde kämen. Natürlich sollten die Gemeinden flächensparend bauen und vor allem Innenbereiche mobilisieren.
Weitere forderte Paulus, die Sparkassen sollten viel mehr Gewinne an an die Kommunen ausschütten. Busse: Die niedrigen Zinsen haben die Einnahmen der Sparkassen in den vergangenen zehn Jahren enorm gedrückt. Deswegen würden in zahlreichen Landkreisen Filialen reihenweise geschlossen. Landrat Wilhelm Schneider ergänzte, dass die Sparkasse sich über ihre Stiftung den Kulturbereich förderten und keine Bereitstellungszinsen verlangen. Man könne nichts ausschütten und werde nach Empfehlungen und Vorgaben viel eher Filialen schließen müssen. „Uns macht viel mehr Probleme, dass wir unsere Sparkassen halten können und wir keine Fusion eingehen wollen.“
Brandschutz kostet immens Geld
Bürgermeister Jürgen Hennemann aus Ebern wünschte die volle Kostenübernahme durch das Land bei den Gemeinschaftsunterkünften für Asylbewerber und kritisierte die immer stärkeren Vorschriften des Brandschutzes bei Baumaßnahmen und die Belastungen durch Ganztagsschulen. So müsse man in Ebern für eine Mensa für die Grundschule mit zwei Millionen Euro rechnen – bei einer Förderung von nur 40 Prozent. „Beim Brandschutz für die Mittelschule glaubten wir erst an 50 000 Euro und tendieren nun zu 1,9 Millionen. Damit schießen wir weit über das Ziel hinaus und keiner traut sich mehr an dieses Thema heran.“
Hinsichtlich der Flüchtlinge, ließ Busse keinen Zweifel daran, dass es den Kommunen in Bayern besser gehe als anderswo. So würden auch Schulbegleiter und Hausmeister erstattet. Aber dieser Bereich bleibe Aufgabe der Landräte und Oberbürgermeister. Beim Brandschutz liege die Ursache in der klaren Vorgabe des Gesetzgebers. Schulen, Kindergärten und weitere Einrichtungen seien Sonderbauwerke und liefen daher über private Brandschutzsachverständige. Dies sei auch in anderen Bereichen so und diese Entwicklung werde man wohl nicht zurückschrauben können. „Auch ein Statiker baut lieber so viel Eisen rein, dass es alles aushält.“