Thomas Skroch mag es nicht, wenn man ihn als „Hobby-Historiker“ bezeichnet, auch wenn er diese Bezeichnung schon in einigen Medienberichten erhalten hat. „Das ist kein Hobby. Ich lebe davon“, sagt er. Viel lieber bezeichnet sich der 49-Jährige, der seit einem Jahr in Königsberg lebt, als „Schatzsucher“ oder „moderner Hasardeur“. Bereits in der Vergangenheit berichteten Medien über seine Funde. Nun hat er im Keller seines Hauses in Königsberg Relikte aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges gefunden. Skroch ist überzeugt: Es handelt sich dabei um eine Votivgabe des Feldherrn Johann T'Serclaes von Tilly.
In dem von 1618 bis 1648 dauernden Krieg, in dem sich katholische und protestantische Heere bekämpften, war Tilly oberster Heerführer der katholischen Liga und der kaiserlichen Armee. Das protestantische Königsberg besetzte er im März 1632. In dieser Zeit brach in einer Nacht ein Feuer aus, das viele Häuser der Stadt zerstörte – Ursache war vermutlich die Unachtsamkeit eines Stallburschen. Tilly hatte die Stadt also nicht anzünden lassen, wie er es andernorts tat. Das Gebäude, in dem der General selbst während seiner Zeit in Königsberg einquartiert war, ist bis heute als „Tilly-Haus“ bekannt. Das Nachbargebäude davon ist das Haus von Thomas Skroch. Hier machte der Schatzsucher seinen Fund.
Suche mit dem Metalldetektor
„Man weiß nicht, wie hier damals die Bausituation war“, erklärt Skroch. Ob sich an der Stelle, an der sein Haus heute steht, schon damals ein Wohnhaus befand, ist also unklar. Möglich wäre allerdings, dass die Fläche zum Tilly-Haus gehörte, sei es nun als Stall oder auch als freie Fläche neben dem Gebäude.
Thomas Skroch ist kein Unbekannter, was Schatzfunde angeht. 2015 hatten mehrere überregionale Medien über Funde aus der Nazi-Zeit berichtet, die er im Landkreis Fürstenfeldbruck gemacht hatte – eine große Anzahl an Abzeichen, Uniformknöpfen und anderen Gegenständen hatte er mit dem Metalldetektor im Boden gefunden. Er selbst hatte auch lange eine Firma, mit der er diese Detektoren vertrieb. Nun machte er sich auch im Keller seines Hauses in Königsberg mit dem Gerät auf die Suche. „In diesen Kellern findet man immer was“, sagt er. In einer Nische im gestampften Boden wurde er fündig: sechs Münzen und einen Anhänger förderte der Schatzsucher zutage.
Spanische Münzen
Doch warum geht Thomas Skroch davon aus, dass diese Wertsachen ausgerechnet General Tilly gehört haben? Das hängt vor allem mit der Herkunft der Fundstücke zusammen. Es handelt sich um fünf spanische Silbermünzen, geprägt zwischen 1567 und 1622. Dabei ist außerdem eine französische Münze, diese ist zu einem Amulett umgearbeitet. Schließlich gehört zu dem Fund noch ein Anhänger aus Bronze an einer Kette, darauf steht die Jahreszahl 1625.
„Wer sollte hier solche Münzen haben?“, fragt Skroch. Für den Schatzsucher ist klar, dass der Feldherr die Geldstücke mitgebracht haben muss: Tilly stammte aus dem Herzogtum Brabant. Heute gehört seine Heimat zu Belgien, damals war sie Teil der Spanischen Niederlande. Tilly wurde also als Untertan der spanischen Krone geboren. „Es ist definitiv mit ihm in Zusammenhang zu bringen“, sagt Thomas Skroch.
Marienverehrung
Die religiösen Bezüge auf dem Anhänger deutet der Finder ebenfalls als Hinweis auf den General: Hier spielt vor allem die Jungfrau Maria eine Rolle, was auf die große Marienverehrung des strenggläubigen Katholiken Tilly hinweisen könnte. Wie weit die Religiosität des Feldherrn ging, zeigt sich auch am Beispiel der Königsberger Kirche: Als die Stadt in Flammen stand, ordnete Tilly an, ein Übergreifen auf die Stadtkirche zu verhindern.
Da Thomas Skroch die insgesamt sieben Stücke in der gleichen Ecke des Kellers entdeckte, geht er davon aus, dass es sich bei dem Fund um eine sogenannte Votivgabe handelt. Das heißt, dass die Stücke nicht verloren, sondern bewusst an dieser Stelle abgelegt wurden. Auf diese Art sollte ein Opfer gebracht werden.
Magische Zahl Sieben
Dazu könnte nach Skrochs Auffassung auch die eingeprägte Jahreszahl auf dem Anhänger hindeuten: 1625 verlor Tilly rund 8000 Mann seines Heeres durch die Pest – ein Grund, Gott wieder gnädig stimmen zu wollen? Auch dass es sich gerade um sieben Stücke handelt, spricht aus Sicht des Finders dafür, dass Tilly derjenige war, der die Votivgabe dort versteckt hat. Denn der Feldherr sei ein großer Anhänger dieser magischen Zahl gewesen. So beschreibt es zumindest ein Artikel auf der Tourismus-Webseite der Stadt Rothenburg, die ebenfalls von ihm eingenommen wurde. Tillys Obsession mit dieser Zahl habe sich unter anderem darin geäußert, dass er Städte bei der Brandschatzung an sieben Ecken anzünden ließ.
Eine Expertise von Historikern oder Archäologen existiert zu Thomas Skrochs Entdeckung noch nicht. Der Finder gibt sich allerdings auch skeptisch im Bezug auf die Forschung. Als jemand, der selbst Erfahrung mit der Suche nach Schätzen hat, habe er von vielen Dingen mehr Ahnung als so mancher studierter Experte. „Ich kann Funde einordnen“, ist er überzeugt.
Wem gehört der Fund?
Viel Ahnung habe er auch, was die Gesetzgebung zu Schatzfunden angeht. So ist Thomas Skroch überzeugt, dass er die Stücke behalten oder verkaufen darf. Die Gesetzeslage ist allerdings durchaus kompliziert. Je nach Bundesland kann der Staat unter verschiedenen Bedingungen Fundstücke als „Schatz“ deklarieren, den der Finder abgeben muss. Bayern hat zwar, als einziges deutsches Land, kein „Schatzregal“, das Schatzsucher in bestimmten Fällen verpflichten kann, ihre Funde unentgeltlich abzugeben. Eine Abgabe gegen Entschädigung kann der Staat aber auch hier theoretisch verlangen. Allerdings beziehe sich das vor allem auf antike Stücke. Was den Fund aus dem Dreißigjährigen Krieg angeht, sieht er sich dagegen auf der sicheren Seite.