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HASSFURT
„Die NSA ist nicht im Landratsamt unterwegs“
Von unserem Redaktionsmitglied Martin Sage
 |  aktualisiert: 15.12.2020 15:28 Uhr

Ist es die gezielte Aktion gegen einen Landratskandidaten oder geschah es aus Sorge, dass das Landratsamt Haßberge sein eigenes Personal bespitzelt? Bei der Heimatzeitung ist am Freitag ein anonymes Schreiben eingegangen, dass Wilhelm Schneider (CSU) unterstellt, eine Mitarbeiterin des Kreishochbaureferats „heimlich abgehört“ zu haben. Ziel der Aktion sei es gewesen, die namentlich genannte Frau zu Aussagen zu bringen, die gegen sie verwendet werden können, steht sinngemäß in dem Papier.

Wie das Haßfurter Tagblatt recherchiert hat, gab es in der Tat einen Vorfall, der auf den ersten Blick höchst merkwürdig anmutet: Es geht um den Rechnungsprüfungsausschuss des Kreistags. Der hatte dem Kreishochbaureferat im letzten Jahr fahrlässiges Handeln im Falle einer Baumaßnahme im nördlichen Landkreis vorgeworfen und das in seinem Bericht festgehalten. Weil der Hochbau die Vorwürfe entschieden zurückweist und verlangte, dass der Passus gestrichen wird, kam es im Oktober zur Anhörung im Besprechungszimmer der Rechnungsprüfer. Und dabei stellte die Vertreterin der Baubehörde fest, „dass an der Decke des Besprechungszimmers ein Aufnahmegerät angebracht war, das mitlief“, wie es Landrat Rudolf Handwerker in seiner Stellungnahme vom Freitag beschreibt.

Die Betroffene wollte sich gegenüber dem HT in keinster Weise zu dem Vorfall und den Konsequenzen daraus äußern, jedoch ist es nach HT-Informationen so, dass sie sich mit Hilfe eines Rechtsbeistandes gegen die Tonbandaufnahme zu Wehr setzte und das letzten Endes erfolgreich. Bei einem Gespräch zwischen Rechnungsprüfung und Kreishochbau habe man vereinbart, den Tonträger zu löschen. Das sei inzwischen geschehen, teilte der Landrat mit. Auch sei den Vertretern der Bauabteilung mittlerweile ein Gedächtnisprotokoll ausgehändigt worden. Damit jedoch steht immer noch der Vorwurf im Raum, dass im Landratsamt heimliche Abhörmaßnahmen stattfinden. Dazu erklärte der Landrat jedoch, dass „alle Sitzungen des Rechnungsprüfungsausschusses zur Fertigung des Protokolls auf Tonträger aufgenommen werden.“ Allerdings sei seine betroffene Untergebene nicht auf den Mitschnitt ihrer Aussagen auf Tonband hingewiesen worden, „was erforderlich gewesen wäre.“

Der Bespitzelungsverdacht trifft in erster Linie Wilhelm Schneider, der im März Handwerkers Nachfolger als Landrat werden will. Der Maroldsweisacher Bürgermeister und Kreisrat ist Vorsitzender des Rechnungsprüfungsausschusses. Der 55-Jährige räumte am Freitag unumwunden ein, dass es sein Fehler gewesen sei, in der besagten Sitzung nicht auf das Tonband aufmerksam gemacht zuhaben. Dafür habe er sich in aller Form entschuldigt. Dass er und der Ausschuss versucht hätten, die Mitterarbeiterin aus dem Kreishochbau hereinzulegen, weise er aber weit von sich. „Es ist bei uns seit über 20 Jahren Praxis, die Sitzungen auf Tonband aufzunehmen, um uns das ewige Protokollieren zu ersparen.“

Dass hier unterstellt werde, der Rechnungsprüfungsausschuss habe jemanden aufs Glatteis führen wollen, mache ihn schon betroffen, sagte Ausschussmitglied Kurt Sieber (Königsberg) zum HT. Der FDP-Mann führte aus, dass es völlig im Einklang mit der Geschäftsordnung des Kreistags sei, die nicht-öffentlichen Sitzungen mitzuschneiden. Der Tonträger sei dann Teil des Protokolls, das durch das Ergebnisprotokoll vervollständigt werde. „Da gab es auch noch nie einen Einspruch“, meinte der ehemalige Landtagsabgeordnete, „die NSA ist nicht im Landratsamt unterwegs.“ Er sei eigentlich davon ausgegangen, dass alle Mitarbeiter im Landratsamt, zumal die Führungskräfte, von dem Prozedere wüssten. Auch für Ausschussmitglied Christoph Winkler (Wählergemeinschaft Haßberge) ist es seit vielen Jahren eine Selbstverständlichkeit, dass das Tonband mitläuft, wenn die Rechnungsprüfer tagen. Dass die befragte Hochbaumitarbeiterin nichts davon wusste, sei ein Versäumnis gewesen, räumte der Zeiler Altbürgermeister ein. Der Vorwurf des heimlichen Abhörens sei aber absurd. Es sei wie unzählige Male zuvor allein um die Anfertigung des Protokolls gegangen.

Auf Nachfrage legte Günter Mendel vom Kreisrechnungsprüfungsamt dem HT den entscheidenden Auszug aus der Geschäftsordnung vor, die für jede Kreistags- und Ausschusssitzung gilt: Hier heißt es im Paragraf 26, der die Niederschriften regelt, in Absatz 5: „Zur Aufnahme der Niederschrift und zum Festhalten von wörtlichen Beiträgen ist es dem/der Protokollführer/in gestattet, für Aufzeichnungen einen Tonträger zu verwenden. Der Tonträger wird als Anlage der Niederschrift aufbewahrt.“

Den Passus, wonach jeder Anwesende auf das mitlaufende Band aufmerksam gemacht werden muss, gibt es nicht. Sich dieses Punktes anzunehmen, wäre wohl Sache des Datenschutzbeauftragten in der kommenden Kreistagsperiode.

 
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