In Jerusalem steht eine Klagemauer - und seit kurzem auch bei Goßmannsdorf. Dort verhindert seit kurzem eine Bretterwand den Zutritt zum großen Badesteg des Goßmannsdorfer Sees.
"Aufgrund der aktuellen Rechtslage, wonach das Baden in künstlich geschaffenen Gewässern nur bei Sicherstellung des Badebetriebes durch qualifiziertes Personal, wie Bademeister oder Rettungsschwimmer, gestattet ist, muss die Stadt Hofheim das Baden im Goßmannsdorfer See mit sofortiger Wirkung verbieten und die zum Badebetrieb einladenden Einstiegshilfen abbauen. Wir bedauern diesen Schritt, sind aber zur Vermeidung von Haftungs- und strafrechtlichen Konsequenzen dazu gezwungen. Stadt Hofheim. Erster Bürgermeister." So steht es auf einem Schild, das an der Bretterwand befestigt ist.
Doch viele Badegäste wollen sich mit dem Badeverbot nicht abfinden. Sie haben ihrerseits Zettel an der Wand befestigt, um ihrem Unmut Ausdruck zu verleihen. "Freiheit für unseren Gossisee", fordert Thomas Beyer, der ebenfalls einen Zettel befestigt. "Gegen den Regulierungswahn! Für mehr Selbstbestimmung! Sagt Nein zum Badeverbot!", fordert ein anderer Badegast. "Was müssen die Menschen in diesem Staat noch alles hinnehmen?", schreibt ein anderer. "Seit 30 Jahren gehe ich mit meinen Kindern und Enkeln zum Baden an diesen wundervollen See... und werde es weiterhin tun", zeigt sich ein anderer Badegast trotzig. "Wie soll das nur weitergehen? Heute der See und morgen? Stoppt den Wahnsinn! Lasst uns den See!", fordert ein anderer Badegast.
Auch Michaela Schnepel ist über das Badeverbot verärgert. Seit 30 Jahren badet sie im Goßmannsdorfer See. Ihrem Ärger hat sie in einem Leserbrief Luft gemacht. "Wieder einmal hat der Bürokratenhengst sich vergaloppiert und ein Urteil vom BGH (Bundesgerichtshof) von 2017 aus der Schublade gezogen, welches entstand, als in irgend einem Gewässer in Deutschland einen schwerwiegenden Unfall mit bleibendem Schaden hatte und die zuständige Gemeinde herangezogen wurde zu zahlen (…) Pack die Badehose ein und ab zum Gossisee. So soll es bleiben", schreibt sie.
Doch nur bei einem Leserbrief will sie es nicht belassen. Am Dienstag nun traf sie sich mit Gleichgesinnten am See, um zu besprechen, wie das Badeverbot gekippt werden kann. Eine WhatsApp-Gruppe "Goßmannsdorfer See" wurde gegründet. Gemeinsam einigte man sich auf eine Unterschriftenaktion, die sofort gestartet wurde. In vielen Hofheimer Geschäften, Arztpraxen und an anderen öffentlichen Orten liegen die Unterschriftenlisten zum Erhalt des Badesees mittlerweile aus.
Am kommenden Samstag, 27. Juni, um 10 Uhr wollen sich die Gleichgesinnten zu einem Ortstermin am See mit Bürgermeister Wolfgang Borst treffen, um nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen. Den Bürgermeister sehen sie nicht als Sündenbock. Denn schließlich war er es, der den Goßmannsdorfer Badesee als Ausweichmöglichkeit für das wegen eines Wasserschadens geschlossene Hofheimer Freibad anbot.
Auch für seine Sorge, dass die Gemeinde im Schadensfall haften muss, zeigen die Badefreunde Verständnis. Er solle aber alle rechtlichen Möglichkeiten ausloten, um das Baden wieder zu ermöglichen, ist der Tenor in der Gesprächsrunde. Die Badefreunde wären auch damit einverstanden, wenn die Badestege abgebaut werden, wenn dann im Gegenzug das Baden wieder erlaubt wäre – auch wenn es für die Kinder Schade wäre.
Zumindest würde dies auch das Ende der "Klagemauer" in Goßmannsdorf bedeuten.