
Da zog Kommandant Markus Reinwand gerade noch einmal den Kopf aus der Schlinge. Was, wo, warum? Ganz einfach: Reinwand ist der Leiter der ersten original „Ebelsbacher Feierwehrkappeln“ und sorgte mit seinem „Ensemble“ beim Premierenauftritt vor einem Jahr für eines der Glanzlichter beim örtlichen Pfarrfasching im altehrwürdigen Pfarrsaal. Und diesmal? „Herzlich willkommen und Grüß Gott. Die Kapelle marschiert heute besonders flott, denn der Pfarrfasching ist uns heut egal. Wir spielen mal im Bürgersaal.“
Bitte was? Im Bürgersaal? Aber warum? „Nach dem Erfolg des letztes Jahres, boten uns die Pölsterer Bares“, lautete die Begründung. Dann setzte er noch eines drauf: „Wer braucht da noch den Pfarrfasching, in diesem abgewrackten Ding, das früher einmal Pfarrsaal war. Das ist für uns nicht annehmbar. Das Publikum hier im Bürgersaal, ist für uns jetzt erste Wahl. Viel mehr Niveau, man sieht es gleich. Zum Pfarrfasching doch kein Vergleich.“ Oh, oh. Mit diesen Aussagen machte sich der Kommandant, dessen internes Navigationsgerät scheinbar völlig versagt hat, zunächst keine Freunde. Bis er auf seinen Lapsus („Falscher Text, du Depp“) aufmerksam gemacht wurde, was ihn wiederum zu einer 180-Grad-Drehung veranlasste. „Heut ist wieder Pfarrfasching, das ist doch ganz genau unser Ding! Wir begrüßen sie mit unseren Reimen, ohne uns lang einzuschleimen. Es lästern spitz und schießen quer, die Gestalten vor der Feierwehr“, hatte Reinwand doch noch die Kurve gekratzt und ließ zusammen mit seinen jungen Musikern Lorenz (Saxofon), Jakob (Tuba), Moritz (Posaune), Jella (Tenorhorn), Johann (Klarinette), Lukas (Euphonium) und Franz (Trompete) wie zuvor angekündigt und mit Hilfe der „Muppets“ sprichwörtlich „die Puppen tanzen“.
Reinwand und der Anstand wurden dann doch schnell wieder Freunde. Einige „Ehrengäste“ begrüßte er deshalb besonders: „Es kamen genau die Scharen, die befürchtet worden waren. Der Gemeinderat, das Ebelsbacher Kabinett, bis auf die ,Nonames? fast komplett. Und wir, die wir heute hier gastieren, müssen diesen Anblick akzeptieren.“ Auch sonst wimmelte es „zwischen Bier- und Essensresten“ von Personen, die sich eigentlich „überhaupt nicht lohnen, weil sie sich vor der Bühne prahlen, aber keinen Eintritt zahlen“. Neben Bürgermeister Walter Ziegler („Nur zur Orientierung: Er ist in Ebelsbach immer noch an der Regierung“), dessen Stellvertreter Andreas Hoch oder der Rapid Jazz-Dance-Company mussten sich noch weitere „Promis“ mit der ein oder anderen Pfeilspitze auseinandersetzen. Die Pfarrnärrinnen und -narren waren begeistert. Erst recht bei der Bundestagsabgeordneten Dorothee Bär, deren „Kurzauftritt“ in der Rede von Kommandant Markus Reinwand doch tatsächlich erkauft wurde. „Ob im Stöckelschuh auf der Jagd nach Wild, ob beim Autotesten in der Bild, schreiend in der Fernsehshow – Respekt, die Frau hat halt Niveau.“ Und die 50 Euro reichten anschließend nur noch für das Lied „Geh Alte, schau mi net so deppert o...“
Auch alle anderen Tänzer – etwa die jungen Mitglieder von gleich drei „Jazz-Dance-Gruppen“ – sowie die Pfarrgemeinderats-Zwerge, die einzelnen Wochentage, die „Dingsda“-Ministranten, Miss Sauerkraut Maria Dietz sowie die wohlportionierte Witwe Herta Drescher sorgten für beste Stimmung und dafür, dass Sitzungspräsident Martin Wasser leichtes Spiel hatte. Ebenso natürlich die wohl einzige Ein-Mann-Big-Band weit auf breit: Johannes Eirich, seit gefühlten fünf Jahrzehnten der Pfarrfaschingsmusiker überhaupt, hatte auch gleich seinen Chor mitgebracht. Und es wurde deutlich: „Mit den heil?gen Ländern, Eltmann, Schleichach und Fatschenbrunn, Leute stellt euch darauf ein, werden wir 2030, und das dauert nicht mehr lang, eine Großpfarreiengemeinschaft sein.“ Was für Aussichten...
Doch was war das gegen Ende? Ein kleiner Vierbeiner mit einem langen Schwanz schlängelte sich über die Bühne und ging schnurstracks ans Rednerpult. Es handelte sich um eine Kirchenmaus. „Ich wohn in eurem Gotteshaus. Alles was ihr sagt und tut, krieg ich mit – ich höre gut.“ Was Claudia Reinwand dann zu erzählen hatte, Mann oh Mann. Etwa vom „Chef“ persönlich. „Pfarrer Dr. Rusin heißt dieser Mann. Er redet lange, wenn er einmal spricht. Doch was er sagt, verstehe ich manchmal nicht“, sagte die Maus. So ergeht es scheinbar auch anderen. „Um was ging?s heute in der Predigt eigentlich?“, hat eine Frau gefragt. „Keine Ahnung“, kam die Antwort, „das hat er nicht gesagt.“ Ebenso gibt es immer wieder Begegnungen mit Organist Florian Mayer („Eine Maus ist zwar nicht groß. Aber einen Floh schafft sie getrost“), Kirchen-Hauptorganisationschef Alfred Schöpplein und vielen anderen. Mal schauen, was die Kirchenmaus im nächsten Jahr zu erzählen hat.






