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AIDHAUSEN
Die Käse-Sommelière weiß alles
Lieber Käsepapier anstatt Frischhaltefolie. Der Käse kann sonst nicht atmen. Diese Weisheit von Roswitha Boppeler stammt nicht von ungefähr: Sie ist seit 2010 Käse-Sommeliere – mit Diplom.
Die Käse-Sommeliere weiß alles       -  Im Aidhäuser Dorfladen bot Käse-Sommeliere Roswitha Boppeler zwei Tage lang Käse zum Verkosten an und klärte fachkundig über Herstellung, Reifung und charakterliche Eigenschaften der verschiedenen Sorten auf. Zudem gab es auch wertvolle Tipps zur Aufbewahrung der Spezialitäten.
Foto: Symbol-Thinkstock | Im Aidhäuser Dorfladen bot Käse-Sommeliere Roswitha Boppeler zwei Tage lang Käse zum Verkosten an und klärte fachkundig über Herstellung, Reifung und charakterliche Eigenschaften der verschiedenen Sorten auf.
Gudrun Klopf
 |  aktualisiert: 03.12.2019 09:21 Uhr

Alles Käse? Von wegen! Die Zeiten, in denen sich die Käseauswahl in deutschen Kühlschränken auf Schmelzkäse und Gouda beschränkte, sind vorbei. Hartkäse, Schnittkäse, halbfester Schnittkäse, Weichkäse, Frischkäse: Die Vielfalt der Käsesorten in Kühlregalen und Käsetheken ist riesig. Ebenso riesig sind die Unterschiede in Qualität und Geschmack.

Lieber würzig oder mild? Eine wichtige Frage bei der Käseverkostung im „Dorflädle Aidhausen“. Auf Einladung von Karin Wymar (rechts) vom Dorfladenbeirat informierte Käsesommeliere Roswitha Boppeler über alles rund um das Thema Käse.
Foto: Gudrun Klopf | Lieber würzig oder mild? Eine wichtige Frage bei der Käseverkostung im „Dorflädle Aidhausen“. Auf Einladung von Karin Wymar (rechts) vom Dorfladenbeirat informierte Käsesommeliere Roswitha Boppeler über ...

„Die Milch macht's“, ist Roswitha Boppeler davon überzeugt, dass nur aus einem erstklassigen Rohstoff ein guter Käse werden kann. Roswitha Boppeler stammt aus Kempten und hat sich mit Leib und Seele dem Käse verschrieben. 2010 legte sie als erste Frau im Allgäu die Prüfung zur Käse-Sommelière ab.

Karin Wymar vom Beirat des Aidhäuser Dorfladens lernte die Fachfrau auf der „Grünen Woche“ in Berlin kennen. Seit 19 Jahren ist Boppeler dort als Botschafterin des Allgäuer Käse vertreten. Gemeinsam mit Ladenleiterin Ute Memmel lud Wymar die Käseexpertin nun nach Aidhausen ein.

Im charmanten Allgäuer Dialekt bot die Käse-Sommelière zwei Tage den Kunden im Dorfladen verschiedene Käsesorten zum Verkosten an.

„Alle Käse hier im Dorfladen sind aus Heumilch hergestellt“, erklärt Roswitha Boppeler. Heumilch stammt von Milchkühen, die ausschließlich mit Gras, Heu und mineralstoffreichem Getreideschrot gefüttert werden. Sämtliche Futtermittel sind kontrolliert gentechnikfrei. Die Tiere erhalten keine Silage, also vergorenes Futter aus Gras oder Getreide. „Diese Rohmilch ist reich an Aromen und gesunden Inhaltsstoffen“, sagt die Sommeliere.

„Leider erfüllen in Deutschland nur etwa drei Prozent der erzeugten Milch die strengen Kriterien der Heumilch.“ Der Rohmilchkäse aus Heumilch werde nur bis circa 48 Grad erwärmt, so dass viele Vitamine und Nährstoffe erhalten bleiben. „Zusatzstoffe und Konservierungsmittel kommen nicht zum Einsatz“, zählt Boppeler weitere Vorzüge der Heumilchprodukte auf.

Die selbstständige Handelsfachwirtin schult Personal im Lebensmittelbereich und repräsentiert Käse- und Wurstspezialitäten auf Messen. „Beim Bäcker und Metzger gibt es Ausbildungen zur Fachverkäuferin“, stellt sie fest, „aber eine Käsefachverkäuferin gibt es nicht.“

2010 ließ sich die Allgäuerin in Österreich zur Diplom-Sommelière ausbilden, weil es dieses Angebot in Deutschland noch nicht gab. Auf Boppelers Initiative hin bietet die Landesvereinigung der Bayerischen Milchwirtschaft zusammen mit dem Cluster Ernährung im Kompetenzzentrum für Ernährung seit 2012 die Fortbildung zum Käse-Sommelier auch in Bayern an.

Der Andrang auf die 15-tägigen Kurse, aufgeteilt auf sechs Blöcke, ist groß. Vermittelt wird alles rund um den Käse aus aller Welt: von der Herstellung über die Veredelung bis hin zum richtigen Schneiden und kunstvollen Anrichten.

„Lieber mild oder würzig“, fragt Boppeler die interessierten Käsetester im Dorfladen. Wer es eher leicht mag, versucht den löchrigen Allgäuer Emmentaler, abgeschnitten vom 80 Kilogramm schweren Laib. „1000 Liter Milch sind da verarbeitet“, informiert die Sommeliere.

Oder einen mit duftenden Almblüten umhüllten Schnittkäse. „Hier die Rinde unbedingt mitessen, da steckt das ganze Kräuteraroma drinnen“, empfiehlt Boppeler.

Kräftig wird es beim Bergkäse, der ab drei Monaten und bis zu drei Jahren gereift sein kann. „Mit dem Käse ist es wie mit den Frauen: je älter, desto rassiger“, scherzt die Expertin. Den langjährig gereiften Käse könne man wie Pralinen naschen; bestens geeignet auch als Ersatz für das Salzgebäck vor dem Fernseher.

Neben vielen Informationen zur Herstellung, Reifung und zu charakterlichen Eigenschaften der unterschiedlichen Sorten gibt es auch wertvolle Tipps zur Aufbewahrung der Spezialitäten. „Niemals in Frischhaltefolie“, die lasse den Käse nicht atmen.

Optimal sei das Käsepapier, wie es an der Aidhäuser Käsetheke benutzt werde. Damit der Verzehr zum Genuss wird, „Käse niemals kühl essen“, sagt die Fachfrau. „Immer mindestens eine halbe bis eine Stunde vorher aus dem Kühlschrank nehmen, damit sich das volle Aroma entfalten kann.“

Auch auf die Laktosefreiheit von Käse geht Boppeler ein. In Deutschland dürfe Käse als „laktosefrei“ bezeichnet werden, wenn er weniger als 0,1 Prozent Laktose enthält. „Aber Hartkäse sind wegen ihrer langen Reifezeit sowieso laktosefrei.“ Denn während des Reifeprozesses werde die Laktose in ihre Bestandteile Glukose und Galaktose gespalten und dann zu Milchsäure umgewandelt.

Karin Wymar freut sich über das rege Interesse an der Käseverkostung. „Mir war es von Anfang an wichtig, in unserer Theke einen richtig guten Käse zu verkaufen.“ Bei der Erzeugung von Nahrungsmitteln liege ihr die Verträglichkeit für Mensch, Tier und Umwelt sehr am Herzen. Beim angebotenen Käse passe zudem das Preis-Leistungs-Verhältnis und: „Die Kunden haben ihn inzwischen schätzen gelernt“, sagt Wymar.

Dazu beigetragen haben ihrer Meinung nach auch die Schulungen der Verkäuferinnen, die nun detaillierte Auskünfte zu den angebotenen Käsesorten geben könnten. Veganen Käse biete man dagegen bewusst nicht an, „weil der Preis in keinem Verhältnis zu dem steht, was man dafür bekommt“, sagt Wymar. „Diese Produkte bestehen meist hauptsächlich aus Kokosöl und Wasser.“

„Als kleiner Dorfladen müssen wir neben dem normalen Sortiment mit Spezialitäten punkten, wie eben mit dem Heumilchkäse, oder aber mit Erzeugnissen aus der Region.“ Gleichzeitig versuche man immer wieder, mit besonderen Aktionen auf den Dorfladen aufmerksam zu machen.

Das „Aidhäuser Dorflädle“ wurde 2011 als Unternehmensgesellschaft gegründet, an der sich Bürger als stille Gesellschafter beteiligen können. Vor allem von jungen Familien und älteren Einwohnern werde der Dorfladen sehr gut angenommen, sagt Wymar. „Das ,Mittelalter' fehlt uns noch – dann könnten wir etwas unbesorgter wirtschaften.“

 
 
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