Sie haben die Kurve gekriegt. Während viele Vereine bei Neuwahlen händeringend nach neuen Vorständen suchen, ist der Generationenwechsel bei der Blaskapelle Hofstetten längst geglückt. Allerdings fallen junge Menschen, die bereit sind, ehrenamtlich eine Menge Zeit in die zunehmend komplexeren Aufgaben eines Vorstandes zu investieren, auch in Hofstetten nicht vom Himmel. „Das muss man der älteren Generation hoch anrechnen, wie sie die angestrebte Verjüngung vorbereitet und rechtzeitig in die Wege geleitet hat“, sagt Bernd Schmitt (24), der seit einigen Wochen an der Spitze des Vereins steht.
Finanzen, Öffentlichkeitsarbeit, Mitgliederpflege – der Verantwortung, einen Verein aktiv in die Zukunft zu führen, fühlen sich viele nicht gewachsen. Die Blaskapelle Hofstetten organisierte kurzerhand ein professionelles Coaching, bei dem elf ihrer Mitglieder und vier Musikanten der Blasmusik Kraisdorf mit einem Fachmann das Thema „Vereinsführung“ von allen Seiten unter die Lupe nahmen. „Das hat richtig viel gebracht“, bestätigt Daniel Ankenbrand (27), der bei der Neuwahl im März den Posten des Stellvertreters besetzte. Bestens vorbereitet, übernahmen nach dem Seminar alle Teilnehmer aus Hofstetten eine Aufgabe im Verein. „Außerdem stehen uns die alten Vorstände als Beisitzer mit Rat und Tat zur Seite“, schildert Schmitt.
Die Wurzeln der Blaskapelle liegen in der Kirchenmusik. Um in der Pfarrei Jesserndorf kirchliche Feste mit Musik zu bereichern, rief Karl Stark 1965 die Blaskapelle ins Leben. „In unermüdlicher und selbstloser Arbeit lernte Karl Stark eine Reihe junger Bläser an“, ist in der Chronik festgehalten. Von den zehn Bläsern der ersten Stunde trugen Karl, Gerhard, Bruno und Siegfried den Familiennamen Stark. Mit dabei waren auch Edgar Steinmetz, Helmut Müller, Franz Polreich, Heinrich Heller, Leo Döll und Werner Seemann. Dem Fleiß der Teilnehmer verschloss sich auch Lehrer Adam Gütlein nicht, steht in der Chronik. So übernahm dieser auf allgemeinen Wunsch im Mai 1966 die Leitung der Blaskapelle. Bereits 1967 gestalteten die Musikanten das Fronleichnamsfest. Das gemeinsame Musizieren freute die Spieler, die sich nun auch an die Blasmusik heranwagten. Die Kapelle wuchs, der Erfolg blieb nicht aus. Im September 1968 führte die Kapelle Hofstetten beim Feuerwehrfest in Leuzendorf den laut Chronik etwa 1000 Mann starken Festzug an, „was von unserer Seite als Ehre empfunden wurde.“
Schon bald war die Blaskapelle aus dem Dorfleben nicht mehr wegzudenken. Flurprozessionen, Annatag, Kirchweih, Allerheiligen, Christbaumverlosungen – mit ihrer Musik verschönerte sie kirchliche Feste und Veranstaltungen von Vereinen. „Die Blaskapelle ist jetzt endgültig ein fester Bestandteil im Leben der Gemeinde geworden“, ist schon Anfang 1969 in der Chronik belegt. Und so ist es bis heute geblieben. Mit 130 Mitgliedern ist die Blaskapelle der größte Verein im Ort. „Das ganze Dorf unterstützt uns“, freuen sich die jungen Vorsitzenden. Ohne die tatkräftige Hilfe der Dorfbewohner ließen sich Veranstaltungen wie die „Mallorca Party“ auch nicht stemmen. Das Spektakel mit Palmen, Pool, Sandstrand und Showtanz wird dieses Jahr am 11. August zum siebten Mal wieder Hunderte Fans in das sonst so beschauliche Hofstetten locken. „Wir haben erkannt, dass man etwas für die Jugend tun muss, um auch die Jungen an den Verein zu binden“, sagt Dirigent Klaus Rambacher. „Macht ihr, wir helfen, aber reden euch nicht rein“, sagen die alten Vereinshasen und überlassen der Jugend die Organisation der Veranstaltung. „Natürlich war das Ganze mit viel Skepsis verbunden“, gibt Rambacher zu. Doch das Vertrauen zahlt sich aus. Inzwischen ist die Veranstaltung weit über die Landkreisgrenzen hinaus bekannt und Anziehungspunkt für viele Partybegeisterte.
Im Repertoire der Kapelle haben Ballermannhits allerdings nichts verloren. „Mein Herz schlägt für böhmische Blasmusik“, schwärmt Klaus Rambacher von Märschen, Polkas und Walzern. Seit 1969 ist der 58-Jährige mit der Trompete dabei. Aus der Not heraus – weil sein Vorgänger Adam Gütlein gesundheitlich angeschlagen war – übernahm Rambacher 1980 die musikalische Leitung. „Bevor wir ab etwa 1995 alles besser strukturiert haben, sind wir über viele Jahre so dahin gedümpelt“, erinnert sich Rambacher. Vor allem die Ausbildung bekam nun Hand und Fuß. Jedes Instrument wird von einem qualifizierten Ausbilder unterrichtet.
Zur Zeit sind es 14 Kinder und Jugendliche, die ein Instrument lernen. Zusätzlich erprobt sich der Nachwuchs unter der Leitung von Klaus Rambacher am Ensemblespiel. „In Sachen Ausbildung haben wir uns einen guten Ruf erarbeitet“, sagt der Dirigent stolz. Allerdings sei es nicht einfach, den Nachwuchs nach etwa drei Jahren Unterricht in die Kapelle einzubauen. „Einerseits soll das Niveau der Kapelle nicht leiden, andererseits darf man aber auch die Kinder nicht zu lange schmoren lassen.“ Die Integration in die Kapelle fordere von allen Seiten Geduld.
„Und auch die Kapelle machte in den 90er Jahren vom Niveau her einen Quantensprung“, lobt er seine Musikanten. Aus Bischwind, Kottenbrunn, Bramberg und anderen umliegenden Ortschaften kamen Neuzugänge dazu. Zwei Auftritte am Wochenende waren keine Seltenheit. Das bisherige Standardrepertoire für Kapellen der Unterstufe wandelte sich. Zu den Märschen und Walzern gesellten sich Polkas und das ein oder andere niveauvolle moderne Arrangement von bekannten Rockballaden und anderen Melodien. Schließlich begeisterte Rambacher die Bläser für die böhmische Blasmusik, „die wir aber nicht einfach von anderen abkupfern, sondern mit einer eigenen Hofstettener Stilistik spielen.“ Der Dirigent, der auch selbst komponiert, ist mit seiner Truppe zufrieden. Natürlich habe er ganz persönliche Vorstellungen, wie die Stücke klingen sollen, aber „man muss die Kirche auch im Dorf lassen und darf keine überzogenen Erwartungen haben.“
Mittlerweile haben sich feste Termine im Jahresverlauf etabliert, wie der Abend der Blasmusik, den die Hofstettener jeweils mit einer Gastkapelle gestalten, das Standkonzert am Königsberger Marktplatz zum Pfingstfest und der Auftritt am Weihnachtsmarkt, der 1. Mai in Krum. Zehn Auftritte kommen so im Jahr zusammen. Und auch mit der Kirchenmusik ist die Kapelle etwa zehn Mal jährlich aktiv. „Mehr wollen wir gar nicht“, versichert Vorsitzender Bernd Schmitt. „So wie früher, jedes Wochenende unterwegs sein, das ist heute jedem zu viel.“
Doch ein Leben ohne Blaskapelle können sich die Hofstettener nicht vorstellen. „Wir sind mit der Blaskapelle groß geworden“, sagen die Geschwister Daniel und Angela Ankenbrand, deren Opa schon mitspielte und deren Vater auch dabei ist. „Das war für uns überhaupt keine Frage, dass wir da auch mitmachen.“
ONLINE-TIPP
Viele Fotos und ein Video der Blaskapelle Hofstetten unter www.mainpost.de
Blaskapelle Hofstetten
Gründungsjahr: 1965
Dirigenten: 1966 bis 1980 Adam Gütlein, seit 1980 Klaus Rambacher
Mitglieder: 130, davon 30 aktive Mitspieler im Alter von 16 bis 72 Jahren
Repertoire: böhmische Blasmusik, Kirchenmusik
Auftritte: Abend der Blasmusik, Standkonzerte, Feste, Festzüge, Weihnachtsmarkt, Ständchen, Wallfahrten, Kirchenmusik