Vor 150 Jahren, am 24. Juni 1867, wurde die erste neuzeitliche Mainbrücke in Haßfurt feierlich eröffnet. Knapp 100 Jahre, bis 1961, tat sie ihren Dienst; ihre 1963 vollendete Nachfolgerin soll nun schon bald durch eine neue Brücke ersetzt werden. Thomas Schindler vom Stadtarchiv Haßfurt erinnert an Details aus der Geschichte des Haßfurter Mainübergangs.
Hölzerne Mainbrücke
An die alte hölzerne Mainbrücke, die erstmals zur Regierungszeit des Fürstbischofs Albrecht von Hohenlohe (regierte von 1345 bis 1372) erwähnt und 1632 von den Schweden niedergebrannt wurde, erinnern heute noch die Alte Brückenstraße und der an ihrem südlichen Ende befindliche ehemalige Brückentorturm. Ursprünglich war dieser Turm das innere Brückentor, dem noch ein äußeres, über dem nördlichen Widerlager der Brücke errichtetes Torgebäude vorgesetzt war. Das durch das Fehlen der Brücke nutzlos gewordene äußere Tor ließ der fürstbischöfliche Amtmann Ernst August von Klencke (1710 bis 1785) in der Mitte des 18. Jahrhunderts für sich zu einem „Schlösschen“ umbauen, das um 1900 zur heutigen Villa erweitert wurde.
Fliegende Brücke
Nach der Zerstörung der alten Brücke im Dreißigjährigen Krieg war die Mainüberfahrt für 235 Jahre nur über eine „fliegende Brücke“ (Fähre) am Tränkberg möglich.
Das im 19. Jahrhundert, vor allem nach der Anbindung Haßfurts an die Eisenbahn (1850/52), stetig wachsende Verkehrsaufkommen ließ zu Beginn der 1860er Jahre den erneuten Bau einer „stehenden Brücke“ immer notwendiger erscheinen. Deren künftiger Standort wurde nach Westen zum Ausgang der damaligen Badgasse hin verlegt, die wesentlich geeigneter als Durchfahrtstraße war als die schmale und ungerade Verbindungsgasse vom Brückentor zur Hauptstraße. Die Stadtmauer mit dem kleinen Badtor, die damals die Badgasse noch zum Main hin abschloss, musste dem modernen Fortschritt weichen; schließlich wurde auch die Badgasse später in Brückengasse beziehungsweise Brückenstraße umbenannt. War hinsichtlich der Brücke zunächst noch an ein komplett aus Stein errichtetes Bauwerk gedacht worden, so fiel die endgültige Entscheidung zugunsten einer Konstruktion in Stahlträgerbauweise, bei der lediglich die Pfeiler und Widerlager aus Mauerwerk bestehen sollten.
Hohe Kosten – der Stadtrat ist dagegen
Bevor jedoch tatsächlich mit dem Brückenbau begonnen werden konnte, musste noch ein ganz besonderes „Hindernis“ überwunden werden. Angesichts der veranschlagten Kosten in Höhe von über 90 000 Gulden, die die Stadt Haßfurt fast gänzlich alleine zu übernehmen hatte, kam es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen den städtischen Leitungsorganen. Während der Stadtmagistrat (er entsprach der heutigen Stadtverwaltung) mehrheitlich das Projekt befürwortete, sprach sich das Gremium der Gemeindebevollmächtigten (in etwa mit dem heutigen Stadtrat vergleichbar) in seiner Sitzung am 21. Juni 1863 mit fünfzehn zu zwei Stimmen dagegen aus.
Schuldentilgung
Abgesehen von der hohen finanziellen Belastung – laut dem Schuldentilgungsplan hatte die Stadt die Baukosten unter anderem durch die Einnahmen aus dem Brückenzoll über 59 Jahre hinweg abzutragen – brachten die Ratsherren noch weitere Argumente vor: Sie erklärten, sie seien zufrieden mit der „fliegenden Brücke“, die sie zudem als eine der schönsten Mainüberfahrten weit und breit bezeichneten.
Aus dem Steigerwald mit seiner mehrheitlich armen Bevölkerung sei ohnehin kaum mit vielen Besuchern zu rechnen; die nächsten Städte in südwestlicher Richtung, Gerolzhofen und Volkach, seien auch so schon gut über das Straßennetz, weiter entfernt gelegene Orte mit der Eisenbahn zu erreichen. Auch würden bei Hochwasser die niedrigen Mainauen so weit überflutet, dass die Brücke dann nicht benutzbar sei – ein Problem, das letzten Endes erst durch den Bau der Flutbrücke im Jahr 1887 gelöst werden sollte.
Starre Tragkonstruktion
Am 4. September 1864 gaben endlich auch die Gemeindebevollmächtigten ihre Zustimmung zu dem Bauvorhaben. Nun konnten die schon begonnenen Planungen durch die Nürnberger Firma Klett & Co. – die spätere „Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg“ (MAN) – in die Tat umgesetzt werden. Deren leitender Ingenieur für die Ausführung von Eisenbauten, Heinrich Gerber (1832 bis 1912), hatte ein später nach ihm benanntes Tragsystem entwickelt, das rasch weltweite Verbreitung bei Eisenbrückenbauten fand.
Anstatt einer durchlaufenden starren Tragekonstruktion ist beim „Gerberträger“ das Mittelstück an Gelenken eingehängt, um schädliche Spannungen zu vermeiden. Zusammen mit der gleichzeitig errichteten Sophienbrücke, der heutigen Luitpoldbrücke, in Bamberg war die Haßfurter Mainbrücke die erste nach dem „System Gerber“ erbaute Auslegerbrücke der Welt.
Sparsame Haßfurter
Gerber war zwar nur selten persönlich in Haßfurt anwesend, wo sein Assistent Karg den Bau leitete, ließ sich aber in seinem Firmenbüro in Gustavsburg bei Mainz laufend über den Fortgang der Arbeiten informieren. In einem Brief vom 16. März 1866 teilte er Bürgermeister Joseph Kießling mit, dass die ursprünglich projektierte Fahrbahn mit hölzernen Straßenträgern nun zwar erheblich günstiger käme als vorher berechnet, er aber dennoch dazu raten würde, wie in Bamberg die Ausführung mit eiserner Fahrbahnunterlage zu wählen.
Die sparsamen Haßfurter blieben natürlich bei den billigeren Holzbohlen, eine Entscheidung, die bald Folgen haben sollte: Schwere und, vor allem mit Aufkommen der Automobile, schnell fahrende Wägen verursachten auf dem hölzernen Untergrund großen Lärm, was der Brücke im Volksmund den Namen „Donnerbrücke“ einbrachte.
Der Haßfurter jüdische Kaufmann Jakob Kohnstam (1809 bis 1871) verfasste in seiner Freizeit Gedichte, die er zu verschiedenen Gelegenheiten auch öffentlich vortrug. Einige davon wurden im „Intelligenzblatt der Stadt Haßfurt“ abgedruckt; so auch das achtstrophige „Brücke-Eröffnungs-Gedicht“, das in der Ausgabe vom 26. Juni 1867 überliefert ist. Kohnstam verglich darin die durch die Brücke hergestellte Verbindung zwischen dem nördlichen und dem südlichen Mainufer mit der sich damals anbahnenden Vereinigung von Nord- und Süddeutschland zu einem Gesamtstaat.
Sprengkommando zerstört Brücke
Nicht zu übersehen waren dabei jedoch für seine Zeitgenossen zahlreiche Anspielungen, in denen er den „freien Süden“ deutlich vom Norden, wo „sich der Feudale bläht“, abgrenzte. Er übte damit Kritik an Bismarcks kriegerischer Einigungspolitik „durch Blut und Eisen“, der er das friedlich Verbindende der neuen Brücke aus „Stein und Eisen“ gegenüberstellte. Schließlich war es noch nicht ganz ein Jahr her, dass preußische Truppen in Unterfranken einmarschiert waren und unter anderem in und um Bad Kissingen heftige Gefechte mit der bayerischen Armee ausgetragen hatten. Der damalige Brückenbau scheint durch den Krieg von 1866 indes nicht gestört worden zu sein.
Am Ende des Zweiten Weltkrieges wurde der Mainübergang doch noch einmal für einige Zeit unterbrochen, als am 11. April 1945 ein aufseiten der Wehrmacht agierendes kroatisches Sprengkommando den Mittelteil der Brücke zerstörte, um das Vorrücken der Amerikaner aufzuhalten. Wie sinnlos dieses Unterfangen war, erwies sich schon kurz darauf, da die US-Army, die Haßfurt von Nordwesten aus erreicht hatte, kurzerhand eine Pontonbrücke am Tränkberg errichtete.
Brücken-Teil aus Grafenrheinfeld
Dem von der Besatzungsbehörde eingesetzten Bürgermeister Gottfried Hart (1902 bis 1987) gelang es, ein noch intaktes Stück der ebenfalls gesprengten Brücke bei Grafenrheinfeld zu erwerben, mit dem Anfang 1946 die Lücke wieder geschlossen werden konnte. Allerdings erschien die Silhouette der Stahlträgerkonstruktion mit dem fremden Mittelteil nun wesentlich plumper als der fast leicht wirkende Bogenschwung des Gerber'schen Originals. Dieses Provisorium sollte dann bis zum Baubeginn der heutigen Brücke bestehen bleiben.