Christina Lux ist eine besondere Künstlerin, die es nie leicht gemacht hat: Kurz vor dem Abitur bricht sie die Schule ab und sucht sich ihren eigenen Weg in der Musik. Nach einigen Jahren in unzähligen kleinen Clubs rund um ihre Heimatstadt Karlsruhe erhält sie ein festes Engagement als Background-Sängerin in der Begleitband von Jule Neigel. Anfang der 1990er Jahre findet Christina Lux in Köln eine neue Heimat und schließt sich dort der A-Cappella-Formation Vocaleros an. Diese Lehrjahre in dem Vokal-Ensemble sind für die musikalische Autodidaktin sehr wertvoll und werden zur Grundlage ihrer Solo-Karriere, in der sie sich zu einer feinsinnigen Interpretin im Spannungsfeld von Folk, Pop bis Soul etabliert. Ihr aktuelles Album heißt „Playground“. Es wurde im vorigen Jahr für den „Preis der deutschen Schallplattenkritik“ nominiert. Nun kommt die Songpoetin mit ihrem siebten Solo-Werk auf Tournee und gastiert an diesem Freitag ab 20 Uhr im Gewölbekeller der Stadthalle Haßfurt.
Christina Lux: Wenn wir nicht vergessen, auf unsere Möglichkeiten und Potenziale zu schauen, dann haben wir immer einen offenen Spielplatz. Kurz vor den Aufnahmen sprach ich mit einem Freund aus den USA über die großen Veränderungen im Leben. Er sagte: „Don't worry – life will be like an open playground, you just have to go and play.“ Das hat mich begleitet und kurze Zeit später entstand der gleichnamige Song zum neuen Album.
Lux: Da ich alle meine Produktionen selbst finanziere, braucht es immer etwas Zeit, um wieder ein Budget zusammenzubringen. 2007 entstand das Solo-Album „Pure & Live“ und 2010 noch eine Live-DVD von einem Konzert in Hamburg. Außerdem habe ich lange gebraucht, um in dem Dresdener Gitarristen Reentko Dirks ein Gegenüber zu finden, da ich diese Studioplatte unbedingt in Zusammenarbeit machen wollte.
Lux: Die meisten meiner Songs sind sehr tiefe Betrachtungen. Ich erlaube mir, bis zum Grund zu tauchen. Da kommt so einiges zum Vorschein, will gesehen und empfunden sein. Ich bin ein melancholischer Mensch, der nie nur auf der Oberfläche bleibt, sondern immer etwas wissen, erkunden, erkennen und bewegen will. Meine jeweilige Stimmung entspricht den Erzählungen in den Songs.
Lux: In „War Torn“ geht es in erster Linie um die Risse und Narben, die der Krieg auf den Seelen meiner Eltern hinterlassen hat. Er behandelt aber auch die blinden Flecken, die heftige Erfahrungen generell auslösen können. Das ist ein Thema, das sehr viele Menschen meiner Generation bewegt. In zahlreichen Gesprächen ist mir klar geworden, wie viele dieser unverarbeiteten Dinge an die nächste Generation weitergegeben werden, ohne dass es einem bewusst ist. Das muss brüllen und raus. Es gibt immer wieder Neues auszuloten und die Frage danach, wie viel davon ist gut für mich, ist immer wieder spannend. Durch die Resonanz der Zuhörer ist mir aufgefallen, dass diejenigen, die nach einem Konzert zu mir kommen, genau diese Dinge sehr schätzen. Sich als Künstler zu zeigen, öffnet Räume für die, die dieser Kunst lauschen.
Lux: Diese Vergleiche ehren mich. Beide Künstlerinnen sind sehr nah an ihrer Persönlichkeit und tief berührend in ihrer Performance. Sie haben in ihren Texten große Kraft und sind charismatische Frauen. Was das anbelangt, ist der Vergleich einfach herrlich.
Lux: Ich bin mir nicht sicher, ob ich solche Wurzeln habe. Aber Joni Mitchell ist schon richtig, genau wie Joan Armatrading, viel Motown-Soul und World-Music. Am Ende habe ich mir aber das Gitarrespielen selbst beigebracht und meine Musik kommt aus dem Experimentieren mit Rhythmus und Stimme. Die Gitarre ist ein Werkzeug, ein Gesprächspartner und das ist bei Solo-Konzerten eine faszinierende Reise. Manchmal wünsche ich mir, ich hätte auch musikalische Wurzeln aus meinem Land, aber die gibt es wohl nicht.
Lux: Ich traf Julia Neigel vor einiger Zeit zufällig in einem Hotel, in dem wir beide nach verschiedenen Konzerten wohnten. Das war nett. Das Engagement bei ihr damals war mein Einstieg in die professionelle Musikwelt, meine erste Tour und der Ausstieg aus allen Jobs, die ich vorher gemacht hatte, um überleben zu können. Ich hatte seit 1983 schon in verschiedenen Bands gesungen und davon geträumt, nur noch Musik zu machen. Rückblickend war es gut, sich alles ansehen zu können, vor allem auch diesen Apparat Pop-Musik, der schnell mal Leute auffrisst und wieder ausspuckt.
Lux: A Cappella zu singen ist eine große Herausforderung und bedarf feiner Ohren. Die Vocaleros waren grandios und ich habe damals viel gelernt, was Intervalle und Rhythmus anbelangt. Da ich keine Noten kann, musste ich enorm schnell hören und auffassen lernen. Die anderen haben mir da vieles beigebracht.
Lux: Nein, nicht einmal.
Lux: Was genau jetzt kommt, kann ich noch nicht sagen. Jedes Album ist ein Kraftakt: Es ist ein Wagnis, ein weiterer Meilenstein und eine Bestandsaufnahme. Der Raum dafür muss stimmen, der Respekt, die Empathie und die Hingabe.