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RÜGHEIM
Die Frauen der Reformation bitten zu Tisch
Zahlreiche Gäste freuten sich beim Jubiläumsdekanatsfrauentag in der „Alten Schule“ von Rügheim auf ein mehrgängiges Menü.
Foto: Jens Fertinger | Zahlreiche Gäste freuten sich beim Jubiläumsdekanatsfrauentag in der „Alten Schule“ von Rügheim auf ein mehrgängiges Menü.
Von unserem Mitarbeiter Jens Fertinger
 |  aktualisiert: 15.12.2020 15:07 Uhr

25 Jahre Dekanatsfrauentag war Grund genug, dieses Jubiläum in würdevoller Form zu feiern. Passend zum Lutherjahr lautete das Motto: „Die Frauen der Reformation bitten zu Tisch.“ Der große Saal in der „Alten Schule“ in Rügheim hatte gerade genug Platz, um am Samstag die nahezu hundert Personen aufzunehmen.

In ihrer Begrüßung brachte Dekanatsfrauenbeauftragte Charlotte Seitz ihrer Freude zum Ausdruck, dass die Einladung so guten Anklang gefunden hat. Dekan Jürgen Blechschmidt betonte in seinem Grußwort die Wichtigkeit der Frauen, die die damalige Zeit geprägt und sich aktiv an der Reformation beteiligt haben.

Zu essen gab es ein mehrgängiges Menü, wie es zu Lebzeiten Luthers durchaus seine Berechtigung gehabt hätte – vorbereitet und serviert von Christina Fallenbacher und ihrem Team. „Garniert“ wurde die Tafel zudem mit Auftritten dreier berühmter Reformatorinnen: Katharina von Bora und Elisabeth von Rochlitz (beide dar- und vorgestellt von Diplom-Theologin Ulrike Knörlein vom Frauenwerk Stein) und Argula von Grumbach (in Szene gesetzt von Dr. Elvira Fischenich aus Ebern).

Die drei stellten sich im Laufe der Veranstaltung „persönlich“ vor. Katharina von Bora – verheiratete Luther – präsentierte sich als Frau, die weiß, was sie will und was sie nicht will. Mit ihrer Persönlichkeit und einer Fülle an Begabungen ist sie Martin Luther ein gleichberechtigtes Gegenüber. Sie avancierte zur „Allround-Unternehmerin“, ist Mutter, Ehefrau, Aufseherin, Haushälterin, Bierbrauerin und vieles mehr. Mit ihrer Tatkraft schafft Katharina die Voraussetzungen dafür, dass Luther seiner Bestimmung nachgehen kann. Durch all die Verpflichtungen und Aufgaben erhielt Katharina von ihrem Mann den Spitznamen „liebe Herr Käthe“.

„Diese edle Frau kämpft einen gewaltigen Kampf mit großem Geist und reich an Worten und Erkenntnis Christi“, so die Aussage Martin Luthers über Argula von Grumbach (geborene von Stauff). Tapfer, streitbar und unkonventionell erlebten die Besucher des Dekanatsfrauentags die erste protestantische Autorin. Sie ergreift das Wort, als es den Männern im reformatorischen Umfeld zu brenzlig wird, und bietet Luthers größten Gegnern die Stirn. Besonders die „Seehofer-Affäre“ machte sie berühmt, in der ein Student, der der neuen Lehre zugetan war, zum Widerruf gezwungen werden sollte.

In einem Gedicht, das den Anwesenden ausgehändigt wurde, ist zu lesen: „Eine bayerische Frau von adeligem Geschlecht, die nicht scheute das akademische Gefecht, trat ein für christliche Freiheit und lutherische Lehr, verfasste Briefe, war mutig, klug und noch viel mehr“.

Elisabeth von Rochlitz (Elisabeth von Hessen) zeigte sich als für ihre Zeit ungewöhnliche Frau. Sie nimmt kein Blatt vor dem Mund und sagt, was sie denkt. Wie jede Frau ihrer Zeit, die es wagt, mitsprechen zu wollen, hat Elisabeth von Hessen sich gegen den Vorwurf des Ehebruches zu wehren. Die fortwährenden Spannungen zwischen Elisabeth und ihrem Schwiegervater verschärften sich durch Elisabeths Zuwendung zu Luther. Nach dem Tod ihres Ehemannes erhält sie das Gut Rochlitz zugeschrieben und wird als einzige Frau in den Schmalkaldischen Bund aufgenommen, wo sie ein Netzwerk an Helfern, „Spionen“ und Boten aufbaut. Durch eifrigen Briefwechsel in einer eigens von ihr entworfenen Geheimschrift zwischen den verfeindeten Parteien bemüht sie sich um Entspannung.

Die „Auftritte“ der drei Reformatorinnen reihten sich nahtlos zwischen die Gänge des Festmahles. Das Speisenangebot beinhaltete „eine kleine Reise ins 16. Jahrhundert“ und bot eine großzügige Auswahl an zeitgenössischen Gerichten, so unter anderem Körnerbrot aus Urgetreide, Mus von Honigapfel mit Senf, Erbsbrei mit geschmortem Herbstgemüse und Gockelbrust sowie „Nonnenkrapfen“ mit Hollertunke.

Zudem wurden im Laufe der Veranstaltung ausgewählte musikalische Leckerbissen von Astrid Zels-Kemler (Dudelsack und Streichpsalter) sowie Anne Meiners (Harfe) „gereicht“. Im Erdgeschoss hatten die Besucher schließlich noch Gelegenheit, sich bei der Ausstellung von „LifeGate“-Produktionen und beim Bücherstand des CVJM Altenstein umzusehen.

Als am Spätnachmittag die Veranstaltung zu Ende ging, verabschiedete Dekanatsfrauenbeauftragte Traudi Wießler die Gäste. Schließlich erhielten die Besucher noch ein aufwändig gestaltetes „Mitgebsel“ in Form eines Tischaufstellers, der auf der Vorderseite wahlweise das Bild einer drei Reformatorinnen zeigte und auf der Rückseite die sogenannte Lutherrose.

Dr. Elvira Fischenich (Foto) und Ulrike Knörlein schlüpften in die Rollen führender Reformatorinnen.
Foto: Jens Fertinger | Dr. Elvira Fischenich (Foto) und Ulrike Knörlein schlüpften in die Rollen führender Reformatorinnen.
Einen letzten kritischen Blick auf die Gerichte im Stil des 16. Jahrhunderts warfen Dekanatsfrauenbeauftragte Traudi Wießler (links) und Köchin Christina Fallenbacher.
Foto: Jens Fertinger | Einen letzten kritischen Blick auf die Gerichte im Stil des 16. Jahrhunderts warfen Dekanatsfrauenbeauftragte Traudi Wießler (links) und Köchin Christina Fallenbacher.
 
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