
Kinderbetreuung, Hebammenleistungen, Kurse und Beratung – all das bietet seit Montag, 9. Oktober, das neue Familienzentrum im Landratsamt Haßberge. Die vollständig kostenlosen Angebote des Zentrums richten sich an alle Familien – ob deutsch und mit Migrationshintergrund.

Beim Tag der offenen Tür während des Haßfurter Straßenfests fasst die Leiterin Ursula Salberg die Ziele der Einrichtung wie folgt zusammen: „Es geht um Kindererziehung, um Bindungsaufbau, um sinnvolle Freizeitbeschäftigung, und um gemeinsames Kochen.“
Deshalb gibt es an den Vormittagen von Montag bis Freitag eine Kinderbetreuung zur Vorbereitung auf die Kita. Zusätzlich gibt es von Montag bis Freitag ab 9.30 Uhr ein kostenloses Frühstück – wo man sich gemeinsam zusammensetzen und etwas Gesundes essen kann, so Ursula Salberg. „Es geht uns um Integration. Wir wollen nicht belehren“, so Ursula Salberg. Geöffnet ist das Zentrum von acht bis 16 Uhr.
Hemmschwellen abbauen
In einem neu eingerichteten Bereich beschäftigen sich die Mitarbeiter damit, Hemmschwellen vor der Kinderkrippe und dem -garten abzubauen. Es gibt eine offene Kinderbetreuung von neun bis zwölf Uhr, die vor allem Eltern nutzen können, die noch keinen Kindergartenplatz haben oder sich noch nicht dazu entschließen konnten. „Hier kann man erleben, wie es im Kindergarten abläuft“, sagt Ursula Salberg. Damit soll eine größere Bereitschaft geschaffen werden, sein Kind in Betreuung zu geben.
Es gibt maximal zehn Betreuungsplätze, mehr sei von der Größe der neuen Räumlichkeiten nicht zu schaffen, so Beatrice Först, Koordinatorin des Teilprojekts. „Wer vormittags einen Kurs besucht, hat die Möglichkeit, sein Kind hier in die Kinderbetreuung zu geben und nebenan einen Kurs oder ein Beratungsgespräch mitzumachen.“ Bei der Betreuungsmöglichkeit handele es sich jedoch nicht um eine „Ersatzkrippe“, in der man sein Kind zum Einkauf in der Stadt abgeben könne.
„Das Projekt ist für Familien gedacht, die aus verschiedenen Gründen, wie mit Migrationshintergrund, noch keinen Bezug zur Kindertagesstätte haben“, so Beatrice Först. Diese Familien sollen hier langsam herangeführt werden. Das gelte auch für Familien in schwierigen Situationen, die aus verschiedenen Gründen auch noch keine Kindertagesstätte in Anspruch nehmen. „Die sollen hierher kommen und ganz langsam hier reinwachsen“, so Beatrice Först.
Mit den Kindern zusammen sollen Hemmschwellen und Ängste gegenüber Kinderbetreuung abgebaut werden. Das Ziel ist: So früh wie möglich soll Sprache entwickelt werden. Unterstützt wird dieses Teilprojekt durch das Förderprogramm „Brücken Bauen und Frühe Bildung“.
Angst vor Betreuungsstätte
Das Problem existiert wirklich. Grund dafür sind laut Ursula Salberg verschiedene kulturelle Hintergründe. Viele fragten sich: „Was passiert mit meinem Kind, wenn ich das so einfach weggebe?“ Faktoren, wie unterschiedliche Ernährung und Kindererziehung, träfen aufeinander. „Es gibt aber auch deutsche Familien, die ihr Kind nicht in den Kindergarten geben“, so Ursula Salberg. Gründe dafür können sein, dass eine Tagesstruktur nicht eingehalten werden kann. „Das frühe Aufstehen fällt oft schwer“, sagt Beatrice Först. An diesem Punkt will das Teilprojekt ansetzen.
Angebot für werdende Mütter
„Für werdende Eltern haben wir auch verschiedene Angebote“, sagt Ursula Salberg. Mit Kathrin Finzel, die ihre Praxis in Ebern hat, ist auch eine Hebamme beim Familienzentrum halbtags angestellt, die die Zusatzausbildung als Familienhebamme hat. Ursula Salberg freut sich über Kathrin Finzels Mitarbeit: „Sie betreut junge Familien – gerade die besonders belastet sind.“ Auch wenn manche Frauen keine Hebamme bekommen, springt sie ein. „Deutsche Frauen haben damit in der Regel kein Problem. Die kümmern sich rechtzeitig und finden jemanden. Aber gerade Frauen mit Migrationshintergrund tun sich manchmal sehr schwer“, so Ursula Salberg.
Kathrin Finzel springt dann unterstützend ein, wenn keine andere Hebamme vor Ort ist, eine Hebamme absagt hat oder nach den Krankenkassenleistungen noch eine Hebamme benötigt wird. „Es ist eine Ergänzung zum regulären Angebot“, so Ursula Salberg, „alles ist kostenlos“.
Das Hebammenangebot ist ein Förderprogramm der „Bundesinitiative Frühe Hilfen“ und der Familienhebammen, bei der der Landkreis eine Hundertprozent-Finanzierung erhält. Die Familienhebamme wird vor Ort ihre Sprechstunden und Kurse durchführen.

Pädagogische Angebote
Neben der Hebamme und der Betreuungsmöglichkeit gibt es auch Ernährungsangebote, Angebote zur Bindung – gerade für Eltern mit Säuglingen, einen Treffpunkt für junge Schwangere und Mütter, eine begleitete Krabbelgruppe und Hilfe im Bereich Finanzen und Haushalt. Die Kurse finden regelmäßig jede Woche statt. „Man kann jederzeit bei uns einsteigen“, sagt Ursula Salberg. Alle Angebote sind kostenlos und richten sich an alle Familien mit Kindern im Alter von null bis sechs Jahren.
Unterstützt wird das Familienzentrum auch durch Netzwerkpartner, zum Beispiel der Caritas mit dem Schwerpunkt Erziehungsberatung. Außerdem bringen sich auch die beiden Schwangerschaftsberatungsstellen, der Sozialdienst Katholischer Frauen und das Gesundheitsamt ein und werden regelmäßig Sprechstunden abhalten.

Darüber hinaus ist die eigene koordinierende Kinderschutzstelle des Familienzentrums, die im Bereich der frühen Hilfen sehr aktiv ist, und die Jugendhilfe in den Büroräumen integriert.
„Wenn man hier regelmäßig zum Beispiel auch von Ehrenamtlichen hergefahren wird und zehnmal in einen Kurs kommt, dann bekommt man die Fahrtkosten rückwirkend erstattet“, so Beatrice Först. Interessierte können zum Offenen Treffpunkt, täglich ab acht Uhr vorbeikommen.
Wer an einem Kurs teilnehmen möchte, wird gebeten, vorher kurz eine Mail an familienzentrum@hassberge.de zu schreiben oder unter Tel. (0 95 21) 2 76 38 anzurufen. Der Name sollte angegeben werden sowie, falls Kinderbetreuung benötigt wird, das Alter des Kindes und die Anzahl der Kinder.
Das Wochenprogramm
Montag: von 10 bis 11.30 Uhr gibt es eine „Pädagogisch begleitete Eltern-Kind-Gruppe“ für Eltern und Säuglinge. 10 bis 13 Uhr läuft der Kurs „Gartengemüse“ ein Kochkurs mit regionalen Zutaten für Eltern. 14 bis 16 Uhr läuft der Kurs „Kinder und Eltern kreativ“.
Dienstag: von 10 bis 12 Uhr ist ein „Spielevormittag“, es werden Brettspiele für Eltern und Kinder angeboten. Von 11 bis 12 Uhr bietet die Familienhebamme eine Sprechstunde an. Am Nachmittag lädt der Kurs „Kinderküche - Was Kinder gerne essen“ Familien dazu ein von 16 bis 18 Uhr miteinander zu kochen.
Mittwoch: von 10 bis 12 Uhr findet der Kurs „Gesund groß werden“ statt. Ein Angebot bei dem sich Eltern mit Kinder über Erziehungstipps austauschen können. Außerdem findet von 10 bis 12 Uhr der Kurs „Meine besten Haushaltstipps“ statt. Von 14 bis 16 Uhr heißt es „Fit nach der Geburt-Outdoor-Kinderwagenralley“, für alle Mütter die nach der Geburt wieder in Form kommen wollen.
Donnerstag: beginnt um 9.30 bis 11.30 Uhr ein „Offener Treffpunkt für Alleinerziehende“ und von 10 bis 12 Uhr findet das „Internationale Frauen Café“ statt. Hier können Frauen ihre Fluchterfahrungen austauschen, sowie Kochen und kreativ sein. Am Nachmittag von 15 bis 7 Uhr läuft der Kurs „Ich und mein Papa“, eine Vater-Kind-Gruppe in der verschiedene Beschäftigungsmöglichkeiten angeboten werden.
Freitag: von 10 bis 12 Uhr findet der Kurs „Auskommen mit dem Einkommen“ statt. Hier können sich Frauen gegenseitig über Hilfen bei finanziellen Engpässen austauschen und ihre Haushaltsplanung optimieren. Von 10 bis 12 Uhr findet außerdem ein „Treffpunkt für junge Schwangere und Mütter“ statt. Am Nachmittag findet von 14 bis 16 Uhr eine „Offene Krabbelgruppe“ für alle Interessierten statt.

Außerdem werden täglich durch Netzwerkpartner Sprechstunden zum Thema: Schreibabys, Erziehung, Trennung und Scheidung und Schwangerenberatung angeboten.
In den Räumen des Familienzentrums finden sie auch die Mitarbeiter, die für Bildung und Teilhabe zuständig sind. Hier kann man die Übernahme der Kindergartengebühr und weitere finanzielle Unterstützung beantragen. Am Mittwochnachmittag werden Qualifizierungsangebote für Ehrenamtliche sowie für Kita-Fachkräfte durchgeführt.