Anlässlich des bayernweiten Tages der Naturwaldreservate fand am Freitagnachmittag eine Führung durch das Naturwaldreservat Böhlgrund auf schmalen Pfaden entlang des Schlangenweges statt. Bei dieser Kooperationsveranstaltung, bei der das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Schweinfurt mit dem Forstbetrieb Ebrach gemeinsam an einem Strang gezogen hatte, lernten 40 Wanderfreunde die Grundlagen einer naturnahen Waldwirtschaft kennen.
Während der zweistündigen Wanderung stellten – aufgeteilt in drei Gruppen – Paul Huber, Revierleiter der Bayerischen Staatsforsten, Albrecht Hartung, Revierleiter der Forstverwaltung Schweinfurt und Steffen Gehdan, Forstreferendar im Forstbetrieb Ebrach, eines der Naturwaldreservate näher vor, das sich so nahe vor der Haustür am Rande des Knetzgauer Gemeindeteils Zell am Ebersberg erstreckt.
„Es ist sehr interessant“, zeigte sich eine Teilnehmerin aus dem Raum Gerolzhofen angetan von der aufschlussreichen Führung auf dem vier Kilometer langen Rundkurs. „Naturwaldreservate sind Wälder, die sich noch in einem weitgehend naturnahen Zustand befinden“, vermittelte Steffen Gehdan seiner Gruppe, bevor er auf geologische Gegebenheiten einging. In den Naturwaldreservaten läuft die natürliche Waldentwicklung noch ungestört ab. Im Laufe der Zeit entstehen Wälder mit naturnahem Charakter, mit dicken Bäumen ebenso wie mit Totholz. Vom Begriff „Urwald“ nahm Gehdan bewusst Abstand.
Auch in Bayern befinden sich solche naturnahen Wälder, die die Bayerische Forstverwaltung als Naturwaldreservate einrichtet. Davon gibt es 159 mit mehr als 7000 Hektar Fläche. Das Naturwaldreservat Böhlgrund liegt im Vogelschutz- und FFH-Gebiet (Fauna-Flora-Habitat) „Buchenwälder und Wiesentäler des Nordsteigerwaldes“ im Landkreis Haßberge. Es befindet sich im Staatswald und wird durch den Forstbetrieb Ebrach der Bayerischen Staatsforsten betreut, wie Steffen Gehdan seiner kleinen Gruppe erklärte. Die 182 Hektar große Fläche wurde im Jahr 2010 als das größte Naturwaldreservat in Bayern außerhalb der Alpen ausgewiesen.
Die Durchschnittsgröße eines Naturwaldreservats in Bayern beträgt rund 45 Hektar Fläche. Auf dieser Fläche ruht die Forstwirtschaft. Es werden weder Holz geerntet noch neue Wege gebaut. Und nur in Ausnahmefällen darf der Waldbesitzer zur Motorsäge greifen, wenn etwa dürre Äste oder abgestorbene Bäume Wanderer auf ausgezeichneten Wegen gefährden oder der Borkenkäfer benachbarte Wirtschaftswälder zu befallen oder zu schädigen droht.
„Den Mountainbike-Fahrern ist es zu verdanken, dass man hier laufen kann“, berichtete Ingbert Krines während der Wanderung. Gemeinsam war er mit fünf Wanderfreunden aus Sand bei der Führung dabei. „Die Forstwirtschaft lässt viele schöne Wanderwege verfallen“, übte Krines Kritik an der Philosophie der Forstwirtschaft, die diese nicht so gerne höre, wie Krines versicherte. Der Schlangenweg ist sehr interessant, aber bedingt durch querliegendes Totholz war er für Radfahrer nicht befahrbar. Diesen sich romantisch hinschlängelnden Pfad hätten sich die Mountainbiker als Hausstrecke zu eigen gemacht – bewaffnet mit der Motorsäge, wie der Wanderfreund aus Sand verriet.
Für die Bayerische Forstverwaltung stellen die Naturwaldreservate eine Art „Freiluftlabor“ dar, wie der Forstreferendar anhand von „Biotopbäumen“ anschaulich erklärte. In den Naturreservaten sammeln die Wissenschaftler, eingepackt in wetterfester Kleidung mit Fernglas und Maßband ausgerüstet, Daten über den natürlichen Wald und seine Entwicklung sowie über artenreiche Tier- und Pflanzenwelt.
Diese Daten lieferten wertvolle Erkenntnisse für Forstleute und Waldbesitzer, um die Wälder naturnah zu bewirtschaften. Gerade in Zeiten des Klimawandels seien diese Hinweise wichtig, damit auch in Zukunft gesunde und stabile Wälder in Bayern wachsen, wie der Fachmann erklärte.