zurück
WEISBRUNN (GG)
Der Tod darf für Kinder kein Tabu sein
Information und Meditation über den Tod war das Thema im Kindergarten Weisbrunn.
Foto: Günther Geiling | Information und Meditation über den Tod war das Thema im Kindergarten Weisbrunn.
Redaktion
 |  aktualisiert: 15.12.2020 15:22 Uhr

„Die Aufgabe von uns Erwachsenen ist es, die Kinder auf das Leben vorzubereiten. Das bedeutet, dass wir sie auch auf mögliche Katastrophen vorbereiten müssen. Der Tod eines lieben Menschen ist solche eine Katastrophe.“ Dies betonte Erzieherin und Hospizhelferin Traudl Schulz bei einem Elternabend im Kindergarten Weisbrunn zum Thema „Tod“.

Dieser Elternabend stieß auf großes Interesse, denn mit Traudl Schulz hatten die Verantwortlichen eine Referentin gewonnen, die 40 Jahre als Erzieherin und Leiterin eines Kindergartens in Haßfurt arbeitete und am Aufbau mehrerer Kindergärten beteiligt war. „Vor 17 Jahren habe ich mich zu einer Ausbildung als Hospizhelferin entschlossen, nachdem ich persönliche Erfahrungen der Trauer mit dem Tod meines Vaters machen musste“, erklärt Traudl Schulz im Gespräch mit dieser Zeitung. Später habe sie ihre Ausbildung zur Trauerbegleitung ausgeweitet. Seit mehr als zwei Jahren ist sie in der Kinderhospizarbeit tätig und unterstützt Trauergruppen für Kinder im Landkreis.

Traudl Schulz hielt es für wichtig, Kindern schon Erfahrungen mit Verlusten zu ermöglichen. So dürfe man ein verloren gegangenes Lieblingskuscheltier oder ein verstorbenes Haustier nicht sofort ersetzen. Vielmehr sollten Kinder Zeit haben, traurig zu sein und alle Gefühle zu realisieren und zu verarbeiten, die mit solch einem Verlust einhergingen. „Wir begleiten sie in dieser Phase und nehmen sie ernst. So erleben Kinder, dass das Gefühl der Trauer vergeht, der Schmerz weniger und es wieder gut wird. Durch solche Erfahrungen erhalten Kinder erste Vorbereitungen auf den schlimmeren Fall des Verlustes eines geliebten Menschen“, sagt Traudl Schulz.

Kinder nehmen den Tod in den unterschiedlichen Altersgruppen unterschiedlich wahr. Babys spüren ihrer Meinung nach unbewusst, dass etwas Gravierendes passiert sein muss, wenn eine sehr nahe stehende Person stirbt. Diese Kinder bräuchten viel Geborgenheit durch eine feste Bezugsperson. Zwei- bis Dreijährige glauben, dass Verstorbene wieder zurückkommen. Diesen Kindern sollten die Eltern behutsam klar machen, dass alles, was lebt, sterben kann, und dass der Tod endgültig ist. Auch drei- bis fünfjährige Kinder verstehen laut Traudl Schulz nicht, dass der Tod nicht rückgängig zu machen ist, sogar Fünf- bis Achtjährige glauben noch, dass nur alte oder böse Menschen sterben oder diejenigen, die selbst schuld sind, weil sie – beispielsweise bei einem Unfall – nicht aufgepasst haben.

Die Referentin gab praktische Vorschläge, auf Kinder einzugehen, wenn der Tod eines Angehörigen bevorsteht. Am wichtigsten sei die Wahrhaftigkeit. Eltern sollten die Kinder nicht anlügen, sondern zugeben, dass sie keine Antwort auf alles haben. Kinder sollten erfahren, dass es nicht immer Hoffnung auf Genesung gibt und sollten miterleben dürfen, wenn ein geliebter Mensch im Sterben liegt. In dieser Finalphase sollten Kinder selbst entscheiden, ob sie den Angehörigen noch einmal besuchen möchten. Auf keinen Fall sollten Kinder dabei sein, wenn die Person stirbt, sollten aber die Möglichkeit zum „Abschiednehmen“ bekommen und auch an der Beerdigung teilnehmen dürfen.

Wichtig sei auch die Erklärung für den Tod: „Der Mensch kann nicht mehr atmen, hat keinen Hunger mehr, kann nichts mehr spüren“. Aus dem Glauben heraus dürfe man sagen, dass der Verstorbene bei Gott ist, der kranke Körper aber da bleibe und das Grab ein Ort der Erinnerung ist. Die erfahrene Erzieherin ließ keinen Zweifel daran, dass es Kindern bei der Trauer helfe, wenn sie das Andenken bewahren, ein Erinnerungsstück behalten, für den Verstorbenen beten und das Grab besuchen. Trauer brauche aber Zeit und könne bei den Kindern unterschiedlich aussehen.

Auf jeden Fall sollten die Eltern das Kind in seiner Trauer ernst nehmen, es begleiten und ihm die Zeit geben, die es brauche. Nicht ausgelebte Trauer könne nämlich zu psychischen Erkrankungen führen.

Auch ohne aktuellen Anlass sollten Kindern Bilderbücher zum Thema Tod angeboten werden. Auch in Märchen versteckten sich oft das Thema Tod und Auferstehung. „Wir sollten den Mut haben, uns selbst mit dem Thema Tod auseinanderzusetzen und auf die Fragen der Kinder ehrlich zu antworten“, sagte die Referentin zum Abschluss.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Haßfurt
Bilderbücher
Erfahrungen
Erzieherinnen und Erzieher
Kindergärten
Trauer
Verstorbene
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top