"Klimaschutz und Eigenverantwortung mit erneuerbarer Energie ist Aufgabe und Chance für die Land- und Forstwirtschaft. Die Energiewende ist ohne Land- und Forstwirtschaft nicht möglich. Bioenergie ist gespeicherte Sonnenenergie. Aber die Herausforderungen Klimaschutz und erneuerbare Energien müssen von allen angepackt werden." Dies betonte Bernhard Widmann, der Leiter des Technologie- und Förderzentrums in Straubing bei seinem Vortrag "Energie am Wendepunkt: Zeit für Eigenverantwortung" vor den Mitgliedern des Verbands für landwirtschaftliche Fachbildung (vlf) im Hotel Goger in Augsfeld.
Vorsitzender Steffen Beiersdorfer meinte, dass der Angriff Russlands eine neue, sehr beunruhigende Krise ausgelöst habe: Für die Gesellschaft, die Landwirte und den Verband seien diese Aufgaben auch Veränderungen, die man aktiv gestalten und denen man sich stellen müsse. Dabei zitierte er Albert Einstein: "Auf Veränderungen zu hoffen, ohne selbst etwas zu tun, ist wie am Bahnhof zu stehen und auf ein Schiff zu warten."
Dabei ging er auch auf den Strukturwandel in der Landwirtschaft ein, wo die Betriebe im Landkreis von 1617 (im Jahr 2003) auf nunmehr 1100 zurückgegangen seien. 124 Betriebe bearbeiteten mehr als 100 Hektar und damit gleichzeitig 50 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche des Landkreises. Damit nehme man bei den Betriebsgrößen bayernweit den dritten Platz ein. Der Anteil der Ökobetriebe liege bei 20 Prozent mit 8125 ha in 164 Betrieben.
In der Tierhaltung sei die Entwicklung sogar dramatisch. Bei den Rinderhaltern wäre es im Jahre 2003 noch 787 Betriebe gewesen, während man jetzt bei 288 angekommen sei. Damit habe man 8500 Tiere weniger. Die Zahl der Schweinehalter sei sogar von 913 Betrieben (im Jahre 2003) auf 156 gesunken, womit auch die Anzahl der Tiere um 50 Prozent gesunken sei.
Beiersdorf war sich sicher: "Dieser Wandel wird in unseren Betrieben so weiter gehen. Verantwortlich sind auch politische Auflagen, Kontrollen und der Kampf um Flächen zur Energiegewinnung oder Ausgleichsflächen."
Konkurrenz zwischen Nahrungsmittelproduktion und Energie
In seinem Grußwort erinnerte Landrat Wilhelm Schneider daran, dass sich der Landkreis dem Thema der regenerativen Energien schon seit langem widme. So wäre schon im Jahre 2012 die Gesellschaft "GUT" eingeleitet worden, mit der man die Energiegewinnung weiterentwickeln wolle.
Natürlich stoße man damit auf die Konkurrenz zwischen der Nahrungsmittelproduktion und Energie. Aber man müsse in beiden Bereichen in Richtung Autarkie gehen.
Der Klimawandel kommt näher
Widmann erinnerte daran, wie man vor Jahrzehnten auf Starkregenereignisse in Bangladesch geschaut habe, heute treffe man auf sie auch in Simbach am Inn oder im Ahrtal. Der Klimawandel komme also näher – auch durch Wasserknappheit, Dürre, Waldbrände und Schädlinge.
Eine globale Herausforderung seinen der Plastikmüll und Mikroplastik. "Aber auch mit der Just-in-time-Mentalität haben wir die Grenzen der Globalisierung erreicht und die Rechnung ohne den Wirt gemacht." Der querstehende Frachter im Suezkanal oder der Krieg in der Ukraine hätten hätten dies deutlich aufgezeigt.
"Wir brauchen die energetische Revolution im 21. Jahrhundert, und die geht jeden an", betonte er und favorisierte "die drei E": Einsparen (Energiebedarf reduzieren und vermeiden), Effizienz steigern (Häuser dämmen und effizientere Geräte kaufen), Erneuerbare Energien einsetzen (bessere Versorgungsstrukturen).
"Wir müssen in die Lokomotive kommen"
Die Herausforderungen setzte er auch in Bezug zur Land- und Forstwirtschaft. Hier müsse man die Anpassung an den Klimawandel durch neue Pflanzensorten, angepasste Produktionstechnik, neue Nutztierrassen sowie angepasst Haltungsformen angehen. Der zweite Punkt betreffe die Treibhausgasminderung durch angepasste Produktionstechnik und Tierhaltung mit Energieeinsparung.
Schließlich gehe es auch um die Bereitstellung erneuerbarer Energieträger und Rohstoffe. "Wir haben also eine ganze Reihe von Stellhebeln, um auf die Zukunft reagieren zu können. Manche Dinge kommen, ob es uns passt oder nicht. Dabei müssen wir aber in die Lokomotive kommen, um Lösungen anzubieten. Wir haben viel Gutes, das wir stolz vorantragen können."
Biomasse hat Speichertechnologie schon an Bord
Die Biomasse sei ein besonderer Baustein im Energiemix, denn Sonne und Wind hätten eine mangelhafte Speicherfähigkeit. So bräuchte man Speichertechnologien und Energieträger. "Die Speichertechnologie müsse dabei wirtschaftlich sein für den Rest der Energie und die Biomasse hat die Speichertechnologie bereits an Bord", stellte Widmann fest.
Als Aufgaben der Land- und Forstwirtschaf sah Widmann die Versorgung der Bevölkerung mit gesunden Nahrungsmitteln, die Bereitstellung von Energieträgern in Eigenbedarf und für Gesellschaft sowie den Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen. Die Rolle des Landwirts sei auch mit "Botschafter des Berufsstandes" ausgedrückt. "Für unser Leben ist die Landwirtschaft die eigentliche Grundbranche mit Vorbildfunktion."
Konkret ging er dabei auf die Biogasanlagen ein, die in Misskredit gerieten. "Wenn wir sie verlieren, entspricht das genau dem Anteil der drei Atomkraftwerke, die gegenwärtig noch laufen." Auch die Agri-Fotovoltaik werde in einer "Goldgräberstimmung" zu schnell abgewickelt.
In einer Schlammschlacht befinde sich außerdem die Holzenergie. In der EU soll sie sogar rausfliegen. "Holz ist aber gespeicherte Sonnenenergie, und deswegen fordere ich: Lasst den Wald in Ruh. Nur ein Wald, der wächst, kann zusätzlich CO2 einbauen und ist nahezu CO2-neutral."