Und in der Tat, es ist schon etwas Einmaliges, was sich hier in Hofheim entwickelt: Nämlich die einzige Firma in Europa, die gegen die Phalanx der asiatischen Hersteller ankämpft. Mit einem Produkt, das nicht alltäglich ist, für das es aber aufgrund seiner Idee gute Absatzchancen bei Spitzensportlern gibt. Die Rede ist von einem Belag für Tischtennisschläger, der mit bisher nie erreichten Elastizitätswerten eine unvergleichbare Spielfreude und viele Ballkontrolle ermöglichen soll.
Holger Schneider, Gesellschafter und Geschäftsführer der jungen Firma, erzählte von der Erfüllung seines Traumes: Anfang der 90er Jahre hatte der im Beruf als Gummi- und Kunststoffprofi und im Hobby als Tischtennisamateur tätige Techniker die Idee, Beläge für Tischtennisschläger herzustellen. Mit dem Diplom-Physiker und Diplom-Chemiker Dr. Georg Nicklas fand er einen Partner, der sich um Marketing und Strategie kümmerte. Zudem spielte Nicklas in der Tischtennis-Bundesliga und hatte dadurch Kontakte und Einblicke in die Welt des Spitzentischtennis.
Das gesteckte Ziel war hoch angesetzt: Man wollte die besten Schlägerbeläge der Welt bauen. Der Wettbewerb, dem man begegnete, lag ausschließlich in Asien. Dort sind auch die größten Absatzmöglichkeiten. Denn China hat zehn Millionen aktive Tischtennisspieler, Japan eine Million und die angrenzenden Länder dürften auch nochmals zwei Millionen Spieler an die Platte stellen.
Dagegen nehmen sich die 700 000 deutschen Ligaspieler und die 800 000 weiteren Sportler in Europa recht dünn aus. Und: in Nord- und Südamerika spielen gerade mal 100 000 mit dem kleinen 38 mm großen Zelluloid-Ball.
Mit diesem Hintergrund startete ESN 1991 in einer ehemaligen Schnapsfabrik in Dürrenried. 1993 zog man nach Hofheim um. Sieben Mitarbeiter stellten Beläge her. Heute hat die Firma 30 Beschäftigte und 20 Aushilfskräfte. Produziert werden über 100 verschiedene Beläge für Tischtennisschläger. Man ist der einzige Hersteller, der Schwamm und Gummibelag zusammen produziert. Startete der Betrieb 1993 mit 100 000 Stück, so liegt die Produktionszahl des Jahres 1999 bei 400 000 mit einem Umsatz von 3,6 Millionen Mark - Qualitätsprodukte, die im Spitzensport Verwendung finden.
Da sind die Preise entsprechend hoch, sie liegen bei rund 60 Mark für einen Belag. Wie Holger Schneider ausführte, kam 1995 die Wende, man hatte den Breakeaven-Punkt erreicht und kam in die Gewinnzone. Ein Verdienst des ganzen Teams. Die zwei Geschäftsführer und Claudia Herweg für die kaufmännische Abwicklung und ein motiviertes, eigenverantwortlich agierendes Mitarbeiterteam fertigen aufgeteilt in vier Arbeitsgruppen die Beläge.
Das Motto der beiden Jungunternehmer: Man kann Mitarbeiter nicht mit Geld motivieren, sondern muss ihnen Verantwortung übertragen. Mit Phillippe Saive, einen Top-Tischtennisspieler aus Belgien, der unter den ersten 15 der Weltrangliste rangiert, hat man einen Partner gefunden, der die Interessen der Firma im Spitzensport vertritt. Verkauft werden die Beläge an die Hersteller der Schläger. Allerdings verkaufen diese den Belag auch einzeln. Denn es ist üblich, dass Spitzenspieler ihre Beläge "frischkleben". Dies macht den Belag nochmals schneller.
Allerdings scheinen diese Zeiten vorbei zu sein. Die Hofheimer haben in ihrer Hexenküche einen Belag erfunden, der eine noch höhere Elastizität bietet und Obergummi und Schwamm auf das gleiche Niveau legt. Er gilt als der schnellste Belag der Welt. Damit richtet man auch schon einen Blick in die Zukunft: Der Umfang der Bälle soll auf 40 Millimeter vergrößert werden, um - man höre und staune - das Spiel langsamer zu machen.
"Tensor" wird dies kompensieren. Und die Entwicklungsabteilung der Firma arbeitet bereits an dem Belag der übernächsten Generation.
Übrigens, nicht nur die derzeitige Nummer Eins im Welt-Tischtennis, der Russe Samsonov, spielt mit Belägen aus Hofheim, sondern auch die Tischtennis-Abteilung des TV Hofheim - dort spielt Holger Schneider an Brett 4.